Rohstoffe, Handel, Migration: Dritte Afrika-Reise von Scholz
Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen, Erschließung von Rohstoffen, Stärkung der Sicherheit und Begrenzung der Migration: Darum geht es bei der dritten großen Afrika-Reise von Olaf Scholz (SPD) nach noch nicht einmal zwei Jahren als Bundeskanzler. Ab Sonntag geht es für drei Tage nach Nigeria und Ghana. Zum Vergleich: Seine Vorgängerin Angela Merkel (CDU) hatte zum selben Zeitpunkt ihrer Amtszeit gerade erst einen Besuch auf dem Nachbarkontinent absolviert.
Scholz hat sich vorgenommen, dem lange vernachlässigten Kontinent deutlich mehr Aufmerksamkeit zu widmen als bisher. Auch als Lehre aus dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine will er die internationalen Beziehungen Deutschlands breiter aufstellen. Abhängigkeiten von einzelnen Ländern wie früher von Russland bei der Gasversorgung und aktuell von China bei den Handelsbeziehungen sollen verringert werden.
Westafrika: Öl, Gas und Gold – aber auch Terrorismus
Deswegen hat er auf seinen ersten beiden Reisen auf den Kontinent bereits Südafrika als traditionell wichtigstes afrikanisches Partnerland Deutschlands, Kenia im Osten sowie Senegal und Niger im Westen des Kontinents besucht. In Westafrika ist der Kanzler auch jetzt wieder unterwegs. Mehr als 400 Millionen Menschen leben in den 15 Staaten der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft Ecowas, mehr als die Hälfte von ihnen sind unter 18 Jahre alt.
Migrations- und Schmuggelrouten verlaufen durch das Gebiet zwischen der Sahara-Wüste und dem Golf von Guinea am Atlantik, dessen Staaten über große Vorkommen an Gold, Öl, Erdgas und andere Bodenschätze verfügen. Die Region ist mittlerweile aber auch einer der größten und tödlichsten Horte des islamistischen Terrors weltweit.
Nigeria als wirtschaftlicher Riese Westafrikas
Scholz bricht am Sonntagmorgen zunächst nach Abuja auf, in die Hauptstadt Nigerias. Mit mehr als 220 Millionen Einwohnern ist der Vielvölkerstaat das bevölkerungsreichste Land des gesamten Kontinents und auch die größte Volkswirtschaft. Seit dem Ende einer Militärdiktatur 1999 hat sich die Bundesrepublik auch als eine der stabilsten Demokratien der von Putschen heimgesuchten Region erwiesen. Doch das Land rutscht immer weiter in eine gefährliche Mischung aus Wirtschaftskrise und sich stetig verschlimmernder Unsicherheit.
Im Nordosten verzeichnet der Staat seit über einem Jahrzehnt nur begrenzte Erfolge im Kampf gegen islamistische Terrorgruppen wie Boko Haram. Durch Gewalt und eine der schwersten humanitären Krisen der Welt kamen nach UN-Schätzungen mehr als 350 000 Menschen ums Leben. Nach UN-Angaben sind knapp 3,5 Millionen Menschen innerhalb des Landes auf der Flucht, 300 000 nigerianische Flüchtlinge befinden sich in den Nachbarländern Niger und Kamerun. Die Wirtschaftskrise mit der höchsten Inflation seit fast 20 Jahren verschlimmert die Situation noch. Experten warnen vor wachsender Migration.
Geringe Anerkennungsquote bei Asylbewerbern aus Nigeria
Schon jetzt kommen zahlreiche Asylbewerber nach Deutschland, alleine von Januar bis September dieses Jahres wurden mehr als 1800 Erstanträge von Nigerianern gestellt. Die Anerkennungsquote ist vergleichsweise gering. Nigeria ist also eins der Länder, mit denen Scholz die Rückführung nicht anerkannter Asylbewerber über Abkommen erleichtern will. Darüber verhandelt die EU gerade mit dem Land.
Vor allem geht es Scholz aber um die Vertiefung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Bei den Handelsbeziehungen zu Nigeria wird noch viel Luft nach oben gesehen, aber auch im Energiebereich. Rohöl macht derzeit 79 Prozent der deutschen Importe aus Nigeria aus. Bei seinen Gesprächen in Abuja und der Wirtschaftsmetropole Lagos will der Kanzle nun ausloten, ob man auch beim Erdgas ins Geschäft kommen kann. „Das ist eine Möglichkeit“, heißt es aus Scholz‘ Delegation.
Auch Steinmeier und Faeser in Afrika unterwegs
Der Kanzler ist nicht das einzige Regierungsmitglied, das in den nächsten Tagen in Afrika unterwegs ist. Innenministerinin Nancy Faeser (SPD) reist am Montag zusammen mit dem Sonderbeauftragten für die Migrationsabkommen, Joachim Stamp, nach Marokko. Auch dort wird es darum gehen, wie man eine Vereinbarung zustande bringen kann, die Abschiebungen erleichtert und gleichzeitig Zuwanderung von Fachkräften vereinfacht.
Ebenfalls am Montag startet Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Afrika. Auch bei seiner Reise nach Sambia und Tansania geht es darum, bestehende Partnerschaften auszubauen und neue zu knüpfen. „Da ist sich der Bundespräsident ganz einig mit dem Bundeskanzler“, heißt es im Bundespräsidialamt.
Sambia hat noch nie ein Bundespräsident offiziell besucht. In Tansania wird Steinmeier auch mit einem dunklen Kapitel deutscher Geschichte konfrontiert werden, wenn er mit Nachfahren von Opfern des Maji-Maji-Krieges spricht. Dieser war mit bis zu 300 000 Toten einer der blutigsten Kolonialkriege überhaupt. Das heutige Tansania war Teil der Kolonie Deutsch-Ostafrika, die von 1885 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs 1918 bestand. (dpa)
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