Revisionsfall Bonner Camping-Vergewaltiger: Hat eine „Persönlichkeitsstörung“ die Tat ausgelöst? – Morddrohungen gegen Strafverteidiger
Er ist brandgefährlich, gilt aus unberechenbar, selbst vor Gericht. Laut „Focus“ will der Vorsitzende der 3. Großen Strafkammer in Bonn, Klaus Reinhoff, kein Risiko eingehen. Eric Kwame X. (32) wird bei der Neuauflage des Prozesses um die Siegauen-Vergewaltigung an Händen und Füßen gefesselt auf der Anklagebank sitzen, von zwei Wachtmeistern eng bewacht.
Der Revisionsantrag der Verteidigung greift das Gutachten zur Schuldfähigkeit im ersten Urteil an. Dieses bescheinigte dem Mann aus Ghana zwar eine Persönlichkeitsstörung, verwies aber darauf, dass der Afrikaner bei der Tatausführung dadurch nicht eingeschränkt gewesen war. Die Verteidigung sieht das anders:
Im ersten Prozess wurde nie aufgeklärt, ob nicht die bei meinem Mandanten festgestellte narzisstische Persönlichkeitsstörung der Auslöser für die Tat gewesen sein könnte.“
(Martin Mörsdorf, Rechtsanwalt von Eric Kwame X.)
Allerdings: Wenn man davon ausgeht, dass normale Menschen keine Vergewaltigungen begehen, könnte es tatsächlich sein, dass mit dem Angeklagten etwas nicht ganz stimmt. Sein Verteidiger, Martin Mörsdorf, freut sich offenbar schon auf die neuen Details und sagte gegenüber „Focus online“: „Ich bin sehr gespannt auf das Votum der Gutachterin.“
Morddrohungen gegen Verteidiger
Wie das Magazin weiter berichtet, würden derzeit „rechtsextreme Wirrköpfe“ im Netz gegen den Anwalt hetzen. Er habe sogar per Mail Morddrohungen erhalten, weil er „einen mutmaßlichen Sexualstraftäter verteidige, der Ausländer sei“, so „Focus“.
Selbst die Polizei Bonn hält die „Hasstiraden in einschlägigen rassistischen Foren“ für derart bedrohlich, dass sie dem Rechtsanwalt Schutzmaßnahmen anbot. Mörsdorf lehnte jedoch ab, es sei heute gang und gäbe, dass Anwälte von solchen Leuten Drohungen erhalten würden.
Neue Gutachterin bestellt
Nach Angaben von „Focus“ soll nun eine neue Gutachterin herausfinden, ob der Angeklagte bei der Tat schuldfähig war. Hierzu wurde die forensische Psychiaterin Nahlah Saimeh (52), langjährige ärztliche Direktorin der Anstalt für psychisch kranke Straftäter in Eickelborn, bestellt. Vier weitere Verhandlungstage sollen nun in den Fall investiert werden. Am zweiten davon wird die Gutachterin ihre Ausführungen halten.
Käme sie zu dem Schluss von schweren Persönlichkeitsstörungen, so „Focus“, würde der Angeklagte, ein abgelehnter Asylbewerber, wohl freigesprochen. Das Gericht würde dann wohl aber Sicherungsverwahrung in einer geschlossenen Psychiatrie verhängen, so die Annahme.
Das Erst-Urteil: 11,5 Jahre
Im vergangenen Oktober hatte das Landgericht den abgelehnten Asylbewerber aus Ghana wegen besonders schwerer Vergewaltigung und räuberischer Erpressung zu elfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Der heute 32-Jährige hatte das Paar aus Freiburg beim Zelten in der Siegeraue überfallen, es ausgeraubt und mit einer Astsäge bedroht. Dann zwang er die junge Frau hinaus und vergewaltigte sie. Im Prozess bestritt der Angeklagte trotz Identifizierung und DNA-Beweisen die Vorwürfe, nannte sein Opfer eine Prostituierte.
Der Angeklagte legte Revision ein – und hatte teilweise Erfolg: Der Bundesgerichtshof (BGH) hob das Urteil in Hinblick auf das Strafmaß auf.
Nun steht der verurteilte Vergewaltiger der jungen Camperin von diesem Dienstag an (9.00 Uhr) erneut vor dem Bonner Landgericht. Die Richter müssen darüber befinden, ob der Mann bei der Tat im April 2017 vermindert schuldfähig war. Falls ja, könnte seine Strafe reduziert werden.
Gutachter: Schuldfähig und gefährlich
Im vorausgegangenen Urteil wurde vom Bonner Landgericht aufgrund des psychiatrischen Gutachtens bei dem Ghanaer eine „Persönlichkeitsstörung“ angenommen. Bei der Tat sei die Steuerungsfähigkeit des Mannes jedoch nicht eingeschränkt gewesen, urteilte das Gericht. Der Gutachter war sich dazu auch sicher:
Die Gespräche und auch das Vorgehen während der Tat zeigen, dass der Angeklagte voll schuldfähig und darüber hinaus überdurchschnittlich gefährlich ist.“
(Dr. Schwachula, Gutachter)
Der Experte sah anhand einer Checkliste ein Rückfallrisiko von 46 Prozent als gegeben an.
Doch das ist Schnee von gestern.
(dpa/sm)
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