Rentenkasse vor der Pleite? Experten warnen vor Zahlungsunfähigkeit 2027

Rentner können sich 2025 zwar auf ein Plus von 3,5 Prozent freuen, doch gleichzeitig warnen Experten vor einer möglichen Insolvenz der Rentenkasse in naher Zukunft. Eine Rentenreform ist daher dringend erforderlich, um die Altersvorsorge auch für nachfolgende Generationen zu sichern. Von der möglichen neuen Bundesregierung ist jedoch nicht viel zu erwarten.
Mehr Geld soll es mit statt ohne Rentenreform geben.
Die Deutsche Rentenversicherung und Experten erwarten von der nächsten Bundesregierung Reformen.Foto: Alicia Windzio/dpa
Von 26. Dezember 2024

Rentner dürfen sich 2025 wieder über mehr Geld auf ihrem Konto freuen. In einem entsprechenden Entwurf für den Rentenversicherungsbericht 2024, der der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa) vorliegt, heißt es, dass die Rente um 3,5 Prozent steigen wird. Viele Experten hatten im Sommer noch mit 4,5 Prozent gerechnet.

Mit dem Ende der Ampelkoalition sind jedoch die Pläne für die große Rentenreform, das sogenannte ‚Rentenpaket II‘, gescheitert. Im September hatte die Ampel aus SPD, Grünen und FDP die Reform in den Bundestag eingebracht.

Rentenpaket II mit Ampel-Aus geplatzt

Der Kern des Vorhabens sollte das Festschreiben des Rentenniveaus von 48 Prozent sein. Die gesetzlich festgelegte Haltelinie läuft nun im kommenden Jahr aus, was die Ampel ursprünglich verhindern wollte. Laut dem Ampel-Gesetzentwurf sollte die Linie bis Juli 2039 gelten und sich somit auf die Rentenauszahlung bis Juni 2040 auswirken. Wenn es nach der Bundestagswahl keine Regelung gibt, wird das Niveau bis 2039 auf 44,9 Prozent sinken.

Das Rentenniveau gibt an, wie viel Prozent des Durchschnittseinkommens die Standardrente ausmacht. Diese wird nach 45 Beitragsjahren mit Durchschnittsgehalt gezahlt. Die individuelle Rentenzahlung kann jedoch deutlich davon abweichen.

Ob es am Ende zu dieser Gesetzesänderung kommen wird, steht momentan in den Sternen. Vor der Bundestagswahl am 23. Februar werden sich für eine solche Reform keine Mehrheiten finden lassen. Danach ist unklar, ob die dann gewählte Bundesregierung die Notwendigkeit für Reformen erkennen wird. Passieren muss jedoch etwas. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) mahnte kürzlich zügige Entscheidungen an – ihr läuft die Zeit davon.

Rentenversicherung warnt vor Insolvenz der Kasse

Schon im November warnte der alternierende Vorsitzende der DRV, Alexander Gunkel vor einer möglichen Insolvenz der Rentenkasse im Jahr 2027. Wie der „Merkur“ schrieb, sagte Gunkel damals auf dem diesjährigen Presseseminar in Würzburg, dass das Scheitern der Ampel auf die Rente keine unmittelbaren Folgen habe. Auch das Scheitern des Rentenpakets habe vorerst keine Folgen. So wird es 2025 keine Veränderungen bei den Rentenerhöhungen geben und auch 2026 wird man keine Folgen spüren.

„Die DRV steht nicht vor dem Kollaps“, unterstrich Alexander Gunkel. Trotzdem müsse die nächste Bundesregierung sich zügig um das Thema Rente kümmern. „Die unterjährige Liquidität der Rentenversicherung ist zwar derzeit hinreichend gesichert. Aber schon 2027 könnte die Rentenversicherung im Herbst vorübergehend nicht in der Lage sein, aus eigenen Mitteln die Renten zu zahlen. Dazu darf es nicht kommen“, warnte Alexander Gunkel damals. Es sei wichtig, dass die nächste Bundesregierung rechtzeitig Maßnahmen ergreift, um eine mögliche Insolvenz der DRV zu verhindern.

Pflegekasse stand kurz vor Insolvenz

Ein ähnliches Szenario, wie es Gunkel im November ankündigte, hatte die Pflegeversicherung gerade in diesem Jahr erlebt. Im Oktober hatte das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND)  öffentlich gemacht, dass die Bundesregierung an ein „Notoperation“ für die Pflegeversicherung arbeite. Werde nichts getan, sei die Pflegeversicherung spätestens im kommenden Februar zahlungsunfähig. Das würde bedeuten, dass Pflegeheime, Pflegedienste sowie Pflegebedürftige und deren Angehörigen kein Geld mehr erhalten. Das Redaktionsnetzwerk berief sich in seinem Artikel auf Informationen aus nicht weiter benannten Regierungskreisen.

Um die Insolvenz abzuwenden, hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Erhöhung der Beiträge um 0,2 Prozent auf 3,6 Prozent für Eltern und 4,2 Prozent für Kinderlose beschlossen.

Eine solche Situation bei der Rentenversicherung können noch verhindert werden. Eine Möglichkeit wäre, dass die Bundesregierung nicht, wie die Ampel geplant, die Zuschüsse an die Rentenversicherung zur Sanierung des Haushalts kürzt, sagte Gunkel damals.

Bundeszuschüsse immer wieder gekürzt

In den letzten drei Jahren hatte die Ampelkoalition insgesamt viermal eine Kürzung der Zuschüsse zur Rentenversicherung beschlossen. Insgesamt sind so der Rentenkasse ungefähr zehn Milliarden Euro nicht ausgezahlt worden – Geld, das eigentlich eingeplant war. Die vierte vorgesehene Kürzung fand durch das Ampel-Aus allerdings nicht statt. Mit Aufstellung des Haushalts 2025 und der Aufstellung des Finanzplanes bis 2027 und im Rentenpaket II waren Kürzungen von insgesamt 2,8 Milliarden Euro vorgesehen. „Wenn das vorzeitige Ende dieser Legislaturperiode dazu führt, dass die Kürzungen der Bundeszuschüsse durch das Rentenpaket II und das Haushaltsbegleitgesetz unterbleiben, wäre uns das sehr recht“, so Gunkel in Würzburg.

Im vergangenen Jahr lagen die Gesamteinnahmen der Rentenversicherung laut „Statista“ bei 381 Milliarden Euro, in etwa die Größe des gesamten Bundeshaushaltes. Dieser lag 2024 bei 384 Milliarden Euro.

Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt an die Rentenkasse flossen 2023 in Höhe von rund 112 Milliarden Euro. Immer wieder wird daher öffentlich diskutiert, dass sich die Rentenkasse in einer Schieflage befindet. Ein genauer Blick auf die Situation gibt aber ein anderes Bild.

Entgegen der weitläufigen Meinung lag der Anteil der Bundeszuschüsse an den Ausgaben zur Rentenversicherung beispielsweise 1957 höher als heute. Damals lagen diesen noch bei über 30 Prozent. Seit 2005 sind es jährlich zwischen 23 und 24 Prozent – seit gut 20 Jahren ist der Anteil also weitgehend stabil. Von einem immer stärker werdenden Zuschussgeschäft der Rentenversicherung kann man also nicht sprechen. Auch werden die Bundeszuschüsse mehrheitlich nicht für die Finanzierung der gesetzlichen Rente verwendet, sondern für sogenannte „versicherungsfremde Leistungen“.

„Versicherungsfremde Leistungen“ belasten

Hinter diesem sperrig klingenden Begriff verstecken sich Ausgaben, die die Rentenversicherung finanziert, ohne das dafür jemals Rentenbeiträge eingezahlt wurden. Beispiele dafür sind die Mütterrenten, Hinterbliebenenrenten, Grundrente oder Zeiten ohne Beitragszahlung wie beispielsweise die Erziehungszeiten. Auch die Grundrente gehört zu diesen Leistungen – eine Unterstützung für Menschen, die lange gearbeitet aber wenig verdient haben.

Die Kosten für diese Leistungen lagen laut „Wirtschaftswoche“ (hinter einer Bezahlschranke) 2020, dem Jahr der letzten Erhebung, zwischen 63 und 112 Milliarden Euro. Das die Kosten nicht genauer beziffert werden können, liegt vor allem daran, dass nicht gesetzlich festgelegt ist, wie diese von den gesetzlichen Leistungen abzugrenzen sind. Der Bundesrechnungshof kritisierte daher im vergangenen Jahr die Intransparenz bei den Zahlungen. Eine „Transparenz hinsichtlich der versicherungsfremden Leistungen hat es bislang nicht gegeben“, so die Kritik.

Gesamtleistung nicht bekannt

Weder dem Parlament noch der Öffentlichkeit sei bisher bekannt, „welche gesamtstaatlichen Leistungen die Rentenversicherung erbringt”, monieren die Ausgabenprüfer des Bundes. Zwar gebe es keine gesetzliche Regelung, die eine genaue Gegenüberstellung der steuerfinanzierten Bundeszuschüsse und der Höhe der nicht beitragsgedeckten Leistungen verlangt, räumen die Prüfer ein. „Allerdings ergibt sich sehr wohl ein sachlicher Zusammenhang, weil gesamtstaatliche Aufgaben von der gesamten Gesellschaft, also aus Steuermitteln, und Versicherungsleistungen aus Beitragsmitteln zu finanzieren sind”, heißt es weiter. Deshalb sei es „sinnvoll, die Höhe der versicherungsfremden Leistungen offenzulegen”.

Von der neuen Bundesregierung erwartet die Rentenkasse nun mehr Verlässlichkeit und die Umsetzung neuer Reformen so früh wie möglich. „Die derzeit noch vorhandene Rücklage der Rentenversicherung wird auf ihre Untergrenze abschmelzen und der Beitragssatz deutlich ansteigen. Umso wichtiger wird es sein, dass die neue Regierungskoalition die für die gesetzliche Rentenversicherung, aber auch für die zusätzliche Altersvorsorge notwendigen Reformen möglichst frühzeitig auf den Weg bringt und falsche Weichenstellungen unterlässt“, so Gunkel damals.

SPD und CDU „mutlos“ bei Rentenreform

Von der neuen Regierung scheint jedoch nicht viel zu erwarten zu sein. Die Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer fordert daher in einem Interview mit der „Rheinischen Post“ (hinter einer Bezahlschranke) von Heiligabend von der nächsten Regierung mutige Schritte bei der Rente. Weiter warnt die Top-Ökonomin vor einer Großen Koalition von CDU und SPD. „Die CDU ist in der Rentenpolitik genauso mutlos wie die SPD“, sagt Schnitzer. 

Im Interview warnt sie vor den Rentenplänen der SPD. „Die SPD betont immer, sie wolle die Renten stabil halten. Tatsächlich will sie aber den Rentenanstieg stabil halten. Das aber ist in einer alternden Gesellschaft nicht zu bezahlen. Der Rentenbeitrag wird dann von jetzt 18,6 Prozent auf über 21 Prozent im Jahr 2035 und auf über 26 Prozent im Jahr 2060 steigen.“ Die Münchener Ökonomin mahnt: „Schon jetzt liegen die Sozialbeiträge insgesamt bei 41 Prozent, sie müssen runter.“

Ebenso „mutlos“ empfindet sie die Vorschläge der CDU. „Wenn es zu einer neuen Großen Koalition käme, wird bei der Rente nichts passieren. Dabei wäre eine Rentenreform so nötig“, so Schnitzer.

CDU von eigenen Forderungen abgewichen

Die Ökonomin erneuerte ihre Forderung, das Rentenalter zu erhöhen und die Rente mit 63 Jahren abzuschaffen. „Deutschland sollte das Rentenalter regelgebunden erhöhen – zwei Drittel der zusätzlichen Lebenszeit gehen in Arbeit und ein Drittel in Ruhestand. Die neue Regierung sollte die abschlagsfreie Rente nach 45 Beitragsjahren (Rente mit 63) abschaffen“, so Schnitzer gegenüber der „Rheinischen Post“. „Sie hilft den Falschen. Stark belastete Arbeitnehmer wie Dachdecker oder Krankenschwestern erreichen oft gar keine 45 Beitragsjahre.“

In diesem Zusammenhang wundert sie sich über das Wahlprogramm der CDU, die habe sich in der Vergangenheit immer für eine Erhöhung des Rentenalters und die Abschaffung der Rente mit 63 stark gemacht. Auch im Grundsatzprogramm der Partei ist genau davon die Rede. Im Wahlprogramm ist davon keine Rede. Vielmehr betonen die Christdemokraten, dass sie die abschlagsfreie Rente behalten werden.



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