„Reisen verbieten“, „härteres Grenzregime“: Merkel fürchtet Corona-Kontrollverlust
Anzeichen von Verzweiflung soll Bundeskanzlerin Angela Merkel am Sonntagabend in einer internen Videoschalte mit Unions-Fraktionschefs in Bund und Ländern zur künftigen Corona-Krise gezeigt haben, glaubt man einem Bericht der „Bild“-Zeitung.
„Uns ist das Ding entglitten“, soll die Kanzlerin wörtlich erklärt haben, und: „Das ist alles furchtbar. Man nennt es Naturkatastrophe.“ Um einem vollständigen Kontrollverlust entgegenzuwirken, soll sie auch ein mögliches Verbot von Reisen in den Raum gestellt haben.
Merkel sieht das Reisen als zentralen Corona-Treiber
Kanzlerin Merkel zeichnet ein düsteres Bild, insbesondere vor dem Hintergrund mutierter Varianten des Virus und Verzögerungen bei der Durchführung der Corona-Schutzimpfung. Man müsse, so Merkel, „noch strenger werden“, denn „sonst sind wir in 14 Tagen wieder da, wo wir waren“.
Dass man vom Sieben-Tage-Inzidenzziel von 50 immer noch weit entfernt sei, nehme den Gesundheitsämtern die Fähigkeit zur Nachverfolgung von Kontakten. Außerdem hinkten sie mit der Installierung einer einheitlichen Software hinterher, die eigentlich schon im November vorgeschrieben wurde.
Merkel sieht sich durch den steilen Anstieg der positiven Corona-Testergebnisse in den späten Herbstmonaten in ihren Warnungen bestätigt. Dennoch hätten die Bürger durch Fernreisen in den Weihnachtsurlaub die Bemühungen, das Virus einzudämmen, unterlaufen.
Der „Bild“-Zeitung zufolge soll Merkel in diesem Zusammenhang geäußert haben:
„Was ist mit Deutschen, die reisen? Hundertmal habe ich die Frage in den Runden gestellt: Warum können wir die Reisen nicht verbieten? Dann bekomme ich immer die auf ehemalige DDR-Bürger gemünzte Antwort, dass wir ein freies Land sind. Man kann zwar 15 Kilometer Sperrzone einführen, aber es ist schwer, Reisen in die Welt zu verbieten.“
Flugverkehr einstellen, um Kontrollverlust zu verhindern?
Die Kanzlerin habe ein „härteres Grenzregime“ angeregt und Bundesinnenminister Horst Seehofer dazu aufgefordert, zu prüfen, ob und inwieweit es möglich wäre, den Flugverkehr „so aus[zu]dünnen, dass man nirgendwo mehr hinkommt“.
Die Öffnungen, die eigentlich den Ankündigungen der Regierung zufolge Mitte Februar stattfinden sollten, sind nach Merkels Einschätzung „nicht gesichert“. Wenn, dann könne man allenfalls bei den Schulen über Lockerungen nachdenken.
Immerhin gäbe es – anders als bei der Spanischen Grippe – im Fall von Corona einen Impfstoff. Dadurch habe man die Aussicht auf ein Ende der Pandemie. Allerdings müsse man weiterhin die Zahl der Fälle klein halten, „dann gibt es auch keine Mutationen“.
Erstes Corona-Cluster vor einem Jahr aufgetaucht
Am morgigen Mittwoch (27.1.) jährt sich der erste nachgewiesene Fall einer Ansteckung mit dem Wuhan-Coronavirus in Deutschland. Ein Mitarbeiter des Autoteile-Zulieferers Webasto soll sich bei einer aus China angereisten Kollegin angesteckt haben. Insgesamt sollen sich 16 Personen mit 241 Kontaktpersonen infiziert haben.
Seither sind in Deutschland (mit Stand vom 25.1.) nicht weniger als 2.154.656 Personen positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden. Bis zu diesem Datum wurden 53.402 Todesfälle von Menschen, die mit oder an Corona gestorben sind, gemeldet. Genesen sind 1,844 Millionen Corona-Patienten.
An aktiven Fällen [Personen, die positiv getestet wurden, aber in den seltensten Fällen Symptome aufweisen] gibt es derzeit 257.254; von den Betroffenen befinden sich 4.787 in einem schweren oder kritischen Zustand.
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