„Referenden sind unnötig“: Bundestagspräsident Lammert gegen Volksentscheide
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat sich dagegen ausgesprochen, Volksentscheide auf Bundesebene zuzulassen.
"Ich halte Referenden in den meisten Fällen für unnötig", sagte Lammert der "Welt am Sonntag". Gelegentlich würden Volksentscheide angesetzt, weil Politiker sich mit Hilfe dieses Instruments aus der eigenen Verantwortung stehlen wollten und eine schwierige politische Entscheidung "aus Hasenfüßigkeit" dem Wähler überließen.
"Das trifft sicher auf das Brexit-Referendum in Großbritannien zu." In anderen Fällen gehe es um das Bestreben einzelner Gruppen, ihre Interessen bei meist niedrigen Wahlbeteiligungen zu verbindlichen politischen Vorgaben zu machen, erklärte Lammert.
"Deswegen bin ich gegen Referenden auf Bundesebene, die das Grundgesetz auch nicht erlaubt." Es lasse sich nicht bestreiten, dass Volksentscheide die Vereinfachung komplizierter Zusammenhänge begünstigten, manchmal sogar erzwängen und damit die ideale Plattform für Vereinfacher seien, kritisierte der Bundestagspräsident. "Mein Eindruck ist, dass die zwischenzeitliche Begeisterung für Plebiszite und die Vorstellung, solche Volksentscheide seien der repräsentativen Demokratie sogar überlegen, mittlerweile deutlich an Strahlkraft verloren haben", sagte Lammert. "Ich sehe einen Ernüchterungsprozess, übrigens auch was den Ehrgeiz angeht, Referenden auf Bundesebene zuzulassen."
Von ganz seltenen Ausnahmen abgesehen sehe man bei Bürgerbegehren und Initiativen in Deutschland auf Kommunal- oder Landesebene deutlich geringere Wahlbeteiligungen als etwa bei Landtagswahlen, deren Beteiligungswerte einem schon oft genug Besorgnis erregend niedrig vorkämen, so der CDU-Politiker. "Zweifel an der behaupteten größeren demokratischen Legitimation von Plebisziten sind also angebracht." (dts)
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