Was bedeutet das Verbot des „Compact“-Magazins?

Die Bundesregierung betont häufig, wie wichtig ihr die Pressefreiheit ist. Ein Medienunternehmen zu verbieten, ist daher ein Schritt, der reiflich überlegt und gut begründet sein muss.
Mit Razzien in mehreren Bundesländern - hier in Magdeburg - gingen die Behörden gegen das «Compact»-Magazin und eine Filmproduktionsfirma vor.
Mit Razzien in mehreren Bundesländern – hier in Magdeburg – gingen die Behörden gegen das „Compact“-Magazin und eine Filmproduktionsfirma vor.Foto: Thomas Schulz/dpa
Epoch Times16. Juli 2024

Mit dem rechtsextremen „Compact“-Magazin hat Nancy Faeser (SPD) ein Unternehmen verboten, das sich selbst als „Stimme des Widerstands“ bezeichnet. Die Entscheidung der Bundesinnenministerin zieht breite politische Diskussionen nach sich.

Die SPD-Bundestagsfraktion hält das erlassene Verbot für notwendig. „Compact ist ein zentrales Sprachrohr der Rechtsextremen in Deutschland. Worten folgen Taten“, sagte Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast der „Rheinischen Post“ (Mittwochsausgabe). „Das Verbot ist konsequent. Hinter Compact steckt ein großes Netzwerk, das seit Jahren strukturell daran arbeitet, unsere Demokratie zu zersetzen.“

Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz hält das Verbot des Magazins für rechtlich abgesichert. „Wir gehen davon aus, dass das zuständige Haus die presserechtlichen Fragen, die sich mit Blick auf ein Verbot einer Zeitung stellen, sehr intensiv geprüft und abgewogen hat,“ sagte sie der „Rheinischen Post“ (Mittwochsausgabe).

Auch der Präsident des thüringischen Landesamtes für Verfassungsschutz, Stephan Kramer, begrüßte Faesers Entscheidung. „Vor allem wird damit auch eine Quelle von Finanzmitteln der Szene trockengelegt.“

Kramer fügte hinzu: „Das Compact-Magazin hatte in den letzten Jahren eine herausragende Rolle in der rechtsextremistischen Szene. Vernetzung und Ideologisierung, aber auch die freiverkäuflichen Angebote im Zeitschriftenhandel und vor allem weitere Medienangebote im Internet hatten eine enorme Wirkung auch außerhalb der eigentlichen Szene, etwa als Brücke für Interessierte.“

Die AfD bezeichnet das Verbot hingegen als „schweren Schlag gegen die Pressefreiheit“. „Wir beobachten diese Vorgänge mit großer Sorge“, erklärten die Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla am Dienstag gemeinsam. „Ein Presseorgan zu verbieten, bedeutet eine Verweigerung von Diskurs und Meinungsvielfalt.“ Ein Verbot sei „immer der weitreichendste Schritt“.

Die Vorsitzenden der AfD warfen Faeser nun vor, ihre Kompetenzen zu „missbrauchen“, um „kritische Berichterstattung zu unterdrücken“. Sie forderten Faeser auf, „die Pressefreiheit zu respektieren.“

„Compact“ unter Vereinsverbot

Seit 2010 erscheint das im Boulevard-Stil aufgemachte „Compact“-Magazin monatlich. Sein Chefredakteur Jürgen Elsässer tritt zudem bei Veranstaltungen auf. Der 67-Jährige hat eine bewegte politische Geschichte hinter sich. Als Autor und Aktivist war der frühere Lehrer einst im ganz linken Spektrum verortet. Nach 2005 bewegte sich Elsässer immer weiter in Richtung Rechtsaußen.

Durch Videos und Online-Angebote erreicht das Medienunternehmen inzwischen auch über den Kreis der Magazin-Leser hinaus ein größeres Publikum. Nach eigenen Angaben hat das Magazin eine Auflage von etwa 40.000 Exemplaren, was allerdings nicht unabhängig überprüft ist. Compact TV hat bei YouTube 345.000 Abonnenten.

Das Bundesinnenministerium ist zu dem Schluss gekommen, dass Menschen durch Publikationen und Veranstaltungen von „Compact“ aufgewiegelt und „zu Handlungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung animiert werden“ können. Das Medienunternehmen agitiert nach Einschätzung des Verfassungsschutzes nicht nur gegen die Bundesregierung, sondern auch „allgemein gegen das politische System“.

Laut Innenministerium bedient sich „Compact“ einer „Widerstands- und Revolutionsrhetorik“ und nutzt „verzerrende und manipulative Darstellungen“.

Rechtlich handelt es sich bei dem Schritt um ein Vereinsverbot – laut Innenministerium können auch Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen darüber verboten werden.

Was ist jetzt genau verboten?

Das Verbot umfasst den Verkauf des Magazins, die Website sowie Symbole, die dem Magazin zugeordnet werden. Dazu gehört auch die „Blaue Welle“. Dieses noch relativ neue Symbol hat Chefredakteur Elsässer für eine Kampagne gewählt, mit der er einen Regierungswechsel nach der nächsten Bundestagswahl im September 2025 befördern wollte. Blau ist die Farbe der AfD, deren Vertreter allerdings teilweise Bedenken gegen die Kampagne geäußert hatten.

„Angesichts der totalen Nähe des Magazins zur AfD“ sollten Bundestag und Landesparlamente als nächsten Schritt deren Finanzierung auf den Prüfstand stellen, verlangte die Linken-Bundesgeschäftsführerin Katina Schubert. „Die Verstrickungen zwischen dem neonazistischen Mediennetzwerk und der AfD sind mehr als offensichtlich“, sagte sie am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Damit erhöhe sich der Druck, nun auch „ein Verbot der AfD wirklich zu prüfen“.

Prinzipiell kommt ein Medienverbot relativ selten vor – in solchen Fällen muss die Pressefreiheit abgewogen werden gegen die Argumente, die für ein Verbot sprechen. In seiner Zeit als Bundesinnenminister hatte Thomas de Maizière (CDU) 2016 die rechtsextremistische Internetplattform „Altermedia Deutschland“ verboten. Ex-Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) machte 2019 die Me­zopo­ta­mi­en Ver­lag und Ver­trieb GmbH und die MIR Mul­ti­me­dia GmbH als Teil­or­ga­ni­sa­tio­nen der kurdischen Arbeiterpartei PKK dicht. (dpa/afp/dts/red)



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