RBB-Affäre: Unmut über mögliche Abfindung für Schlesinger
In der Debatte um eine Vertragsauflösung für die zurückgetretene RBB-Intendantin Patricia Schlesinger sprechen sich Landespolitiker gegen eine Abfindung für die 61-Jährige aus.
Die Chefin des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) hatte am Sonntag angesichts zahlreicher Vorwürfe ihren Rückzug erklärt. Der brandenburgische SPD-Fraktionschef Daniel Keller sagte am Mittwoch: „Sollten sich diese Pflichtverletzungen, die hier im Raum stehen, bewahrheiten, wäre die Zahlung einer Abfindung ein fatales Zeichen gegenüber den Mitarbeitenden des RBB und der Öffentlichkeit.“
Goldener Handschlag sei nicht vermittelbar
Der Verwaltungsrat müsse prüfen, ob er auf der Grundlage der Anschuldigungen und der bereits jetzt vorliegenden Dokumente eine Kündigung oder eine Vertragsaufhebung ohne Zahlung einer Abfindung ausspreche. „Frau Schlesinger sollte ihre Würde bewahren und keine Abfindung fordern, und sie muss sich der Aufklärung und Aufarbeitung stellen“, ergänzte der SPD-Politiker. Zudem müsse geprüft werden, ob es einer weiteren Neubesetzung des RBB-Spitzenmanagements bedürfe.
Der Chef der mitregierenden CDU-Fraktion im Brandenburger Landtag, Jan Redmann, äußerte sich ähnlich. „Angesichts der inzwischen durch Zeugenaussagen belegten Abrechnungen offenbar privater Essen über den RBB und unbestrittener Verstöße gegen elementare Compliance-Regeln sollte der Verwaltungsrat eine fristlose Kündigung von Frau Schlesinger ins Auge fassen.“ Ein goldener Handschlag zulasten der Beitragszahler erscheine in dieser Situation nicht vermittelbar. „Wenn eine Kassiererin für einen unterschlagenen Pfandbon gekündigt wird, muss das erst recht für eine herausgehobene öffentliche Repräsentantin gelten.“
Spekulationen um eine mögliche Abfindung für Schlesinger, die seit 2016 RBB-Intendantin war, kamen dadurch auf, dass sie in ihrem Rücktrittsschreiben an die RBB-Aufsichtsgremien auf Vertragsparagrafen pochte und ihren Anwalt ins Spiel brachte. Das Dienstverhältnis würde demnach Ende Februar 2023 enden, Schlesinger zeigte sich bereit, das zu verkürzen – wenn sichergestellt sei, dass es sich um einen „vertragsgemäßen Verzicht“ handele. Am Dienstag will der Rundfunkrat in einer Sondersitzung über die Vertragsauflösung beraten.
Zu einer weiteren Sondersitzung im brandenburgischen Landtag zur RBB-Affäre, die ebenfalls am nächsten Dienstag (16. August) stattfinden soll, will der öffentlich-rechtliche Sender dieses Mal einen Vertreter schicken – Schlesinger wird es allerdings nicht sein. Hauptausschusschef Keller sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass Verwaltungschef Hagen Brandstäter, der seit ihrem Rücktritt die Geschäfte übernommen hat, stellvertretend kommen werde.
Auch die amtierende RBB-Verwaltungsratsvorsitzende Dorette König, Rundfunkratsvorsitzende Friederike von Kirchbach und Personalratschefin Sabine Jauer haben demnach zugesagt. Zudem komme Brandenburgs Medienstaatssekretär Benjamin Grimm (SPD). Das Land hat derzeit die Rechtsaufsicht über den RBB.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt
Bei einer ersten Sondersitzung Mitte Juli waren Schlesinger und die Gremienvertreter nicht erschienen – das hatte fraktionsübergreifend große Empörung ausgelöst. Die 61-Jährige war immer stärker in die Kritik geraten. Derzeit läuft eine externe Untersuchung einer Anwaltskanzlei. Ergebnisse liegen noch nicht vor. Am vergangenen Donnerstag war sie bereits als ARD-Chefin zurückgetreten.
Das Online-Medium „Business Insider“ hatte den Fall Ende Juni ins Rollen gebracht. Es geht um die Frage, ob Schlesinger und der inzwischen zurückgetretene Senderchefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf miteinander einen zu laxen Umgang bei der möglichen Kollision von Interessen gepflegt haben könnten. Beide wiesen Vorwürfe zurück.
Dabei spielen Beraterverträge für ein inzwischen auf Eis gelegtes RBB-Bauprojekt und Aufträge für Schlesingers Ehemann bei der landeseigenen Messe Berlin eine Rolle. Wolf war dort auch Aufsichtsratschef. Diesen Posten gab er nun auch zurück. Gegen alle drei ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Anfangsverdacht Untreue und Vorteilsannahme.
Für Unmut sorgt auch, dass Schlesinger mehrmals als RBB-Chefin Gäste in ihrer Privatwohnung empfing und Kosten über den beitragsfinanzierten ARD-Sender abrechnete. Die in Rechnung gestellten Kosten sollen angeblich fehlerhaft gewesen sein. Die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik zum Beispiel ging nach Polizeiangaben davon aus, dass die Treffen privater Natur waren. Die Charité teilte zu Vorstandschef Heyo K. Kroemer ebenfalls mit, dass es sich, basierend auf Art und Inhalt der Einladung sowie dem Verlauf des Abends, um einen privaten Termin gehandelt habe.
Die RBB-Redaktion berichtet indes seit Tagen intensiv über die Vorfälle im eigenen Haus. Am Mittwoch sagte Chefredakteur David Biesinger zudem im RBB-Inforadio, dass ein Rechercheteam beauftragt worden sei, den Vorwürfen nachzugehen. Fünf Journalisten des Hauses sollen demnach unabhängig in der Chefredaktion recherchieren. Es gehe etwa um den Dienstwagen und die Essen in der Privatwohnung. (dpa)
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