Raus aus der Ampel – rein in den Krieg? Union fordert Grüne und FDP zum Koalitionsbruch auf

CDU und CSU bieten Grünen und FDP einen fliegenden Wechsel hin zu Jamaika an. Die Spannungen in der Ukraine-Politik würden einen Koalitionsbruch rechtfertigten.
Ausschussvorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP vor einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses im Bundestag.
Ein Koalitionsbruch mit fliegendem Wechsel zu einem Jamaika-Bündnis könnte sie zur Bundesverteidigungsministerin machen: Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP).Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 23. Januar 2023

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Um die „adenauersche Westbindung“ zu sichern und für die Ukraine „Verantwortung zu übernehmen“, sollen FDP und Grüne einen Koalitionsbruch vollziehen. Das schwebt der Union vor. Die vorsichtige Position von Bundeskanzler Olaf Scholz in der Frage der Lieferung von Leopard-2-Panzern an die Führung in Kiew belastet die Ampel. CDU und CSU sehen nun ihre Chance, in der Mitte der Legislaturperiode ein Jamaika-Bündnis zu bilden.

Äußerung in Ramstein als Anlass für Koalitionsbruch?

Entgegen der Erwartungshaltung westlicher Verbündeter hatte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius am Freitag (20. Januar) in Ramstein noch keine Entscheidung in Sachen „Leopard 2“ verkündet. Die Ampelkoalition habe noch nicht über eine deutsche Genehmigung von Lieferungen des Panzers durch andere Staaten entschieden.

Aus den Reihen von FDP und Grünen kam daraufhin einmal mehr Kritik – und das verleiht der Union für ihre Forderung nach einem Koalitionsbruch die Sicherheit. FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sprach am Freitagabend von einer „Katastrophe“ und flüchtete sich ins Pathos:

Die Geschichte schaut auf uns, und Deutschland hat leider gerade versagt.“

Die grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt zeigte sich gegenüber der Funke Mediengruppe ebenfalls „enttäuscht“. Sie hätte sich „gewünscht, dass bereits in dieser Woche die deutsche Regierung den Weg für die Lieferung von Leopard-Panzern freigemacht hätte“. Diese würden in der Ukraine dringend gebraucht.

Die Ukraine verteidigt nicht nur ihr eigenes Land, sondern auch unsere Freiheit.“

Lechner: Koalitionsbruch und Jamaika „besser für Deutschland“

Ähnlich lautete der Tenor der Kommentare in den meisten Leitmedien. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei, erklärte in der „Bild“, die Szenen in der Ampel erinnerten „an ein Scheidungsverfahren“. Dass es keine Einigung gebe, solle für die Beteiligten zum Anlass für einen „Neuanfang unter veränderten Vorzeichen“ sein:

Wir stehen jedenfalls parat, Verantwortung zu übernehmen.“

CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen fügte gegenüber dem gleichen Blatt hinzu:

FDP und Grüne müssen sich fragen, ob sie bereit sind, gegen ihre eigene Überzeugung die Verantwortung für dieses Versagen mit zu übernehmen.“

Deutschland habe „in einer historischen Bewährungsprobe des Krieges in Europa an einem entscheidenden Punkt versagt“. Der niedersächsische CDU-Vorsitzende und Fraktionschef Sebastian Lechner erklärte: „Jamaika wäre besser für Deutschland“. FDP und Grüne merkten, „wie richtig und wichtig der Kurs der Union und die adenauersche Westbindung für Deutschlands Rolle in der Welt sind“. Nun sollten sie die Konsequenz ziehen:

Mit der SPD geht es nicht. FDP und Grüne sollten daher raus aus der Ampel.“

Mützenich: „Wer heute Panzer-Alleingänge fordert, fordert morgen Flugzeuge und Truppen“

Dabei lässt auch Pistorius keinen Zweifel daran, dass die Bundesregierung sich der Doktrin von der ukrainischen Verteidigung gegen den „russischen Aggressionskrieg“ verpflichtet fühle. Am Sonntag betonte er bei „Anne Will“ erneut, man werde „mit aller Macht die Ukraine dabei unterstützen, diesen Krieg zu gewinnen“. Allerdings betonte er am Freitag, es gebe „gute Gründe für die Lieferung und gute Gründe dagegen“. Alle Argumente müssten sorgfältig abgewogen werden.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich machte demgegenüber deutlich, dass Deutschland die Ukraine mitnichten im Stich lasse. Allerdings betreibe man in Zeiten des Krieges in Europa Politik „nicht im Stil von Empörungsritualen oder mit Schnappatmung, sondern mit Klarheit und Vernunft“. Strack-Zimmermann und andere Konfrontationspolitiker redeten das Land in eine militärische Auseinandersetzung hinein:

Dieselben, die heute Alleingänge mit schweren Kampfpanzern fordern, werden morgen nach Flugzeugen oder Truppen schreien.“

Man müsse mit einer verantwortungsvollen Politik dazu beitragen, einen neuen Kalten Krieg zu verhindern. Dies setze eine „enge Abstimmung mit der militärischen Weltmacht USA“ und den „Versuch einer Einbeziehung der aufsteigenden Ordnungsmacht China“ voraus.

Schützt Scholz die deutsche Rüstungsindustrie vor der Ausbootung?

Noch im Sommer des Vorjahres hatte die Union versucht, die FDP über die Kernenergiepolitik aus der Ampel herauszubrechen. Offenbar ist sie mittlerweile bereit, den Grünen und ihrer ideologischen Position in dieser Frage entgegenzukommen. Immerhin wäre ein Koalitionsbruch mit fliegendem Wechsel zu Jamaika kaum unterhalb dieses Preises zu haben.

Der einzige Grund für das Aufbrechen eines Regierungsbündnisses wäre es demnach, eine offensivere militärische Unterstützung der Ukraine zu ermöglichen. Dies, obwohl nur 33 Prozent der Bundesbürger einer YouGov-Umfrage im Auftrag der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa) die Kampfpanzerlieferung unterstützen. Demgegenüber sind 45 Prozent dagegen, 22 Prozent machen keine Angaben.

Die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) deutet demgegenüber an, dass nicht Rücksichtnahme auf die Stimmung in der Bevölkerung der Hauptgrund für das Abwägen der SPD sein könnte. Vielmehr könnte demnach ein Ja zur Lieferung von Leopard-2-Panzern aus verbündeten Staaten die deutsche Rüstungsindustrie ausbooten.

Bereits jetzt böten US-amerikanische Rüstungsunternehmen Ländern, die Leopard 2 an die Ukraine liefern könnten, gebrauchte Panzer als Ersatz aus dem eigenen Bestand an. Dies könne der erste Schritt hinein in eine langfristige Industriepartnerschaft sein. Die Folgen für deutsche Konzerne wären potenziell gravierend, so die NZZ:

Jedes Land, das auf das amerikanische Angebot eingehe, sei für die deutsche Panzerindustrie kaum zurückzugewinnen. Darüber hinaus sinke auch der rüstungspolitische Einfluss Berlins.“

Immerhin boome zum ersten Mal seit Jahrzehnten im Westen die Nachfrage nach Waffen, doch die deutschen Produzenten könnten kaum liefern. Zudem gäbe es eine Reihe anderer Panzermodelle, die westliche Unterstützer der Ukraine zur Verfügung stellen könnten. In fast allen Fällen müssten die dortigen Streitkräfte erst den Umgang damit einüben.

(Mit Material von dts)



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