„Gesundheitliche Gefahren“ – Ärzte in NRW lehnen Cannabislegalisierung ab

Nach Bayern lehnt jetzt auch NRW die Ampelpläne ab, noch in diesem Jahr Cannabis zu legalisieren. Fachleute warnen vor „schwerwiegenden Gefahren für die Gesundheit von Jugendlichen“.
Der UN-Drogenkontrollrat (INCB) sieht in der geplanten Cannabis-Freigabe in Deutschland Risiken.
Bald legal mit „Ab-18-Stempel“?Foto: Fabian Sommer/dpa
Von 27. Mai 2023

Noch in diesem Jahr soll der Weg für legalen Cannabiskonsum freigemacht werden, wenn es nach der aktuellen Regierung geht. Aber gegen die Pläne der Ampelkoalition zum „Neuen Drogen-Normal“ regt sich immer mehr Widerstand. Nach Bayern lehnt jetzt auch Nordrhein-Westfalen die Legalisierung von Cannabis und die Teilnahme an Modellprojekten dazu ab.

Das NRW-Gesundheitsministerium in Düsseldorf hat sich „grundsätzlich“ gegen die Zulassung von Modellvorhaben ausgesprochen, sagte eine Sprecherin von Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) der „Rheinischen Post“. Ein wichtiger Grund dafür seien „die Gefahren Cannabis bedingter Hirnschädigungen bei jungen Erwachsenen bis 25 Jahren“.

Kassenärztliche Vereinigung: Unterschätztes Suchtpotenzial

Jetzt meldet sich die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO) zu Wort: Auch die Ärzte und Psychotherapeuten in Nordrhein beziehen gegen eine künftige Freigabe des Cannabiskonsums in Deutschland klar Stellung. „Ich bin in höchstem Maße skeptisch und fürchte, dass die Politik im Falle einer Legalisierung schwerwiegende Gefahren für die Gesundheit von Jugendlichen bewusst in Kauf nimmt“, so Dr. med. Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KVNO gestern in einem Presse-Briefing, und konstatiert, dass auch bei einer Legalisierung der Droge für über 18-Jährige, sich die unter 18-Jährigen die Droge weiterhin auf dem Schwarzmarkt besorgen werden. Auch die Annahme einer sinkenden Drogenkriminalität in Folge eines legalen Konsums erschließe sich ihm nicht, betonte der Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie.

Im Rausch: Mehr Suchterkrankungen und depressive Störungen

Vor allem aber das hohe Suchtpotenzial von Cannabis und die daraus resultierenden Auswirkungen auf die ambulante Versorgung werden nach Meinung des KVNO-Vorstandsvorsitzenden in der momentanen politischen Diskussion massiv unterschätzt.

„Als Neurologe und Psychiater weiß ich um die Gefahr der Abhängigkeit von der Droge, insbesondere für Heranwachsende – dies wird sich auch auf die ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung auswirken. Sollte Cannabis tatsächlich flächendeckend legalisiert werden, rechne ich mit einem deutlich höheren Behandlungsbedarf bei Suchterkrankungen und depressiven Störungen, die das schon heute extrem belastete Versorgungssystem zusätzlich bewältigen müsste.“

Höherer Bedarf an psychotherapeutischen Leistungen erwartet

Dass durch eine Cannabislegalisierung vor allem die Nachfrage nach psychotherapeutischen Leistungen zunehmen könnte, fürchtet auch Gerd Höhner, Präsident der Psychotherapeutenkammer NRW. Schon jetzt könnten seine Kollegen in NRW den Therapiebedarf seitens der Patienten teils nur unzureichend decken und arbeiten am Limit.

Ebenso weist der Chef der Psychotherapeutenkammer darauf hin, dass „die geltenden Vorgaben zur Durchführung der Psychotherapie, die sogenannte Psychotherapie-Richtlinie, im Falle einer Cannabislegalisierung gar nicht umsetzbar sind“. Denn eine ambulante Psychotherapie darf heute nur erfolgen, wenn nach maximal zehn Behandlungsstunden eine vollständige Suchtmittelfreiheit beim Patienten beziehungsweise der Patientin erreicht werden kann. „Dieses Kriterium würde aber durch einen frei zugänglichen, legalen Konsum ad absurdum geführt“, so Psychologe Höhner.

Benebelter Dreiklang: Weiteres legales Suchtmittel zu Tabak und Alkohol

Der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, würde eine Legalisierung von Cannabis die bereits seit Jahren in der Gesellschaft durchgeführten großen Anstrengungen für eine allgemeine Konsumreduzierung von Suchtmitteln – wie Tabak oder Alkohol – erheblich konterkarieren. „Statt die Verfügbarkeit und Erreichbarkeit neuer Suchtmittel zu ermöglichen, sollten wir eher dafür sorgen, dass Konsumierende, deren Suchtmittelkonsum zu Problemen führt, möglichst früh effektive Hilfen zur Reduzierung der mit dem Konsum verbundenen Risiken und Schäden erhalten.“

Der Internist forderte die Ausweitung gezielter und evaluierter Präventionsstrategien, und zwar zeitnah. Ausgehend von den Schulen müsse bei diesen das Ziel verfolgt werden, dass insgesamt weniger Menschen Suchtmittel konsumieren.

Dr. med. Carsten König, stellvertretender Vorsitzender der KVNO, warnte vor immensen negativen Folgen von legalisiertem Cannabiskonsum für die gesamte Gesellschaft.

Ärzte im Schulterschluss mit Landesregierung

Mit dieser Haltung unterstützen die Ärzte und Psychotherapeuten aus NRW das Gesundheitsministerium in Düsseldorf. Das ist strikt gegen eine kommer­zielle Produktion und den legalisierten Verkauf von Cannabis. Städte wie Köln, Münster und Bonn hingegen hatten bereits Interesse signalisiert, Modellregion für den freien Verkauf werden zu wollen.

Vor Nordrhein-Westfalen hatte bereits Bayern klar Stellung bezogen. Der Freistaat will sich nicht an geplanten Modellprojekten zur Cannabislegalisierung beteiligen und warnte seine Städte, sich als Modellregion für die Legalisierungspläne der Bundesregierung zu bewerben. Das geplante Gesetz stehe nicht im Einklang mit dem geltenden Völker- und Europarecht.

Dicke Luft: Deutsches Cannabisgesetz widersprich europäischem Recht

Mitte April hatte die Ampelregierung einen neuen Gesetzentwurf zur Legalisierung von Cannabis vorgestellt, der noch in diesem Jahr durchgesetzt werden soll. Die Pläne sehen einen staatlich kontrollierten Anbau und die Abgabe der Droge zum Selbstkostenpreis ab 18 Jahren in sogenannten in Cannabis-Clubs vor. Zudem soll der private Eigenanbau mit bis zu drei Pflanzen pro Person ab 18 Jahren gestattet werden.

In einem zweiten Schritt soll nach Plänen der Ampelregierung in deutschen Modellregionen der Verkauf über lizenzierte Fachgeschäfte getestet werden. Solange, bis Cannabis in ganz Europa legalisiert werden kann und die EU-Kommission zustimmt. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will in einer fünfjährigen Auswertungsphase und regionalen Modellprojekten „kommerzielle Lieferketten“ ausprobieren.



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