Propalästinensischer Protest: Polizei verhindert Besetzung von Humboldt-Universität

Unter den Rufen „Ganz Berlin hasst die Polizei!“, „Deutschland ist ein faschistischer Staat“ und „Freiheit für Palästina“ räumte die Berliner Polizei einen nicht genehmigten propalästinensischen Protest auf dem Gelände der Berliner Humboldt-Universität. Demonstranten fordern Besetzungen von Hochschulen in ganz Deutschland.
Titelbild
Polizei entfernt pro-palästinensische Studenten vom Gelände der Humboldt-Universität.Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times
Von 3. Mai 2024

Die Hochschulproteste gegen den Krieg im Gazastreifen weiten sich von den USA zunehmend auf Universitäten weltweit aus. In der französischen Hauptstadt Paris schritt am Freitag, 3. Mai, die Polizei gegen einen propalästinensischen Sitzstreik an der Elitehochschule Sciences Po ein.

In Berlin ging die Polizei nach „volksverhetzenden Aufrufen“ an der Humboldt-Universität gegen einen Versuch, die Universität zu besetzen, vor.

Dort versammelten sich gegen Mittag rund 30 propalästinensische Demonstranten auf dem Gelände des Campus Mitte am Boulevard Unter den Linden.

Zuvor wurde dazu eine Versammlung bei der Berliner Polizei angemeldet. Die Polizei verlegte den Versammlungsort allerdings vor das Universitätsgelände. Daraufhin zog der Versammlungsleiter seine Anmeldung zurück.

Die Polizei forderte die Demonstranten, die größtenteils Studenten waren, auf, das Hochschulgelände zu verlassen und den angewiesenen Versammlungsort aufzusuchen. Dieser Aufforderung kamen die Demonstranten nicht nach, woraufhin sie gewaltsam von der Polizei vom Gelände gebracht wurden.

Beim Protest, der insgesamt rund 100 Teilnehmer zählte, wurden Flugblätter verteilt, die – auf Englisch – dazu aufriefen, deutsche Universitäten zu besetzen. In dem Schreiben werden deutsche Universitäten aufgerufen, aufgrund einer „Komplizenschaft Deutschlands im stattfindenden Völkermord“ im Gazastreifen die Zusammenarbeit mit israelischen Universitäten und Institutionen zu boykottieren und den Staat Palästina anzuerkennen.

Zudem sollen Hochschulen für ein Waffenembargo gegen Israel eintreten und eine „Unterdrückung von [propalästinensischen] Studenten und Akademikern in Forschungseinrichtungen und Universitäten stoppen.

Ausschreitungen wie in den USA befürchtet

Nahe dem Protest treffen wir eine Doktorandin, die, als sie von dem Protest auf dem Gelände hörte, sofort an die USA dachte, wo sich „schlimme Szenen abspielen mit gewalttätigen Ausschreitungen“.

Sie rechne mit Versuchen zu ähnlichen Belagerungen von Universitäten hierzulande. Persönlich habe sie mehrfach Störungen von Plenarsitzungen der Bezirksverordnetenversammlung in Neukölln erlebt, sodass der Ordnungsdienst habe einschreiten müssen.

Die Protestler werden „immer lauter und die Forderungen immer frecher“. Dabei verweist sie auf die kürzlich in Hamburg stattgefundene pro-islamistische Versammlung mit dem Aufruf, Deutschland in ein Kalifat umzuwandeln.

Während die Berliner Polizei die Demonstranten vom Innenhof entfernte, riefen die vor dem Tor versammelten Unterstützer des Protests: „Ganz Berlin hasst die Polizei“, „Deutschland ist ein faschistischer Staat“ und „Freiheit für Palästina“.

Am Rande der propalästinischen Demonstration gab es auch Solidaritätsbekundungen mit Israel. So hielt eine Frau ein Plakat mit der Aufschrift „Glaubt den Aussagen israelischer Frauen“ hoch. Offenbar eine Anspielung auf die Aussagen von aus Gaza befreiten oder freigelassenen entführten israelischen Frauen, die von systematischer Vergewaltigung und Misshandlungen berichteten. Aus dem Fenster der Universität hielt ein Mann eine israelische Flagge.

40 freiheitsbeschränkende Maßnahmen

Neben dem lautstarken Protest der Demonstranten trafen wir einen kolumbianischen Studenten, der zwischen den propalästinensischen Protesten in den USA und hier in Europa einen Zusammenhang sieht.

Er sieht darin und in den massiven Migrationsströmen von Lateinamerika in die USA und aus dem Nahen Osten nach Europa den Versuch der Destabilisierung westlicher Demokratien „durch linksextreme Kräfte“.

Nach rund fünf Stunden waren alle Demonstranten vom Universitätsgelände entfernt. Knapp 40 Freiheitsbeschränkungen wegen Verdachts auf Volksverhetzung, Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und tätlichen Angriffs waren die Endbilanz des Polizeieinsatzes. Rund 85 Polizisten waren an dem Einsatz beteiligt, erklärte die Polizei gegenüber Epoch Times.

Hochschulpräsidentin suchte Gespräch

Die Präsidentin der Humboldt-Universität, Julia von Blumenthal, suchte das Gespräch mit den Demonstranten im Innenhof und bot ihnen für den Fall einer friedlichen Beendigung ihres Protests die Organisation einer Podiumsdiskussion an. Dabei machte sie klar, dass der Austausch „kontroverser Meinungen“ zum Wesen einer Universität gehöre, „aber nicht brüllend und mit Megafonen geführt“ werde.

Nach Polizeiangaben war bei dem Protest die israelfeindliche Parole „From the River to the Sea“ (Vom Fluss bis zum Meer) skandiert worden. Die Parole ist in Berlin verboten, weil damit zur Vernichtung Israels aufgerufen wird. Israels Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, äußerte sich empört über den Protest an der Humboldt-Universität. Die Demonstranten hätten „Hass und Gewalt gegen Juden verherrlicht“, schrieb er auf X.

Weltweite Proteste

In Paris versuchten Polizisten, Dutzende Protestler aus der Eingangshalle der Sciences Po zu entfernen. Die Räumung verlief Fernsehaufnahmen zufolge friedlich. Das Pariser Polizeipräsidium teilte mit, dass „91 Personen ohne Zwischenfälle abgeführt“ worden seien. Die Universität hatte wegen der Proteste am Freitag auf Onlinebetrieb umgestellt, die meisten Gebäude blieben geschlossen.

Seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der radikalislamischen Hamas am 7. Oktober war es an der Pariser Eliteuniversität immer wieder zu propalästinensischen Kundgebungen und Spannungen gekommen. Die Polizei schritt mehrfach ein. Am Donnerstag wurde ein Protestlager mit rund 300 Studierenden aufgelöst.

In Australien standen sich an der Universität von Sydney am Freitag Hunderte propalästinensische und pro-israelische Demonstranten gegenüber. Trotz einiger angespannter Wortgefechte blieben beide Versammlungen jedoch friedlich. In Mexiko campierten Dutzende propalästinensische Studenten vor der größten Hochschule des Landes, der Nationalen Autonomen Universität in Mexiko-Stadt.

Die Proteste in den USA hatten Mitte April an der renommierten Columbia University in New York begonnen und sich seitdem auf mindestens 30 weitere Universitäten im Land ausgeweitet. Die Demonstranten prangern zum einen die hohe Zahl von Toten im Gazastreifen an. Zum anderen fordern sie die Universitäten auf, Verbindungen zu Unternehmen zu beenden, die Verbindungen nach Israel haben. Immer wieder kam es auch zu antisemitischen Zwischenfällen.

Protestcamps an US-Unis geräumt

In den vergangenen Tagen musste die Polizei an verschiedenen US-Universitäten eingreifen. Protestcamps wurden geräumt, Medienberichten kam es zu rund 2.000 Festnahmen. Die University of California in Los Angeles (UCLA) kündigte für Freitag die Umstellung auf Onlinebetrieb an. Am Donnerstag hatte die Polizei auf dem UCLA-Campus ein Protestcamp geräumt und mehr als 200 Demonstranten festgenommen.

Angesichts der zunehmenden Eskalation der Proteste rief US-Präsident Biden in einer Fernsehansprache zu Ordnung auf. „Wir sind keine autoritäre Nation, die Menschen zum Schweigen bringt oder Meinungsunterschiede unterdrückt“, betonte er. Die USA seien aber „kein gesetzloses Land, sondern eine Zivilgesellschaft, und es muss Ordnung herrschen“. Es müsse ein Gleichgewicht zwischen dem Recht auf friedlichen Protest und der Notwendigkeit geben, Gewalt zu verhindern.

Biden, der bei der Präsidentschaftswahl im November eine zweite Amtszeit anstrebt, steht wegen der Proteste zunehmend unter Druck. Während die Republikaner ihm vorwerfen, er sei gegenüber dem aus ihrer Sicht antisemitischen Tenor der Proteste zu nachgiebig, wird er von Teilen seiner eigenen demokratischen Partei dafür kritisiert, dass er Israels militärisches Vorgehen im Gazastreifen unterstützt. Auf die Frage, ob die Proteste einen Kurswechsel in seiner Israel-Politik bewirken würden, antwortete Biden mit „Nein“.

Israels Präsident Jitzchak Herzog prangerte angesichts der Proteste an den Hochschulen ein „erschreckendes Wiederaufleben des Antisemitismus“ in der Welt und vor allem in den USA an. Angesehene Universitäten seien dort „von Hass und Antisemitismus verseucht“, erklärte er am Donnerstag.

(Mit Material der Nachrichtenagenturen) 



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion