Pressekonferenz in Sotschi: Kanzlerin Merkel und Präsident Putin + Video
Nach einem Vier-Augen-Gespräch in Putins Sommerresidenz am Schwarzen Meer beschrieb Merkel den gegenwärtigen Zustand des Verhältnisses so: „Die deutsch-russische Zusammenarbeit muss sehr schwere Differenzen aushalten und manchmal auch sehr grundsätzliche.“ Es gebe aber auch „Themen, bei denen wir durchaus einer Meinung sind, und das ist ja dann auch gut bei den vielen Fragen, bei denen wir nicht einer Meinung sind“.
Die beiden Politiker, die sich seit mehr als zwölf Jahren regelmäßig austauschen, betonten ihren Willen zur gegenseitigen Abstimmung. „Ich halte das Miteinander-Reden für absolut wichtig“, sagte Merkel. Putin sagte: „Die Probleme zu lösen ist aber nicht möglich, wenn man keinen Dialog miteinander führt.“ Gerade in der Wirtschaft sei Deutschland ein „Schlüsselpartner“ für Russland.
Mitschnitt der Pressekonferenz in Sotschi mit deutscher Übersetzung
https://www.youtube.com/watch?v=bc6eEFx2al0
Strategisches Interesse an guten Beziehungen
„Wir haben ein strategisches Interesse daran, gute Beziehungen zu Russland zu haben“, sagte Merkel am Freitag nach Gesprächen mit Putin in Sotschi. Bei allen Differenzen gebe es „auch Themen, bei denen sind wir durchaus einer Meinung“, sagte die Kanzlerin. „Ich halte das Miteinander-Reden für absolut wichtig.“
Auch Putin sprach sich für einen engen Dialog mit Deutschland aus. Zwar gebe es „verschiedene Einschätzungen der einen oder anderen Situation auf der Welt“, sagte er. „Die Probleme zu lösen ist aber nicht möglich, wenn man keinen Dialog miteinander führt.“ Gerade in der Wirtschaft sei Deutschland ein „Schlüsselpartner“ für Russland.
Merkel und Putin berieten in der Sommerresidenz des russischen Präsidenten unter anderem über die Zukunft des Atomabkommens mit dem Iran nach dem Ausstieg der USA. Beide verfolgen das Ziel, das Abkommen zu retten. Auch der Syrien-Krieg und der Konflikt in der Ukraine kamen zur Sprache. Bei diesen Themen sieht Deutschland die Rolle Russlands kritisch.
Merkel fordert Putin auf: Enteignung der Flüchtlinge in Syrien verhindern
Russland sollte aus Sicht der Bundesregierung seinen Einfluss geltend machen, um eine Enteignung der Flüchtlinge aus Syrien zu verhindern. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach den russischen Präsidenten Wladimir Putin bei einem Gespräch in Sotschi auf ein Dekret an.
Es sieht vor, dass Syrer, die sich nicht binnen weniger Wochen an ihrem Heimatort melden, ihr Wohneigentum verlieren. „Das wäre eine große Barriere für eine Rückkehr“, sagte Merkel – auch mit Blick auf syrische Flüchtlinge in Deutschland.
Merkel und Putin betonten übereinstimmend, dass der politische Prozess zur Beilegung des Syrien-Kriegs vorangetrieben werden müsse. Beide bekräftigten zudem ihre Unterstützung für die Minsker Vereinbarungen zum Waffenstillstand in der Ukraine.
Einig waren sich Merkel und Putin darüber, dass das Atomabkommen mit dem Iran auch nach dem Ausstieg der USA erhalten werden müsse. Zu den Streitfragen zählten der Syrien-Krieg und der Konflikt in der Ukraine. In beiden Krisen spielt Russland eine wichtige Rolle, die Deutschland missfällt.
Merkel und Putin stimmten aber in dem Ziel überein, in beiden Ländern die politischen Bemühungen um eine Konfliktbeilegung zu verstärken und dabei den Vereinten Nationen eine wichtige Rolle zukommen zu lassen – im Fall der Ukraine etwa in Form von UN-Truppen.
Pressefreiheit in Russland beachten
Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte weiterhin Respekt für die Pressefreiheit. „Ich habe von meiner Seite darauf hingewiesen, dass Fragen der Pressefreiheit von entscheidender Bedeutung sind“, sagte Merkel am Freitag nach einem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin in Sotschi. Sie sei „durchaus beunruhigt“ über die Behinderung der Arbeit von Journalisten in Russland.
Zudem habe sie „in speziellen Fällen darum gebeten, die Dinge noch einmal zu betrachten“, fügte die Kanzlerin hinzu. Um welche Fälle es dabei geht, sagte Merkel nicht.
In den vergangenen Tagen hatte die vorübergehende Weigerung Russlands, den ARD-Dopingexperten Hajo Seppelt zur Fußballweltmeisterschaft einreisen zu lassen, für diplomatische Verstimmungen gesorgt.
Die russischen Behörden hatten dem Journalisten, der die skandalöse Doping-Praxis im russischen Olympia-Sport enthüllte, das bereits ausgestellte Visum für die Einreise zur Fußball-WM entzogen. Schließlich stimmten sie einer Einreise aber doch zu, allerdings wollen sie Seppelt von der Justiz vernehmen lassen.
Nach Putins Angaben kam bei dem Gespräch mit Merkel auch der Fall des russischen Journalisten Kirilo Wischinski zur Sprache, der vor einigen Tagen in der Ukraine festgenommen wurde. Dem Journalisten werde „Verrat vorgeworfen dafür, dass er seiner Tätigkeit nachgegangen ist“, kritisierte Putin. „Das ist beispiellos.“
Ukraine-Einfluss nutzen
Bei der Pressekonferenz in Sotschi bat ein russischer Journalist die Kanzlerin, ihren „großen Einfluss auf die Führung in Kiew zu nutzen, damit der Journalist freigelassen“ werde. Merkel sagte daraufhin zu, das Thema beim ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko anzusprechen.
Merkel sagte:
Ich werde den Fall dann ansprechen genauso wie ich hier in Russland auch angesprochen habe die Fälle von Journalisten, die hier verhaftet werden oder ihre Arbeit nicht leisten können, was uns auch durchaus beunruhigt.“
Ukrainische Sicherheitskräfte hatten Wischinski, der für die amtliche russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti arbeitet, am Dienstag in Kiew festgenommen. Sie werfen ihm Hochverrat vor.
Der ukrainische Geheimdienst ließ auch die Redaktionsräume von RIA Nowosti und des Fernsehsenders RT (ehemals Russia Today) in Kiew durchsuchen. Eine Sprecherin erklärte zur Begründung, Russland habe diese Medien für seinen „hybriden Krieg gegen die Ukraine benutzt“.
Putin wünscht Skripal Gute Gesundheit
Russlands Präsident Wladimir Putin hat dem aus einem britischen Krankenhaus entlassenen ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal am Freitag gute Gesundheit gewünscht. Putin sagte während der Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel „möge Gott ihm gute Gesundheit schenken“.
Wäre bei dem Giftanschlag Anfang März im englischen Salisbury ein Militärgift verwendet worden, wäre er „auf der Stelle tot“ gewesen, sagte Putin. Damit wandte sich der russischen Staatschef gegen den vom Westen erhobenen Vorwurf, bei dem Anschlag sei das in den 80er Jahren in der Sowjetunion eingesetzte Nervengift Nowitschok eingesetzt worden. „Gott sei Dank“ habe sich Skripal erholt und die Klinik verlassen können, fügte Putin hinzu.
Das Krankenhaus hatte zuvor mitgeteilt, Skripal gehe es mittlerweile so gut, dass er nicht mehr stationär behandelt werden müsse. Der am 4. März verübte Giftanschlag hatte eine schwere diplomatische Krise zwischen Russland sowie Großbritannien und seinen westlichen Verbündeten ausgelöst, die Moskau für den Angriff verantwortlich machen. Die russische Seite bestreitet jede Beteiligung.
Russland habe seinen britischen Partnern mehrmals Unterstützung bei den Ermittlungen zur Aufklärung des Anschlags angeboten, sagte Putin in Sotschi. „Bisher haben wir keine Antwort erhalten, unser Angebot bleibt bestehen.“
Merkel: Deutschland ist an guten Beziehungen zu Russland interessiert
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat das Interesse der Bundesregierung an guten Beziehungen zu Russland als „strategisch“ bezeichnet. Auch in den „schwierigsten Zeiten“ habe sie sich dafür eingesetzt, dass der Nato-Russland-Dialog fortgesetzt werde, sagte Merkel am Freitag nach einem Treffen mit Russlands Präsident Putin in Sotschi am Schwarzen Meer. „Unsere Zivilgesellschaften haben viele Verbindungen“, sagte die Kanzlerin.
Sie halte „das Miteinanderreden für absolut wichtig“. Putin ergänzte, Deutschland sei ein Schlüsselhandelspartner für Russland. Er hoffe, dass die Handelsbeziehungen sich wieder verbessern, daran hingen auch viele Arbeitsplätze in Deutschland.
Merkel hat sich für enge Kontakte zu Russland ausgesprochen. „Wir haben ein strategisches Interesse daran, gute Beziehungen zu Russland zu haben“, sagte Merkel am Freitag in Sotschi. Bei allen Differenzen gebe es „auch Themen, bei denen sind wir durchaus einer Meinung“, sagte die Kanzlerin.
Trotz des Baus der Gaspipeline Nordstream 2 unter der Ostsee will Russland auch in Zukunft Gaslieferungen über die Ukraine als Transitland abwickeln. Der russische Staatschef Wladimir Putin erklärte bei der Pressekonferenz, Russland werde die Gaslieferungen über die Ukraine fortsetzen, „solange diese wirtschaftlich gerechtfertigt sind“. Der am Dienstag begonnene Bau der Pipeline schürt Sorgen in Kiew, die Einnahmen aus dem Gastransit könnten einbrechen.
(ks/afp/dpa/dts)
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