Kontrollstellen „einfach umfahren“ – Union wirft Ampel „verlorenen Elan“ vor

Der Bundespolizei-Sprecher bei der Polizeigewerkschaft GdP, Andreas Roßkopf, hat nach anderthalb Wochen bundesweiter Grenzkontrollen eine kritische Bilanz gezogen. Die Maßnahme tauge nicht, um irreguläre Einreisen nach Deutschland zu unterbinden. Außerdem sei die Ausstattung unzureichend.
Deutschland hat seine bereits laufenden Grenzkontrollen im Osten und Süden des Landes wie angekündigt auf die Landgrenzen im Westen und Norden ausgeweitet. (Archivbild)
Deutschland hat seine bereits laufenden Grenzkontrollen im Osten und Süden des Landes wie angekündigt auf die Landgrenzen im Westen und Norden ausgeweitet. (Archivbild)Foto: Lars Penning/dpa
Von 25. September 2024

Seit dem 16. September ist die Bundespolizei dazu ermächtigt, an allen deutschen Außengrenzen Grenzkontrollen durchzuführen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte die Maßnahme mit dem Ziel angeordnet, irreguläre Einreisen einzudämmen. Vorerst soll es die Kontrollen, die gemäß den Regeln des Schengen-Übereinkommens nur im Ausnahmefall und temporär vorgesehen sind, für die Dauer von sechs Monaten geben. Die Polizeigewerkschaft GdP zieht bereits jetzt eine kritische Bilanz.

Größere Staus trotz der Grenzkontrollen bislang ausgeblieben

Der Vorsitzende des Bereichs Bundespolizei/Zoll bei der GdP, Andreas Roßkopf, sieht seine bereits bei der Ausweitung der Kontrollen im vergangenen November geäußerten Bedenken bestätigt. Damals wurden die seit 2015 stattfindenden Grenzkontrollen nach der Einreise aus Österreich um solche an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz erweitert. Seit anderthalb Wochen wird auch im Norden und Westen kontrolliert.

Bislang, so Roßkopf gegenüber dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND), sei es entlang der Westgrenze kaum zu Aufgriffen illegal eingereister Menschen oder Schleuser gekommen. Die Bundespolizei verkündet dennoch Erfolge. Unter anderem sei es in mehreren Fällen gelungen, Personen aufzuspüren, gegen die offene Haftbefehle bestünden oder die fällige Geldstrafen noch nicht bezahlt hätten.

In zwei Fällen habe man Personen gestoppt, die illegale Betäubungsmittel in ihren Fahrzeugen mit sich geführt hätten. Zu nennenswerten Staus an den Grenzen sei es im Autoverkehr nicht gekommen. Anders sei es im grenzüberschreitenden Zugsverkehr gewesen, dort hätten die Anordnungen für Verspätungen gesorgt.

Mehrere Haftbefehle vollstreckt und Drogen gefunden

Auf der Strecke von Brüssel nach Köln hätten Reisende die Möglichkeit, die Kontrollen zu umgehen, heißt es vonseiten der Deutschen Bahn (DB). Dort werde erst nach dem ersten Halt in Aachen auf der Weiterfahrt nach Köln kontrolliert.

Roßkopf spricht zudem davon, dass Grenzkontrollen entlang von Hauptstraßen „seit einer Woche selbst von Busunternehmen vermehrt umfahren werden“. Bereits im Vorjahr hatte er gewarnt, dass neue Kontrollstellen eine schnelle Anpassung vonseiten der Schleuser zur Folge hätten. Diese würden sich alternative Wege zur Einreise suchen.

Im Moment würde an der Westgrenze von Zurückweisungen Gebrauch gemacht. Die Zahl der Fälle sei jedoch gering, weil es nur wenige Aufgriffe gebe. Die Kontrollen an der Grenze zu Frankreich sollen vorerst bis zum 30. September aufrecht bleiben. Dort war diese bereits in der Zeit der Olympischen Spiele in Kraft. Eine Evaluierung der seit 2015 geltenden Grenzkontrollen zu Österreich soll bis Mitte November erfolgen.

Die Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz werden vorerst bis Mitte Dezember beibehalten, alle anderen sollen zumindest bis Mitte März 2025 bleiben. Nach EU-Recht sind Kontrollen an den Binnengrenzen lediglich befristet und als Ausnahmefall vorgesehen.

Roßkopf: Polizei nicht angemessen für Grenzkontrollen ausgerüstet

Ministerin Faeser hat die Einführung der Maßnahmen gegenüber der EU-Kommission mit „Gefahren durch den islamistischen Terrorismus“ und „Vorfällen von Messer- und Gewaltkriminalität durch Geflüchtete“ begründet. Seither wird auch an den Landgrenzen zu Dänemark, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg kontrolliert.

Roßkopf sieht bislang keinen abschreckenden Effekt. Die Zahl der Weiterleitungen von Schutz- und Asylsuchenden an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sei weiterhin hoch. Solange keine Wiedereinreisesperre besteht, muss im Fall des Aufgriffs irregulär eingereister Asylsuchender eine zwingende Weiterleitung zu Zwecken der Antragsprüfung erfolgen.

Der Polizeigewerkschafter beklagt zudem, dass es der Polizei an der erforderlichen Ausstattung für einen effektiven Grenzschutz fehle. Dazu gehörten moderne Fahndungsfahrzeuge, mobile Kontrollstellen, Geschwindigkeitstrichter oder angemessene Beleuchtung. Vor allem im bevorstehenden Winter könne dies die Effektivität der Arbeit beeinträchtigen.

Ampel sieht „internen Abstimmungsbedarf“ bei Sicherheitspaket

Die Union, die Zurückweisungen von aus EU-Staaten einreisenden Asylsuchenden  bereits an den Grenzen fordert, wirft der Ampel unterdessen die Verschleppung ihres eigenen Sicherheitspakets vor. Dieses hatten die Regierungsparteien Ende August unter dem Eindruck des Attentats von Solingen beschlossen. Es sieht unter anderem ein schärferes Waffenrecht, mehr Befugnisse für Sicherheitsbehörden und eine Einschränkung von Leistungen für Asylsuchende vor, die aus EU-Staaten eingereist sind.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, wirft der Ampel vor, nach den letzten Wahlen des Jahres in der Migrationspolitik wieder einen Gang zurückzuschalten. In der „Rheinischen Post“ äußerte er:

„Kaum sind die Wahlen in Brandenburg vorüber, ist es mit dem Elan auch schon wieder vorbei.“

Die Ampel selbst spricht von „internem Abstimmungsbedarf“ bezüglich der konkreten Ausgestaltung des Sicherheitspakets.

DPolG-Chef Teggatz hält Zurückweisungen an der Grenze jetzt schon für rechtens

Während die Ampel deutlich macht, dass die EU-Rückführungsrichtlinie und Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) die Zurückweisung Asylsuchender verbieten, ist Roßkopfs Gewerkschafterkollege Heiko Teggatz von der DPolG davon nicht überzeugt. In einem Interview mit „Cicero“ skizziert er, was er für einen Ausweg aus der Problematik hält.

In einer der Urteilsbegründungen des EuGH werde auf zwischenstaatliche Polizeiverträge verwiesen, die bereits vor 2006 geschlossen worden seien. Diese ermöglichten Zurückweisungen ungeachtet der Rückführungsrichtlinie. Die Bundesrepublik habe solche Verträge „schon lange davor mit all ihren Anrainerstaaten verhandelt“, so Teggatz.

Bis Ende August hat das BAMF in Deutschland 160.140 Erstanträge auf Asyl entgegengenommen. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das einen Rückgang um 21,7 Prozent. Hochgerechnet auf das Gesamtjahr wäre – ohne Berücksichtigung saisonaler Unterschiede – demnach mit circa 262.000 Anträgen zu rechnen.



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