Politisch motivierte Straftaten 2023 auf höchstem Stand – Zuwächse in fast allen Phänomenbereichen

Im Jahr 2023 ist die Zahl der politisch motivierten Straftaten auf ein neues Rekordhoch gestiegen. Im diesjährigen Wahljahr ist kaum mit einem Rückgang zu rechnen. Die Fallzahlen bei der PMK (Politisch motivierte Kriminalität) nahmen in jedem Phänomenbereich zu – mit Ausnahme von Straftaten mit Corona-Bezug.
Innenministerin Nancy Faeser und BKA-Präsident Holger Münch geben ein Statement. Seit dem Hamas-Angriff wurden in Deutschland mehr als 3500 Straftaten registriert.
Innenministerin Nancy Faeser und BKA-Präsident Holger Münch.Foto: Britta Pedersen/dpa
Von 21. Mai 2024

Die politisch motivierte Kriminalität (PMK) bleibt in Deutschland massiv auf dem Vormarsch. Am Dienstag, 21. Mai, stellten Bundesinnenministerin Nancy Faeser und BKA-Präsident Holger Münch ihren Bericht über die Entwicklungen im Jahr 2023 vor. Mit 60.028 politisch motivierten Straftaten und einem Plus von 1,89 Prozent gegenüber 2022 hat deren Zahl einen neuen Höchstwert erreicht. Im Jahr 2014 hatte es bundesweit erst 32.700 gegeben. Das Wahljahr 2024 lässt kaum einen Rückgang erwarten.

Zuwächse in fast allen Bereichen der PMK

Die Zunahme der für die PMK relevanten Straftaten zieht sich dabei durch sämtliche Phänomenbereiche – mit Ausnahme jener mit „sonstiger Zuordnung“. Dort sanken sie um etwa 30,74 Prozent auf 16.678. In diesem Bereich werden alle politisch motivierten Straftaten zusammengefasst, die keinem sonstigen Phänomenbereich zuzuordnen sind.

In diesem Fall waren es zuletzt vor allem solche mit Bezug zu Corona-Protesten. Waren in diesem Kontext im Jahr zuvor noch 13.998 strafbare Handlungen zu verzeichnen, gingen diese 2023 auf 1.662 zurück.

Die meisten politisch motivierten Straftaten waren auch 2023 wieder der extremen Rechten zuzuordnen. Dieser wurden 28.493 Taten im Sinne der PMK zugerechnet. Das war ein Plus von 23,21 Prozent. Bundesinnenministerin Nancy Faeser benannte deshalb den Rechtsextremismus erneut als „größte Bedrohung für unsere Demokratie“.

Rechtsextremistische Straftaten in 58 Prozent der Fälle Propagandadelikte

Allerdings handelte es sich lediglich in 1.270 Fällen dabei um Gewaltdelikte. In den meisten Fällen handelte es sich bei der PMK-rechts um sogenannte Propagandadelikte (16.698 Fälle), gefolgt von Volksverhetzungsfällen (5.367) und politisch motivierten Beleidigungen (2.770). Von den aufgeführten rechtsextremistischen Straftaten wurden 7.025 im Internet begangen.

Auch wenn der größte Teil der rechtsextremistisch motivierten Straftaten selbst nicht gewalttätig war, warnen Betroffene vor einer Verharmlosung. In einer Pressekonferenz mit Opferverbänden rassistisch motivierter Gewalt, die im Vorfeld der PMK-Pressekonferenz stattgefunden hatte, erklärten diese, die verbalen Exzesse rechter Extremisten würden Gewalttäter motivieren und ermutigen.

In der PMK-links war 2023 ein Zuwachs um 11,48 Prozent auf 7.777 festzustellen. Dabei handelte es sich in 916 Fällen um Gewalttaten. Faeser wies darauf hin, dass Erkenntnissen der Verfassungsschutzämter zufolge etwa jeder vierte Linksextremist gewaltbereit ist. Fälle wie die Gewalttäterbande um Lina E. zeigten, dass dort die Hemmschwellen sinken. Dies sei, so Faeser, auch mit Blick auf Anschläge gegen Einrichtungen der Stromversorgung oder den Bahnverkehr zu verzeichnen.

Die Ministerin machte deutlich, dass Anschläge wie jene auf die Stromversorgung des Tesla-Werks auch Krankenhäuser und Pflegeheime treffen könnten. Sie kündigte auch unter dem Eindruck der jüngsten Rollfeldbesetzung der Letzten Generation am Flughafen München verstärkte Schutzmaßnahmen an. Zudem sollen Störungen des Flugverkehrs dieser Art von einer Ordnungswidrigkeit zu einer Straftat hochgestuft werden. Die Strafdrohung dafür soll bis zu zwei Jahren Haft reichen.

Allein 3.303 Straftaten im Kontext der Klima-Ideologie

Dass die Zahl der politisch motivierten Gewaltdelikte um etwa zwölf Prozent zurückgegangen sei, sei einzig dem Wegfall der Bedeutung von Corona zu verdanken. Entsprechend waren auch Gewalttaten im Kontext von Protesten gegen die Pandemiemaßnahmen deutlich rückläufig.

Eine geringere Bedeutung hatten in der PMK 2023 auch sogenannte Reichsbürger. Allerdings zeigten, so Faeser, die derzeit laufenden Prozesse auch, dass die Gefahr, die von der Szene ausgehe, nicht zu unterschätzen sei.

Faeser erwähnte auch, dass es im Jahr 2023 nicht weniger als 3.303 Straftaten im Bereich „Umwelt- und Klimaschutz“ gegeben habe. Dies sei fast eine Verdopplung gegenüber dem Jahr zuvor gewesen. Die meisten Delikte wurden bundesweit dabei der PMK-links zugeordnet.

Um 28,26 Prozent auf 15.050 gesunken sei die Zahl der Straftaten mit dem Oberangriffsziel „Staat“. Auch hier spielten coronabezogene Fälle eine Rolle. Allerdings sei bereits im Vorjahr die Zahl der Angriffe auf Amts- und Mandatsträger um 29 Prozent auf etwa 5.400 gestiegen.

Der Einfluss des Gaza-Krieges auf die PMK

Die signifikantesten Zuwächse im Bereich der PMK gab es im Vorjahr unterdessen in den Phänomenbereichen „ausländische Ideologie“ (5.170 Straftaten; plus 33,04 Prozent) und „religiöse Ideologie“ (1.458 Straftaten; plus 203,12 Prozent).

Um Gewalttaten handelte es sich bei Erstgenannter, der unter anderem linksextreme Palästinenserorganisationen zuzuordnen sind, in 491 Fällen (plus 31,9 Prozent). Die „religiöse Ideologie“ spielte in 90 Fällen bei Gewalttaten eine Rolle (plus 76,47 Prozent). In beiden Fällen ist ein eindeutiger Zusammenhang mit dem Massaker der terroristischen Hamas am 7. Oktober 2023 in Israel und mit der daran anschließenden Antiterroroperation zu erkennen.

Hatten im Jahr 2022 lediglich 61 in der PMK erfasste Straftaten einen Bezug zum Nahostkonflikt, waren es im Vorjahr 4.369 Vorfälle – und damit mehr als das Siebzigfache davon. Dessen Zuspitzung infolge des Terrors der Hamas bewirkte auch eine Zunahme im Bereich der „Hasskriminalität“. Dort war 2023 ein Plus von 95,53 Prozent insgesamt zu verzeichnen. In Zahlen ausgedrückt waren es 5.164 Fälle. Von diesen ereigneten sich 52,9 Prozent nach dem 7. Oktober.

Im Internet kam es im Jahr 2023 zu etwa 8.000 Fällen von Hasskriminalität. Dies entspricht einer Steigerung um rund 136 Prozent gegenüber 2022. In solchen Bereichen ist jedoch von einer erheblichen Dunkelziffer auszugehen, weil viele Vorfälle gar nicht erst zur Anzeige gelangen.

„Mythos des Schuldkultes von links“ trägt ebenfalls zu Antisemitismus bei

Während der Pressekonferenz der Opferverbände rechtsextremer und rassistischer Gewalt betonten Teilnehmer, der zunehmende Antisemitismus sei nicht ausschließlich auf ausländische oder religiöse Ideologien zurückzuführen.

Der Direktor der Gedenkstätten für die früheren nationalsozialistischen Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, äußerte:

„Wir werden seit Jahren mit Hetze und Hass aus dem rechtsextremen Milieu, aber auch aus der AfD und ihrem Vorfeld konfrontiert.“

Es sei vor allem dieses Spektrum, dem zahlreiche Hassmails, telefonische Beschimpfungen, Provokationen bei Führungen und abgesägte Gedenkbäume zuzuordnen seien. Die AfD verleihe durch ihre Abwertung der Erinnerungskultur als „Schuldkult“ diesen „eine gewisse Legitimität“.

Ein ähnliches Phänomen sei jedoch auch in der linksextremen Szene zu finden. Dort werde das „Palästina“-Narrativ entsprechend adaptiert, etwa in Parolen wie „Free Palestine from German guilt“. Dies sei nichts anderes als der „Mythos des Schuldkultes von links“, so Wagner. Aber, so fügte er hinzu:

„Es gibt keinen guten und schlechten Antisemitismus. Antisemitismus ist immer schlecht.“



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