Pleitewelle: Deutlich mehr Unternehmensinsolvenzen im ersten Quartal
Die Pleitewelle in Deutschland nimmt Fahrt auf. Das zeigen drei prominente Beispiele, die kürzlich Insolvenz anmelden mussten: der Buchhändler Weltbild, der Rewe-Biokäse-Lieferant Monte Ziege und der Reiseveranstalter FTI.
Legten Unternehmensinsolvenzen 2023 gegenüber dem Vorjahr bereits um 23 Prozent zu, hat sich dieser Trend in den ersten Monaten von 2024 noch einmal verstärkt.
Ende letzten Jahres ordnete Creditreform Wirtschaftsforschung die Zahlen in einen größeren Zeitrahmen ein: „Über zehn Jahre waren die Unternehmensinsolvenzen rückläufig – nun kommen sie mit Wucht zurück.“
Diese Wucht in Nummern hat jetzt das Statistische Bundesamt (Destatis) mit aktuellen Zahlen zu Insolvenzen in Deutschland veröffentlicht: Firmeninsolvenzen haben im ersten Quartal von Januar bis März deutlich zugenommen. Die Amtsgerichte meldeten mit 5.209 beantragten Unternehmensinsolvenzen 26,5 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Die Zahl lag demnach 11,2 Prozent über dem Wert von 2020, dem Vergleichsquartal vor der Corona-Krise.
Anstieg im zweistelligen Bereich
Schon im April 2024 hatten Firmeninsolvenzen um 28,5 Prozent gegenüber April 2023 zugenommen. Auch für den Monat Mai wurden bereits vorläufige Zahlen gemeldet. Die Zahl der Unternehmens- und der Privatinsolvenzen nahm demnach um 25,9 Prozent im Vergleich zum Vormonat zu. Seit letztem Juni steigen damit die bei den Amtsgerichten beantragten Regelinsolvenzen von Firmen und Verbrauchern zweistellig an.
Bezogen auf 10.000 Unternehmen gab es im 1. Quartal 2024 in Deutschland insgesamt 15,2 Unternehmensinsolvenzen, so die Wiesbadener Statistiker. Die meisten Insolvenzen je 10.000 Unternehmen entfielen auf den Wirtschaftsbereich „Verkehr und Lagerei“ mit 29,6 Fällen, gefolgt vom Baugewerbe mit 23,5 Fällen, den sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (zum Beispiel Zeitarbeitsfirmen) mit 23,0 Fällen sowie dem Verarbeitenden Gewerbe mit 20,3 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen.
Höchste Insolvenzdichte in Berlin
Die höchste Insolvenzdichte gab es laut Analyse des Informationsdienstleisters CRIF in der Hauptstadt. Im ersten Quartal 2024 wurden in Berlin 28 Insolvenzen je 10.000 Unternehmen verzeichnet. Der Bundesdurchschnitt lag bei 17. Über diesem Wert rangieren neben Berlin auch Hamburg (22), Nordrhein-Westfalen und das Saarland (je 21). Die wenigsten Firmenpleiten gab es demnach in den ersten drei Monaten des Jahres in Bayern, Brandenburg und Thüringen (je zwölf Fälle je 10.000 Unternehmen). Aufgrund der aktuellen Entwicklungen hatte CRIF auch die Prognose für das Gesamtjahr 2024 auf 20.500 Firmeninsolvenzen nach oben korrigiert; Anfang März waren die prognostizierten Jahreszahlen noch 19.800 (Insolvenzen).
Dieser Trend hat bis jetzt nicht seinen Zenit überschritten. Konkrete Zahlen sollen dazu eine Untersuchung des Kreditversicherers Allianz Trade liefern. Nach dieser Studie ist in Deutschland im laufenden Jahr mit knapp 20.000 Unternehmensinsolvenzen (Stand Ende Februar 2024) zu rechnen. Aufs Jahr gerechnet wird ein Anstieg der Unternehmensinsolvenzen um 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr prognostiziert. Laut der Allianz-Analysten sollen sich erst 2025 die Insolvenzen aufgrund der erwarteten Erholung der deutschen Wirtschaft „auf einem etwas stabileren Niveau einpendeln (19.860 Fälle)“.
Nachholeffekt aus Corona-Zeiten?
Auch Professor Steffen Müller, Leiter der Insolvenzforschung am Institut für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH), erwartete noch im April, dass spätestens im Juni 2024 die Insolvenzzahlen wieder sinken.
Gegenüber dem „MDR“ sagte Müller, die schwierige konjunkturelle deutsche Wirtschaftslage sei schuld an den hohen Insolvenzzahlen in Kombination mit einer Art Nachholeffekt aus der Pandemie. Viele ohnehin schwache Firmen hätten zu C-Zeiten Unterstützung bekommen und seien vor der Insolvenz gerettet wurden, die sie jetzt teilweise zurückzahlen müssten. Für sie sei dies nun besonders schwierig, viele davon müssen jetzt aus dem Markt gehen.
Besonders betroffen sei der Bausektor, auch durch die teuer gewordene Baufinanzierung. Hohe Zinsen drückten die Nachfrage und längst begonnene Bauprojekte rechnen sich im Moment nicht mehr. Viele Bauunternehmen müssen deshalb in Insolvenz gehen.
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