Pleite Anfang 2025: Pflegevollversicherung soll die Pflegekosten sichern

Bayerns Gesundheitsministerin Gerlach fordert eine parteiübergreifende Lösung und schlägt eine Pflegevollversicherung vor. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will im Herbst ein Konzept vorlegen.
Rote Zahlen in der Pflegeversicherung: Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant Stabilisierungsaktion. (Archivfoto)
Rote Zahlen in der Pflegeversicherung: Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) steht unter Druck.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Von 7. Oktober 2024

Die finanzielle Lage der gesetzlichen Pflegeversicherung ist einem Medienbericht zufolge deutlich schlechter als bislang öffentlich bekannt. Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) unter Berufung auf Koalitionskreise berichtete, droht nach aktueller Einschätzung der Bundesregierung ohne ein Eingreifen bereits im kommenden Februar eine Zahlungsunfähigkeit. In der Ampel-Koalition laufen demnach bereits Gespräche, wie dies noch zu verhindern ist.

Erhöhung muss die Pflege bis Frühjahr 2026 tragen

Laut dem Bericht des RND reicht die von den Krankenkassen bisher prognostizierte Erhöhung des Beitragssatzes um 0,2 Prozentpunkte nicht aus, um die Pflegeversicherung vor einer Pleite zu bewahren. In der Regierung werde vielmehr von einem Bedarf in Höhe von 0,25 bis 0,3 Prozentpunkten ausgegangen, hieß es. Als Begründung wird demnach auf eine längere Phase der Regierungsbildung nach der Bundestagswahl 2025 verwiesen. Deshalb müsse die Erhöhung so ausfallen, dass das Geld mindestens bis zum Frühjahr 2026 ausreiche.

Derzeit gilt in der Pflegeversicherung ein allgemeiner Beitragssatz von 3,4 Prozent, Kinderlose zahlen vier Prozent, für Familien mit mehr als einem Kind unter 25 Jahren gibt es Abschläge. Eine Beitragserhöhung von 0,3 Punkten für die Pflegeversicherung käme laut dem RND-Bericht noch zu dem in der Krankenversicherung erwarteten Plus von 0,7 Prozentpunkten hinzu. Damit könnten die Sozialbeiträge zum Jahresanfang 2025 so stark steigen wie seit mehr als 20 Jahren nicht mehr.

Lauterbach soll alle an einen Tisch holen

Bayerns Gesundheits- und Pflegeministerin Judith Gerlach hat die Bundesregierung aufgefordert, rasch eine „Zukunftskommission Pflege“ für die geplante Pflegereform einzurichten. Gerlach betonte am vergangenen Donnerstag: „Die Pflegereform ist die größte notwendige Weichenstellung im Gesundheitssystem neben der Krankenhausreform. Wir brauchen dafür einen Schulterschluss aller Akteure und keinen Schnellschuss der Bundesregierung. Deswegen sollte Bundesgesundheitsminister Lauterbach jetzt die Forderung Bayerns nach einer Zukunftskommission für die Pflege aufgreifen.“

Ihrer Ansicht nach müssten in einer Kommission neben Bund und Ländern auch die Kranken- und Pflegekassen sowie Pflegeexperten und Vertreter von Pflegeanbietern mitwirken. Zudem sollten Vertreter der Pflegeberufe und der pflegenden Angehörigen mit dabei sein, so Gerlach. Man benötige ein parteiübergreifendes Pflegekonzept für die die kommenden Jahrzehnte. „Dazu gehört auch, dass die jüngeren Generationen gut damit leben können, die einen großen Teil der finanziellen Verantwortung mittragen“, erklärte Gerlach weiter.

Man habe weder Zeit zu verlieren, noch sich in Streitigkeiten zu verzetteln. Sie fordere Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf, „alle Akteure“ zwecks Konzeption „an einen Tisch zu holen“. „Wir müssen bei der Pflege über Parteigrenzen und Wahltermine hinausdenken. Eine einseitige und diktierte Lösung wie bei der Krankenhausreform wird Kollege Lauterbach in der Pflege noch weniger durchsetzen können und schadet am Ende vor allem den Pflegebedürftigen und den nachfolgenden Generationen.“

Um die Finanzierung langfristig sicherzustellen, müsse die Bundesregierung ferner ihrer Ankündigung im Koalitionsvertrag nachkommen und die versicherungsfremden Leistungen aus Bundesmitteln finanzieren. „Auch das Thema einer Pflegevollversicherung sollte ohne Denkverbote geprüft und in der Diskussion bedacht werden“, fordert die bayerische Ministerin.

Verbandschefin: Politik fährt die Pflege gegen die Wand

Die Vorsitzende des Sozialverbands Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, hatte eine Pflegevollversicherung im Juli 2024 gefordert (Epoch Times berichtete). „Wir brauchen eine Pflegevollversicherung, in die alle einzahlen müssen – auch Beamte und Selbstständige. Sonst kollabiert das System“, sagte sie seinerzeit. Es komme „sozialer Sprengstoff ungeahnten Ausmaßes auf uns zu. Viele Pflegebedürftige, die eine kleine Rente haben, müssen bis zu 3.200 Euro im Monat im Heim trotz Zuschüssen dazu zahlen. Das kann sich niemand mehr leisten, wenn durchschnittliche Renten von 1.200 Euro die Regel sind. Die Politik fährt die Pflege sehenden Auges gegen die Wand“, kritisierte die Verbandschefin.

Aus der CDU kamen im August 2024 Forderungen nach einer Pflegevollversicherung. Wie die „Welt“ berichtete, haben die Landesverbände in Sachsen und Nordrhein-Westfalen ein Konzept ausgearbeitet. Dabei werde die derzeitige Absicherung in eine Vollversicherung geändert. Diese soll dann die Ausgaben für die Pflege komplett übernehmen.

Lauterbach betonte, das Thema noch vor den Bundestagswahlen angehen zu wollen. Ein Konzept solle nach der parlamentarischen Sommerpause vorgelegt werden, kündigte er im Juni 2024 an.



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