Pflichtversicherung für Elementarschäden: Seit Jahren umstritten
Die Pflichtversicherung für Elementarschäden ist seit Jahren heftig umstritten. Bislang ist eine Versicherung gegen Schäden durch Naturkatastrophen freiwillig – und oft sehr teuer. In manchen Risikoregionen ist sie gar nicht zu bekommen.
Was sind Elementarschäden?
Das sind Schäden, die durch das Wirken der Natur hervorgerufen werden, also etwa Hagel, Sturm ab Windstärke acht, Überschwemmung, Erdbeben, Erdsenkung oder Schneedruck.
In Deutschland sind laut Gesamtverband der Versicherer (GDV) etwas mehr als 50 Prozent aller Privathäuser gegen Elementarschäden wie Hochwasser und Überschwemmung versichert – eine zu geringe Quote, denn: „Starkregen kann überall auftreten und Schäden verursachen.“
Die Quoten sind je nach Bundesland sehr unterschiedlich – in Baden-Württemberg sind 94 Prozent versichert, in Bremen 31 Prozent.
Welche Versicherung ist möglich?
Sturm- und Hagelschäden und Schäden nach Blitzeinschlag sind über die Gebäudeversicherung und die Hausratversicherung abgesichert.
Für andere Schäden ist die Elementarschadenversicherung erforderlich, die in Kombination mit der Gebäude- oder Hausratversicherung abgeschlossen werden kann oder als Erweiterung.
Bestimmte Schäden werden damit aber nicht abgedeckt, warnt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) – etwa Schäden durch Grundwasser, das nicht an die Oberfläche gelangt.
Das Auto können Besitzer mit einer Teilkaskoversicherung gegen Elementarschäden absichern, wie das Verbraucherportal Finanztip rät.
Was zahlt eine Versicherung?
Hauseigentümern mit Elementarschadenversicherung in der Gebäudeversicherung zahlt die Versicherung Reparaturen im und am Haus und Kosten für Trockenlegung oder Sanierung. Ist ein Haus nicht mehr bewohnbar, übernimmt die Versicherung auch Abriss und Neubau, so der GDV.
Wie rechnen die Versicherer?
Ein Versicherungsunternehmen entscheidet nach dem Schadensverlauf der letzten Jahre oder Jahrzehnte, ob er einem Hauseigentümer eine Police verkauft.
Viele Versicherer richten sich nach dem „Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen“ (Zürs) mit vier Klassen.
In Klasse eins ist ein Hochwasser statistisch gesehen seltener als alle 200 Jahre – in Klasse vier dagegen kommt es statistisch einmal in zehn Jahren oder öfter vor. Auch ein Bach im näheren Umkreis beeinflusst die Einstufung.
Eigentümer eines Hauses in Gefährdungsklasse vier haben laut vzbv nur eine Chance auf Elementarschutz, wenn sie „extrem hohe Versicherungsbeiträge“ zahlen.
Laut Finanztipp betrug der Aufschlag für eine Elementarabsicherung Ende 2022 zwischen acht und 580 Prozent. Eine Versicherung kann den Versicherungsschutz auch verweigern.
Vorteile & Nachteile einer Pflichtversicherung?
Seit der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 fordern schon Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz eine Pflichtversicherung für alle privaten Wohnungseigentümer, unabhängig von der Gefährdungsklasse. Menschen in sicheren Regionen würden so Versicherungen für Menschen in Risikoregionen günstiger machen.
NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) sagte dazu kürzlich im WDR, aktuell würden die Kosten von Naturkatastrophen vom Steuerzahler getragen – „die Bürger werden sowieso indirekt zur Kasse gebeten“.
Vor allem die FDP ist gegen die Pflichtversicherung. Ihr Justizminister Marco Buschmann argumentiert, eine solche Pflicht würde die Wohnkosten für alle erhöhen, weil Eigentümer die Kosten auf Mieterinnen und Mieter abwälzen würden.
Der Eigentümerverband Haus & Grund betont, eine Pflichtversicherung verhindere keinen einzigen Schadensfall.
Was schlagen die Versicherer vor?
Der GDV legte 2021 nach der Ahrtalkatastrophe ein „Gesamtpaket“ vor. Die Unternehmen schlagen eine Kombination aus weiterhin freiwilliger Versicherung, Beteiligung des Staates im Katastrophenfall und mehr staatliche Investitionen in Schutzmaßnahmen vor.
Bereits geschlossene Gebäudeversicherungen würden zu einem Stichtag automatisch auch Elementarschutz enthalten – sofern die Kunden nicht widersprechen. Der GDV fordert zudem „klare Bauverbote“ in hochwassergefährdeten Gebieten.
Dies Paket wäre laut Verband schneller umzusetzen als eine Pflichtversicherung, mit weniger „Eingriffen in einen funktionierenden Markt für Naturgefahrenversicherungen“.
Wie geht es weiter?
Am 20. Juni trifft sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Ministerpräsidenten der Länder. Geplant sind Beratungen auch über die Pflichtversicherung.
Bis dahin sollen die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe mit Vertretern von Bund, Ländern und Experten zum Thema vorliegen. Sie hatte im Herbst 2023 mit Beratungen begonnen. (afp/red)
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