Petition über unangekündigte Tests in bayerischen Schulen schlägt Wellen

Die Petition einer bayerischen Schülerin sorgt weiterhin für Diskussionen, auch im Landtag. Daran ändert auch das Machtwort des Ministerpräsidenten Markus Söder nichts.
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Unangekündigte Tests sorgen bei vielen Schülern für Stress. Das könnte sich in Zukunft in Bayern ändern.Foto: Daniel de la Hoz/iStock
Von 2. Oktober 2024

Der Streit in Bayern um unangekündigte Tests – sogenannten Exen – der mit der Petition einer Schülerin Fahrt aufgenommen hat, schwelt weiter. Nachdem Kultusministerin Anna Stolz (Freie Wähler) sich zunächst offen für Reformen gezeigt hatte, sprach Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am 18. September auf einer Fraktionsklausur ein Machtwort: „Exen und Abfragen werden natürlich bleiben.“

Das sorgte für Kritik, wie Epoch Times berichtete. Auch der Bayerische Elternverband sowie Florian Kohl, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Bayern, bemängeln Söders Vorgehen.

Am 24. September veröffentlichte der Bayerische Elternverband e. V. einen offenen Brief. Söder habe mit seiner Aussage „unser Vertrauen in Demokratie und Rechtsstaat abermals schwer beschädigt“ und den zur Verbesserung des Bildungssystems notwendigen Diskurs ausgehebelt, so der Vorwurf.

Im Gegensatz dazu begrüßten die Eltern den neuen Dialogstil des Kultusministeriums. „Der offene und tabufreie Austausch mit Experten und Verbänden ist überfällig, um den über Jahrzehnte angehäuften Reformstau in der Bildungspolitik anzugehen“, heißt es in dem Dokument.

Der angekündigte Dialog zur Zukunft von Prüfungen und Tests wäre ein wichtiger Schritt gewesen, um gemeinsam Lösungen zur Sicherung der Bildungsqualität zu erarbeiten. Doch diesen Prozess habe Söder mit seiner Intervention zunichtegemacht – und dies nicht zum ersten Mal.

Entscheidungen im Alleingang

Der Elternverband erinnert daran, dass der Ministerpräsident bereits im Januar bei der Grundschulreform, der sogenannten „PISA-Offensive Bayern“, mit seinem „Machtwort“ die Bemühungen um „echte Qualitätsverbesserungen“ im Unterricht behindert habe.

Damals stellte Stolz ihre Pläne vor, nach denen die Wochenstundenzahl in Mathematik und Deutsch in den Grundschulen erhöht werden sollte. Andere Fächer sollten gekürzt werden – bis auf den Sportunterricht standen alle Fächer zur Diskussion, auch Religion. Söder wiederum stellte mit Blick auf die Wertevermittlung im Religionsunterricht wenige Tage später – ebenfalls nach einer Klausurtagung – Ende Januar klar: „Bei Religion wird nicht gekürzt.“

Die Eltern werfen Söder vor, mit seiner „Eigenmächtigkeit“ gegen die verfassungsmäßige Ordnung der Staatsregierung zu verstoßen und das Petitionsrecht zu untergraben.

„Verbände und Experten, die mit Vorschlägen und Engagement zur Dialogrunde [zur PISA-Offensive Bayern] anreisten, mussten feststellen, dass das Ergebnis bereits im Vorfeld Ihrer Regierungserklärung feststand – ohne Raum für echte Entwicklung“, kritisiert der Elternverband, der sich dagegen wehrt, dass Söder zentrale Bildungsfragen „offensichtlich im Alleingang“ entscheidet.

GEW: Petition ist „perfektes Beispiel für gute Bildung“

Der GEW-Vize Kohl lobte das Vorgehen der Schülerin, die eine Petition gegen die unangekündigten Tests gestartet hatte, als „perfektes Beispiel für gute Bildung“. Sie habe einen Missstand erkannt, sich über demokratische Möglichkeiten der Abstimmung informiert und ihre Petition bei Verbänden, Gewerkschaften, Eltern und Mitschülern in relativ kurzer Zeit bekannt gemacht, sodass selbst die Ministerin dieses Thema auf ihre Agenda gesetzt hatte.

Doch dann habe Söder ein Machtwort gesprochen. „Als Lehrer, Pädagoge und überzeugter Demokrat schlage ich die Hände über dem Kopf zusammen ob dieses unsäglichen Verhaltens gegenüber einer 17-jährigen Schülerin, die sich mit Gleichgesinnten auf den Weg gemacht hat, ein gemeinsames Interesse in den demokratischen Prozess einzubringen“, schreibt Kohl in seiner Erklärung.

So dürfe man als demokratisch gesinnter Ministerpräsident nicht agieren. „Das ist dieses Amtes unwürdig“, findet er. Als Pädagoge erwarte er eine Entschuldigung bei den betroffenen Schülern und die Zusage, dass diese Petition den ihr zugedachten demokratischen Weg gehen wird.

Debatte im Landtag endet im „Dialogprozess“

Die Petition zur Abschaffung unangekündigter Leistungsnachweise in Bayern läuft weiterhin auf der Plattform Campact. Sie hat inzwischen über 21.600 Unterzeichner (Stand 1. Oktober) erreicht. Inwieweit diese dem Petitionsausschuss des Bayerischen Landtags vorgelegt wird, bleibt abzuwarten. Dennoch wurde im Parlament am 26. September die Thematik debattiert. Nachdem Söder eine Diskussion zum Thema „Exen“ abgelehnt hatte, hatten zwei Parteien jeweils einen Dringlichkeitsantrag eingebracht.

Die SPD forderte die bayerische Regierung auf, „unangekündigte schriftliche und mündliche Leistungsnachweise (Stegreifaufgaben, Rechenschaftsablage) an allen Schularten, an denen sie noch durchgeführt werden, abzuschaffen und dies in der geeigneten gesetzlichen Grundlage zu verankern“.

Bündnis 90/Die Grünen setzten sich für„zeitgemäße Prüfungsformate“ ein, darunter die Integration von Projektarbeiten, Präsentationen und praktische Aufgaben sowie individualisierte Prüfungen, die auf die Lerngeschwindigkeit der Schüler abgestimmt werden sollen. „Prüfungen sollten nicht nur Wissen abfragen, sondern auch Kompetenzen wie Problemlösungsfähigkeiten, Kommunikationsfähigkeiten und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit bewerten“, so die Grünen.

Beide Anträge wurden abgelehnt. Am Ende der Landtagsdebatte am 26. September hat Kultusministerin Stolz jedoch betont, dass die Thematik in einem „Dialogprozess“ weiter erörtert werde. Dabei gehe es nicht nur um unangekündigte Leistungstests, sondern um „innovative, zeitgemäße Prüfungsformate“ sowie um die Anzahl und die Inhalte.

Klar sei schon jetzt: „Es gibt keine pauschalen Lösungen für alle Schulen.“ Auch unangekündigte Leistungstests könnten dazu beitragen, damit Schüler mit Drucksituationen umgehen können, um sie „stark und damit fürs Leben fit [zu] machen“, so Stolz. Schnellschüsse seien sicherlich nicht der richtige Weg, genauso wenig wie generelle Verbote.



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