Pennys „Wahre Kosten“-Aktion: Was hat sie gebracht?

Während die große mediale und gesellschaftliche Aufmerksamkeit gegenüber der Penny-Aktion den dahinter stehenden Wissenschaftlern gezeigt habe, „dass wir da so ein Stückchen den wunden Punkt getroffen haben“, gab es auch massive Kritik.
Titelbild
Penny gehört zu REWE.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 13. August 2023

Nach einer turbulenten Woche endet die besondere Aktionswoche des zur REWE-Gruppe gehörenden Lebensmitteldiscounters. Er hatte für sechs Tage neun Produkte mit „eingepreisten Umweltfolgekosten“ und damit deutlich teurer als sonst verkauft.

Ausgangspunkt für die von einigen Verbänden und offenbar auch Kunden als Greenwashing-PR-Aktion bezeichneten Woche war ein wissenschaftliches Projekt. Es wurde von Amelie Michalke von der Universität Greifswald und Tobias Gaugler von der Technischen Hochschule Nürnberg durchgeführt.

Für sie hat die große mediale und gesellschaftliche Aufmerksamkeit gegenüber der Aktion gezeigt, „dass wir da so ein Stückchen den wunden Punkt getroffen haben“, so Gaugler gegenüber der ARD.

Forscher: Klimawandel, Fettleibigkeit, Kinderarbeit und Plastikverschmutzung wurden eingepreist

Dabei waren es neun von insgesamt über 3.000 Artikeln im Sortiment, die es betraf. Vier davon waren Bio- und fünf konventionell hergestellte Produkte.

Die Auswahl traf dabei Penny, verrieten die Wissenschaftler. Sie hätten laut eigener Aussage gern die „wahren“ Preise für eine breite Palette von Produkten berechnet, eingeschlossen verschiedene pflanzliche. Dort wäre offenbar die Preisdifferenz nicht so groß ausgefallen.

„Ich kann verstehen, dass man kritisiert, dass diese Auswahl getroffen wurde, die vor allem von Penny intern auch getroffen wurde“, sagt Michalke zur ARD. „Aber die Message wäre keine andere gewesen.“

Wie genau die Wissenschaftler die Folgekosten berechneten, ist unklar. Nach eigenen Angaben bezogen sie dabei die Auswirkungen der Produktion auf Umwelt, Wasser, Boden und Gesundheit, die normalerweise nicht von den Kunden an der Kasse beglichen werden, ein. Dazu gehörte auch der CO₂-Ausstoß, also Auswirkungen auf den sogenannten Klimawandel, aber auch Fettleibigkeit, Kinderarbeit und Plastikverschmutzung. Die Kosten dafür würden normalerweise von der gesamten Gesellschaft getragen.

Mit den Preissteigerungen wollte der Discounter nach eigenen Angaben auf Umweltschäden durch die Lebensmittelproduktion hinweisen. Die Reaktionen vielen allerdings gemischt aus. Insbesondere die Kritiker der Aktion sahen darin einen Versuch des Discounters, sein Image aufzupolieren.

Heftige Kritik durch Verbände

Besonders heftige Kritik kam von mehreren Verbänden. So kritisieren die Freien Bauern, eine Interessenorganisation der bäuerlichen Familienbetriebe, dass laut Sektoruntersuchung des Bundeskartellamtes die vier großen Ketten Edeka, Aldi, Lidl und REWE – wozu auch Penny gehört ­– mehr als drei Viertel des Lebensmitteleinzelhandels kontrollieren würden und ihre Marktmacht gnadenlos ausnützten: „Mit einer zwanzigprozentigen Preissenkung könnte man schon mal die positiven Auswirkungen simulieren, die eine Entflechtung der Monopole für die gesamte Gesellschaft hätte, schlagen sie vor.

„Mehr Wettbewerb, niedrigere Verbraucherpreise, höhere Erzeugerpreise und auch der Handel dazwischen würden dann selbstverständlich nicht am Hungertuch nagen“, so Alfons Wolff, Bundessprecher der Organisation.

Daher habe man an Penny geschrieben und ihnen vorgeschlagen, nach Beendigung der Aktion „Die wahren Kosten“ die Aktion „Die wahren Absahner“ zu starten und seine Preise für Lebensmittel eine Woche lang um mindestens 20 Prozent zu senken.

Positiv überrascht haben den 63-jährigen Ackerbauern aus Hohenthurm in Sachsen-Anhalt die vielen kritischen Kommentare in den Medien, die die Doppelzüngigkeit des Discounters entlarven. Für die Organisation stellt die Aktion „dümmliche Propaganda“ dar. Der Deutsche Bauernverband bezeichnete die Aktionswoche als „Greenwashing“. Foodwatch nannte sie einen reinen PR-Trick.

Penny erwartet einstelligen Millionenverlust

Offenbar schätzt das Unternehmen den langfristigen Nutzen hoch ein. Denn Penny erwartet einen einstelligen Millionenverlust durch die Aktion aufgrund der Zurückhaltung von Kunden durch den höheren Preis.

Allerdings gibt es durch den höheren Verkaufspreis bei den neuen Artikeln auch Zusatzeinnahmen. Die Differenz zwischen dem normalen Verkaufspreis und dem „Wahre Kosten“-Preis möchte Penny inklusive einer Spende vollständig an ein Projekt namens „Zukunftsbauer“ überweisen. 375.000 Euro sollen dies insgesamt sein, die Penny so in einen Förderfonds des Projektes spendet. Damit sollen familiengeführte Bauernhöfe im Alpenraum bei energieeffizienten Optimierungsmaßnahmen unterstützt werden.

Für die beiden Wissenschaftler des Projektes ist das Wunschziel, mithilfe einer soliden Datengrundlage die etablierten Strukturen im Lebensmittelbereich aufzubrechen.

Dazu wollen sie die Verkaufsdaten, Rückmeldungen und Ergebnisse aus qualitativen Umfragen, die sie während der Aktionswoche erfassten, nun anonymisieren und dann in eine gemeinsame Studie einfließen lassen. Anfang nächsten Jahres soll sie veröffentlicht werden.

Letztendlich soll die Studie dabei helfen, „dass diese externen Kosten erst gar nicht entstehen, dass wir gar nicht erst zahlen müssen, sondern dass das Ernährungssystem ganzheitlich nachhaltiger gestaltet wird“, erklärt Wirtschaftsingenieurin Michalke gegenüber ARD.



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