Pegida in Dresden: Das denken und sagen die Demonstranten!

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Pegida-Demo am 15.12. 2014 in Dresden.Foto: Getty Images
Von 17. Dezember 2014

Stimmungsbilder der großen Medien haben versucht, die Pegida-Demonstranten als dusselige Mitläufer darzustellen, als Hinterwäldler und Wutbürger. EPOCH TIMES war am Montag, beim „9. Abendspaziergang“ von Pegida in Dresden vor Ort und stellte fest: Viele freundliche Gesichter, Menschen aller Altersgruppen und mit sämtlichen Haarschnitten. Insgesamt eine sehr positive, friedfertige Stimmung. Nur sehr wenige, einzelne verbiesterte Gesichter. Sind das die vielbeschworenen Nazis? Richtig sauer waren die Demonstranten nur auf die „Lügenpresse“.

Auch dieser Artikel kann nur eine Grobskizze vom Phänomen Pegida sein, zumal wegen der großen Medien-Skepsis der Teilnehmer, die nur sehr ungern mit Journalisten sprechen, weil sie befürchten, dass ihnen das Wort im Mund herumgedreht wird.

Als Stein des Anstoßes kann bereits der Name Pegida wirken, eine Abkürzung von „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. Der Name ist kein klares Statement gegen islamistischen Terror, sondern klingt, je nach Auslegung, wie eine Anklage gegen den ganzen Islam – und diese Auslegbarkeit ist auch der Grund, der die aktuelle Medienschelte möglich macht und ähnlich verdächtig wirkt, wie Auslegbarkeit des Djihad. Was will Pegida wirklich? (Hier geht´s zum Pegida-Positionspapier vom 10. Dezember, das mittlerweile gelöscht wurde)

Wäre es klar formuliert eine Anti-Terror-Demo würde doch jeder sagen: Daumen hoch! Die meisten Demonstranten scheinen Pegida als so etwas aufzufassen. Und mittlerweile ist die Sache etwas vielfältig Schattiertes geworden, das sich schwer einordnen lässt. Die meisten Pegida-Demonstranten sehen sich als "ganz normale Menschen" und sagen von sich selbst: "Ich bin doch nicht rechts". Und die, die rechts sind, zeigen es nicht.

Pegida will nicht mit Medien reden

Aus der Pegida-Führungsriege heißt es, man gebe keine Interviews: „Wir sind damit sehr auf die Nase gefallen.“ Und ein Demo-Teilnehmer will aus dem Umfeld von Pegida-Gründer Lutz Bachmann erfahren haben: „Er ist einfach nur mediengeil und die Sache ist ihm aus dem Ruder gelaufen. Er hätte selbst nie gedacht, dass es so groß wird.“

Bei den Montagsmahnwachen treffen sich Menschen mit klaren Absichten und starke politische Ideologien sind dort präsent. Bei Pegida hat das Ganze keine eindeutige Richtung, ja man kann nicht mal eine klare Ideologie der Macher erkennen. Vielleicht gibt es eine versteckte Agenda, aber diese zeigt sich nicht an der Oberfläche. Es sieht so aus, als sagten Lutz Bachman und seine Mitstreiter, einfach das, was viele Dresdener denken. Eine Lösung haben sie auch nicht wirklich – ein Umstand, der ihnen oft zum Vorwurf gemacht wird. (Vielleicht wird Pegida ja von der Politik so sehr gefürchtet, weil hier Probleme angesprochen werden, für die die Politik selbst keine Lösung hat?) Aber öffentlich über Befindlichkeiten reden, das hilft den hier Versammelten schon mal sehr; das hat auf der emotionalen Ebene eine erleichternde Wirkung.

Gestern drehte sich die Demo sehr um sich selbst. Das beherrschende Thema war, wie die Medien mit der wachsenden Bewegung umgehen – Beschimpfungen als Volksverräter, „Schande Deutschlands“, Rattenfänger. Die Medienaktivitäten der vergangenen Tage waren natürlich eine Steilvorlage. Die spannende Frage ist auch: Wer der hier Anwesenden sieht wirklich im Islam eine Bedrohung? Ein älterer Herr, der ein DinA4-Schild mit einer durchgestrichenen Moschee in die Höhe hält, ganz sicher. Ein ausführliches Banner, das vor salafistischen ISIS-Werbern warnt, die sich als Koranverteiler tarnen, ist da schon differenzierter.

Dem Beobachter drängt sich der Eindruck auf, das eigentliche Phänomen, was Politiker und Medien hier als Gefahr betrachten, ist, dass Menschen anfangen, frei politisch unkorrekte Meinungen zu äußern. Und dass der Ruf „Wir sind das Volk“ auf einmal wellenartig durch eine große Menschenmasse schallt.

Wir sind das Volk“

„Es ist ein bisschen wie 1989. Man beginnt wildfremden Menschen von seinen Gefühlen zu erzählen. Genau wie damals, mit dem Unterschied, dass es damals noch gefährlicher war, zu reden. Man wusste ja nicht, ob der andere zur Stasi gehört“, erzählt ein gutgelaunter Dresdener, über fünfzig und bekennend schwul. Mit einer Regenbogen-Peace-Fahne wedelt er uns vor der Nase herum und grinst: „Sieht das aus wie ´ne Nazi-Flagge?“. Er selbst ist erst zum zweiten Mal bei der Demo.

Wenn der Damm und die Skepsis gebrochen sind, dann erzählen die Demo-Teilnehmer freimütig und haben auch wirklich etwas zu sagen. Wie der Peace-Flaggen-Träger, der zum Beispiel von den noch unverheilten Narben der deutschen Wiedervereinigung sprudelt. Was das damals für ein Schock war, als die DDR von heute auf morgen nicht mehr existierte und die ganze geregelte Vollversorgung mit Sozialversicherungen und Kitas nicht mehr da war. Wie man sich auf einmal um Dinge kümmern musste, die einem der Staat vorher vollständig abgenommen hatte (und zu denen auch die Kinder der eben noch vollbeschäftigen DDR-Mütter gehört hatten). „Um Islam geht’s doch bei der ganzen Pegida-Sache nicht wirklich“, findet er. Viel wichtiger sei doch für die Leute das Erlebnis, gemeinsam etwas bewegen zu können.

Auch ein 60-jähriger Rockmusiker aus der Region Dresden erzählt freimütig, was er denkt. Er sei auf keinen Fall gegen Asylanten, aber gegen Asylmissbrauch. Gegen intransparenten Umgang mit Geld. Er sei besorgt, dass sich Pakistanis und Inder wegen ethnischer Konflikte in Asylbewerberheimen gegenseitig abstechen und die öffentliche Hand ihre Krankenhausaufenthalte bezahlen muss. Oder dass Kommunen von oben eine Zahl von Flüchtlingen verordnet wird, die sie aufnehmen müssen, auch wenn sie das gar nicht finanziell stemmen können – zumindest nicht ohne Abstriche für die eigene Bevölkerung. Das müsse man doch irgendwie anders lösen können. Mehr Mitbestimmung, weniger von oben regiert werden ist sein Hauptthema.

Apropos Hauptthema: Dass politischen und Kriegsflüchtlingen geholfen werden muss, steht für ihn und viele andere, die wir an diesem Abend treffen, außer Frage. Erinnerungen an den zweiten Weltkrieg werden von den Älteren immer wieder aufgebracht. Und ein Nein zu einem neuen Krieg der Nato gegen Russland wird mehrfach auf Transparenten ausgesprochen: „Kein Krieg mit Russland steht da, „Nie wieder Krieg von deutschem Boden“ und „Weg mit der Kriegshetzer-Regierung“.

Wo ist da der Unterschied?

Das liest man doch auch auf den Montagsmahnwachen, die in Berlin und anderen deutschen Städten seit geraumer Zeit stattgefunden haben. Auch sie wurden und werden in den großen Medien totgeschwiegen oder diskreditiert, lösten aber nicht annähernd einen Hype wie Pegida aus. Warum nur? Zwar werden auch die Montagsdemonstranten in die Nazi/Antisemitismus (und nicht zuletzt auch die Verschwörungs-) Schublade gesteckt. Trotzdem scheinen sie jedoch nicht so bekämpfenswert wie Pegida zu sein. Liegt es an dem Thema Islam, das hier berührt und zum Aufreger wird?

Die Dynamik, mit der über die Pegida-Demonstranten in den vergangenen Wochen medial hergezogen wurde, ist einzigartig und ironischerweise die beste Werbung für die Initiative. Denn selbst unbedarfte Menschen kommen wegen des Medienrummels zur Pegida-Demo, um sich vor Ort eine eigene Meinung zu bilden. Und schwups, waren´s gestern wieder 5000 Teilnehmer mehr. Manche besuchen auch die Gegendemos, um sich umfassend ihre Meinung zu bilden.

Meinungsbildung ist das Stichwort

Sind es nicht gerade Politik und Medien, die sich im Umgang mit Pegida selbst bloßstellen? Aus der Sicht vieler Dresdener, die die Entwicklung der Pegida-Geschichte brennend interessiert, sind die Kräfte der Antifa die wahren Randalierer und Unruhestifter, über die falsche Informationen in Umlauf gebracht wurden.

Gegendemo gefährlicher als Pegida?

Wer bei der Anti-Pegida-Demo der Antifa war, spürte, hier liegt Aggression in der Luft. Ausgerechnet diese Kundgebung wird von der Polizei besonders stark bewacht, mit Beamten, die um die 1,90 Meter groß sind. Durch die gepanzerte Schutzkleidung sehen sie noch imposanter und muskelbepackter aus. Angereist sind sie aus dem ganzen Bundesgebiet. 1000 Polizisten waren insgesamt in Dresden im Einsatz.

Die Antifa soll mit ihren Aktionen Pegida weiteren Zulauf beschert haben, erzählt uns später, als der Abend gelaufen ist, noch ein Tankwart. Vor zwei Wochen sei es eben genau anders herum gewesen, als in den Medien dargestellt: Die Antifa habe Feuerwerkskörper und Pflastersteine nach den Pegida-Leuten geworfen. In den Medien wurde dann verbreitet, Pegida hätte Böller auf die Gegendemo geschmissen. Diese blanke Verdrehung der Tatsachen vor ihrer eigenen Haustür hätte viele Dresdener sehr geärgert und sei ein entscheidender Faktor gewesen, dass die Woche darauf noch mehr Menschen zu Pegida kamen.

Weg vom Fernseher, raus auf die Straße

Die Frage ist, was passiert nächsten Montag? Geht die Dynamik jetzt immer so weiter? Werden es wieder mehr Demonstranten oder läuft Pegida sich irgendwann tot, wegen politischer Ziel- und Perspektivlosigkeit? Da die Organisatoren aussehen wie Politik-Laien, könnte man prognostizieren, Pegida ist langfristig zum Scheitern verurteilt und schafft es vielleicht nicht mal über den Winter. Spätestens wenn das Wetter kalt und eklig wird, kommen nur noch die Hälfte, meinte ein Pessimist.

Oder geht es jetzt erst richtig los und es kommen noch mehr und größere Demos in Deutschland? Auch diese Vermutung wurde geäußert. Die Schelte gegen das Phänomen Pegida deutet ja darauf hin, dass es gewisse Meinungen gibt, die „man“ oder „frau“ hier zu Lande gar nicht erst haben sollte – ein Zustand der einer Demokratie in höchstem Maße abträglich ist.

Einem kann man sich nicht entziehen: Wenn man gestern die Dialoge der Menschen in Dresden erlebt hat, blickt man positiv gestimmt in die Zukunft. Vielleicht implodieren die verunmenschlichten und sinnentleerten Institutionen, die uns unser Leben und unsere Ansichten vorschreiben wollen, ja eines Tages von selbst – ähnlich wie 1989 die Mauer fiel – und wir gehen als Gesellschaft mit all dem entstandenen Pluralismus einer völlig neuen Form des Zusammenlebens entgegen?

Ist Deutschland dabei, sich neu zu erfinden?

Die positive Lektion aus dem Pegida-Phänomen könnte eine Lektion gelebter Demokratie werden und unsere Gesellschaft inspirieren. Die Offenherzigkeit derer, die sich hier versammelt haben, wirkt erschütternd in einer Welt, in der alles nach einem scheinbar festgelegten Plan tickt; in der die üblichen Verdächtigen die immer gleichen Monologe führen und psychologische Tricks anwenden, um uns Konsumenten glauben zu machen, wir würden informiert und eine öffentliche Diskussion fände statt.

Anstatt dass jeder Einzelne in die öffentlich-rechtliche Röhre guckt und sich dort Panikstimmung und Alternativlosigkeit verklickern lässt, hat man gemeinsame Diskussion einer sich bewusster werdenden Gesellschaft erlebt.

Sogar zwischen den Meinungs-Lagern, die Dresden aktuell durchziehen, gibt es Begegnungen und Gespräche, auch wenn diese zuweilen hitzig ausfallen. Wie ein Austausch über die deutsche Wiedervereinigung zwischen einem Düsseldorfer und einem Dresdener. Beide waren dankbar für die Wiedervereinigung, nur uneins darüber, wer genau was finanziert und welches Opfer gebracht hat. „Jetzt lass mich doch mal ausreden“, war ein Satz, der zwischen ihnen häufiger fiel.

Aber soll Demokratie nicht gerade solche Dialoge möglich machen? Wie schon Ernst Jandl schrieb: „Unsere Ansichten gehen als Freunde auseinander.“ Vielleicht braucht Deutschland einfach eine positive Erfahrung der eigenen Identität, um die Angst vor dem Untergang, bzw. der „Islamisierung des Abendlandes“ zu verlieren. (rf)



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