CDU-Mann von Stetten will deutsche Soldaten in Incirlik sprechen – Sonst fordert er „sofortigen Abzug der Bundeswehr“

Eigentlich will Christian von Stetten ein paar Tage Urlaub in der Türkei machen. Aber als Bundestagsabgeordneter ist man ja immer irgendwie im Dienst: 500 Kilometer und etwa sieben Autostunden trennen seinen Urlaubsort in der Nähe der südtürkischen Küstenstadt Side und den Nato-Stützpunkt voneinander. Sein Hotelier habe ihm dies als schöne Küstenstrecke empfohlen. Ob der Abgeordnete allerdings eingelassen wird, ist fraglich. Die türkische Regierung verhängte jüngst ein Besuchsverbot für deutsche Abgeordnete, der Armenien-Resolution wegen.
Titelbild
Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP/Getty Images
Epoch Times14. Juli 2016

„Den Flug und das Hotel zahle ich selbst“, sagte Christian von Stetten (CDU), der den Besuch mit seinem privaten Urlaub in der Türkei verbinden will. „Ich werde Mitte August einige Tage Urlaub in der Türkei machen und bei dieser Gelegenheit unsere Soldaten in Incirlik besuchen“, sagte der Abgeordnete der „Heilbronner Stimme„.

Anfang August will der baden-württembergische Bundestagsabgeordnete Christian von Stetten eine Besuchsanfrage bei der deutschen Botschaft in Ankara stellen. Eine Erlaubnis von der türkischen Regierung für seinen Truppenbesuch will der Bundestagsabgeordnete allerdings nicht einholen.

Riskiert Erdogan einen deutschen Truppenabzug?

Er müsse jederzeit „das Recht haben, diese Soldaten zu besuchen und zu schauen, wie es ihnen geht“.

„Die türkische Regierung versteht das vielleicht nicht. Die Bundeswehr ist eine Parlamentsarmee. Die türkische Regierung hat die deutschen Bundestagsabgeordneten darum gebeten, ihre Zustimmung zu erteilen, Soldaten dorthin zu schicken und die Türkei zu verteidigen“, so Von Stetten. Dafür habe er auch seine Stimme gegeben und „unsere Soldaten in diesen Einsatz geschickt“, so der Abgeordnete.

Eine Absage am Eingang des Stützpunktes will der Parlamentarier nicht hinnehmen: „Sollte mir am NATO-Luftwaffenstützpunkt der Zutritt verweigert werden, wäre das ein Skandal.“ In der Geschichte der NATO sei ein solches Verbot beispiellos.

„Wenn ich nicht mit unseren Soldaten sprechen darf, werde ich mich für einen sofortigen Abzug der Bundeswehr aus der Türkei starkmachen.“ (Christian von Stetten, Vorsitzender des Parlamentskreises Mittelstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion) 

Wie die „Rheinische Post“ gestern meldete, sagte der Bundesvorsitzende des Bundeswehrverbandes, Oberstleutnant André Wüstner dem ARD-„Morgenmagazin“: „Vollkommen klar ist, Parlamentarier müssen in die Einsatzgebiete reisen dürfen. Aber Kurzschlussreaktionen sind falsch.“ Aus seiner Sicht würde ein Abzug der deutschen Soldaten, die von der Türkei aus beim Kampf gegen den Islamischen Staat helfen „extrem schaden“.

Mit seiner Drohung eines deutschen Truppenabzug aus Incirlik steht Von Stetten nicht alleine da. Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) schließen einen Abzug der Bundeswehr aus der Türkei nicht mehr aus. Das Thema könnte bei einem Festhalten Erdogans am Besuchsverbot schon nach der Sommerpause auf der Tagesordnung des Bundestags landen.

Von Stetten verdeutlicht noch einmal: „Wenn wir das Gefühl haben, dass die Deutschen nicht mehr willkommen sind, müssen wir sie zurückziehen.“ Allerdings könne er sich nicht vorstellen, dass die türkische Regierung ihre Blockadehaltung noch länger durchziehe, fügte jedoch hinzu: „Aber Erdogan überrascht uns ja immer wieder“, wie „NTV“ dazu schreibt.

Verteidigungsministerin besteht auf Besuchsrecht

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen betonte in den „Tagesthemen„, dass es ohne ein Besuchsrecht auch kein Mandat für eine geplante NATO-Mission gebe. Die Türkei solle angesichts der derzeitigen Spannungen nicht die gemeinsamen Ziele vergessen. Der „Islamische Staat“ sei der gemeinsame Feind, den es zu besiegen gelte, betonte Von der Leyen. Sie forderte die türkische Regierung dazu auf, Besuche von Bundestagsabgeordneten in Incirlik zuzulassen.

Die Ministerin sagte noch, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestags einem Mandat für eine neue Awacs-Mission sicherlich nur zustimmen würden, wenn sie wüssten, dass sie die Soldaten gegebenenfalls auch besuchen könnten.

https://www.youtube.com/watch?v=n2rSWBHeisM

Hintergrund:

In Incirlik sind seit mehreren Monaten 250 deutsche Soldaten, Aufklärungsjets und Tankflugzeuge der Luftwaffe stationiert. Von Incirlik starten die Maschinen zu Aufklärungseinsätzen über Syrien und dem Irak im Kampf gegen den IS. Innerhalb der NATO sind Besuche von Militär und Politik in den Basen der Partner Routine. Anders in der Türkei: Am 22. Juni meldete der „Spiegel„, dass Ankara einen Besuch des Stellvertreters der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen, Verteidigungsstaatssekretär Ralf Brauksiepe, und weiteren Abgeordneten, geplant für Mitte Juli, untersagte.

Die Delegation wollte eine Informationsreise über den deutschen Einsatz im Kampf gegen den IS absolvieren. Dabei stand Incirlik ebenso auf dem Plan wie der Nordirak und die Hauptquartiere der Anti-IS-Koalition in Kuwait und Katar. Incirlik wurde dann kurzfristig aus der Route gestrichen.

Hinter verschlossenen Türen im Verteidigungsausschuss nannte Generalleutnant Dieter Warnecke die Armenien-Resolution des Bundestages aus Grund für die Absage. Ende Juni sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu, Besuche von (deutschen) Politikern auf der Basis Incirlik würden derzeit „nicht als passend erachtet“. Die Verteidigungsministerin reagierte entrüstet. Es sei „eine Selbstverständlichkeit“, dass die Leitung des Verteidigungsministeriums deutsche Soldaten im Einsatzgebiet besuche.  (sm)

Siehe auch:

Bundeswehrverband warnt vor Abzug der Soldaten aus Incirlik

Özdemir: Deutsche Soldaten aus der Türkei zurückholen

Türkische Ärzte bestätigen: IS-Terroristen werden in türkischen Kliniken verpflegt



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion