Ökonomen: Koalitionsvertrag wird teurer als bislang kalkuliert
Der Koalitionsvertrag von Union und SPD könnte die staatlichen Kassen laut Experten stärker belasten als bisher kalkuliert.
Nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), aus denen die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstagsausgaben) zitierten, fehlen allein dem Bundeshaushalt durch den geplanten weiteren Abbau der kalten Progression in der laufenden Wahlperiode bis zu neun Milliarden Euro.
Werden dann noch die Einnahmeausfälle hinzugerechnet, die Bundesländern und den Gemeinden bei der Einkommensteuer entstehen, sind es nach Angaben des IW sogar bis zu 21 Milliarden Euro.
Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD für den Bund Ausgaben in Höhe von 46 Milliarden Euro fest vereinbart. Der Abbau der kalten Progression – also die Anpassung des Einkommensteuertarifs an die Inflation – ist dabei nicht eingerechnet, obwohl dies ebenfalls im Koalitionsvertrag vereinbart ist.
IW-Finanzexperte Martin Beznoska sagte den Funke-Zeitungen: „Im Sinne einer soliden Finanzplanung müsste dieser Wert auch im Finanztableau des Koalitionsvertrags auftauchen.“
Wenn die gute Konjunktur nicht noch zusätzliche Steuereinnahmen bringe, müsse eine neue Bundesregierung sonst an anderer Stelle sparen oder geplante Ausgaben zurückstellen. Neue Schulden lehnen Union und SPD allerdings ab.
Die für Haushalt und Finanzen zuständige SPD-Fraktionsvizechefin Christine Lambrecht kündigte gegenüber den Zeitungen an: „Selbstverständlich haben wir einen Blick auf die kalte Progression und halten an der bewährten Praxis fest.“ Das künftig von der SPD geführte Finanzministerium werde voraussichtlich im Herbst einen Bericht zur Entwicklung der kalten Progression vorlegen.
Der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Eckhardt Rehberg (CDU), will auf jeden Fall den weiteren Abbau der kalten Progression umsetzen: Dies sei „auch in den nächsten Jahren politisch geboten, um gerade die Mittelschicht vor inflationsbedingten Steuerbelastungen zu schützen“.
Der Begriff kalte Progression bezeichnet den Effekt, dass Lohnsteigerungen in Verbindung mit der Inflation zumindest teilweise durch eine höhere Steuerbelastung aufgezehrt werden. (afp)
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