Auf Schmusekurs: Obamas Bewunderung für Merkel und sein Vermächtnis an Europa
In der Flüchtlingspolitik sei sie auf der richtigen Seite der Geschichte, sagt Obama. Er sei froh, dass Merkel noch Kanzlerin sei, wenn er nicht mehr Präsident ist: „Die Welt wird davon profitieren, von ihrer sehr steten und konsequenten Präsenz. Und: „Sie tut, was sie verspricht.“ Er werde sie als Privatmensch weiter bewundern.
Es klingt wie ein Vermächtnis nicht nur an Deutschland, sondern an ganz Europa. Es ist ein Treffen in schwieriger Zeit. Obama ist zwar 2016 immer auch auf Abschiedstournee, kommt aber aus gutem Grund auch nach Deutschland.
Mehr und mehr sei die US-Regierung von der Sorge getrieben, Europa wanke im Angesicht der Probleme vom Ukraine-Konflikt bis zur Flüchtlingskrise, ist aus seinem Umfeld zu hören. Ein schwaches, uneiniges Europa vor den Türen Russlands? Das kann Washington bei aller Hinwendung zu Asien nicht wollen.
Wen sollte Obama also sonst treffen, wenn nicht Angela Merkel? „Wir schätzen außerordentlich, dass sie so eine feste Hand gehabt hat in ihrer Politik“, sagt Obama.
Merkel revanchiert sich eher spärlich. „Unsere bilateralen Beziehungen sind gut, da brauchen wir nicht viel Zeit drauf zu verwenden.“ Ihrerseits zieht sie keine Bilanz der bisher rund siebenjährigen gemeinsamen Beziehung. Dazu sei sie völlig außer Stande, weil es noch so viele Herausforderungen während Obamas restlichen Amtszeit gebe.
„Die Zukunft mit dem Präsidenten ist wichtiger als die Vergangenheit“, sagt sie. Diese Zukunft dauert noch neun Monate. Merkel habe einen sehr guten Sinn für Humor, der sich aber nicht während jeder Pressekonferenz zeige, scherzt Obama.
Womöglich hat sich der Charismatiker wenigstens diesmal eine etwas lockerere Kanzlerin gewünscht. Er lässt sich aber nicht beirren. „Ich will Angela noch einmal für ihre mutige Führungsrolle loben, die sie in Deutschland und Europa eingenommen hat, als verzweifelte Flüchtlinge aus dem syrischen Konflikt und Konflikten anderswo in der Region kamen“, sagt er.
Und vielleicht weil ihn Merkels Biografie, die als Frau aus der DDR die Spitze des geeinten Deutschlands erklommen hat, schon immer begeisterte und berührte, fügt er hinzu: „Vielleicht weil sie einmal selbst hinter einer Mauer gelebt hat. Angela versteht die Sehnsucht derer, denen ihre Freiheit verwehrt wurde und die nach einem besseren Leben suchen.“
Eine von Obamas Hauptbotschaften an die Europäer ist: Die USA sind an Eurer Seite, aber tut mehr! Jetzt, da der internationale Terrorismus im Herzen des Kontinents angekommen sei, wo die Wirtschaft nur mäßig laufe, die Verhandlungen über das umstrittene geplante TTIP-Handelsabkommen zwischen der EU und USA ins Stocken geraten sind und die Flüchtlingskrise noch lange nicht im Griff ist, da solle man besser zusammenhalten. Und, ganz konkret, mehr Geld für Verteidigung ausgeben. Berlin erreicht das Ziel aber nicht, die Ausgaben für Verteidigung auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen.
Am Anfang ihrer Beziehung, 2008, hatte Merkel Obama verwehrt, als Präsidentschaftskandidat vor dem Brandenburger Tor zu sprechen. In Deutschland galt das in der hellen Vorfreude auf den Auftritt des charismatischen Senators als etwas kleingeistig. Merkel würde aber immer wieder so handeln: Kandidaten gehören ihrer Ansicht nicht vor diesen symbolträchtigen Ort. Man stelle sich nur eine Rede des republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump dort vor.
Was sie wohl von Trump hält, der sie wegen ihrer Flüchtlingspolitik als „irre“ bezeichnet hat? Sie beobachte mit Interesse den US-Wahlkampf, sagt sie. Aus der Reserve lässt sie sich nicht locken.
Gemessen an dem etwas holprigen Start sind die Jahre danach recht glatt verlaufen, trotz mancher Tiefen wie der Affäre um Merkels vom US-Nachrichtendienst abgehörtes Handy. Nun endet die gemeinsame Zeit im Amt mit einer Eloge Obamas auf Merkel. Am Brandenburger Tor hat Obama ja auch noch gesprochen, als Präsident, 2013.
Um eines beneidet er die Kanzlerin nicht, versichert Obama. Dass ihre Amtszeit anders als die seine nicht von vornherein begrenzt sei.
„Ich liebe meinen Job“, sagt er. Aber: „Ich habe eingesehen, wie klug es von den Gründern unseres Landes war, es so einzurichten.“. Es sei eine sehr gesunde Einstellung, dass es eine politische Abwechselung gebe. Obama vergleicht die Präsidentschaft mit einem Basketballspiel und die Neuwahl mit einem Spielerwechsel, damit wieder „frischere Beine“ auf den Platz kämen.
Merkel hat der Öffentlichkeit noch nicht mitgeteilt, ob sie zur Bundestagswahl 2017 noch einmal antritt. Seit bald elf Jahren ist sie nun im Amt. Länger als Obama. „Frischere Beine“, vielleicht gibt Merkel das noch zu denken?
(dpa)
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