NRW-Verkehrsminister warnt vor Aus des Deutschlandtickets
Wegen des Finanzstreits mit dem Bund hat NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) vor einem Aus des Deutschlandtickets gewarnt. Der Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz der Länder sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Wenn jetzt nicht sehr zeitnah beim Deutschlandticket eine Lösung gefunden wird, dann ist das, was wir alle als das erfolgreichste Ticketmodell in der ÖPNV-Geschichte zu Recht feiern und was wirklich auch ein Riesenfortschritt ist, auch ganz schnell wieder Geschichte.“ Krischer forderte außerdem eine Zustimmung des Bundes für ein bundeseinheitliches Semesterticket.
Am Donnerstag gebe es eine digitale Sondersitzung der Verkehrsministerkonferenz von Bund und Länder. Dort gehe es darum, eine gemeinsame Haltung der Länder abzustimmen und mit dem Bund über die Lage zu sprechen, so Krischer. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sei natürlich auch eingeladen. „Eine Zu- oder Absage liegt uns aber bisher nicht vor.“
Künftige Finanzierung offen
Seit dem 1. Mai kann das Deutschlandticket für Busse und Bahnen im Nah- und Regionalverkehr für 49 Euro im Monat verwendet werden, als digital buchbares, monatlich kündbares Abonnement in ganz Deutschland. Bund und Länder geben bis 2025 jeweils 1,5 Milliarden Euro. Im ersten Jahr sollen mögliche Mehrkosten zur Hälfte geteilt werden – diese „Nachschusspflicht“ aber ist von 2024 an offen.
Krischer sprach deswegen von einer schwierigen finanzielle Lage. „Es ist nicht geklärt, ob sich der Bund an allen Kosten beteiligt.“ Die Nachschusspflicht sei aber erforderlich, weil die Nahverkehrsunternehmen eine Basis haben müssten, um zu kalkulieren. „Wir als Länder sind bereit, Mehrkosten hälftig zu zahlen. Vom Bund kommt aber kein klares Signal, sondern im Gegenteil eine Verhärtung.“ Er entnehme Äußerungen Wissings, dass es keinen einzigen Euro mehr geben solle vom Bund. „Dann gehen wir natürlich mit dem Deutschlandticket einer schwierigen Zukunft entgegen.“
Das NRW-Verkehrsministerium halte die Prognose des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen mit Mehrkosten von 1,1 Milliarden Euro 2024 für realistisch. Die Lösung müsse sein, dass sich Bund und Länder weiterhin hälftig die Mehrkosten teilen, betonte Minister Krischer.
Krischer sieht drei Szenarien
Es gebe drei Szenarien, wie man auf die unklare Finanzierung reagieren könne, wenn der Bund weiterhin bei seiner „Blockadehaltung“ bliebe. „Die eine Möglichkeit ist, man erhöht den Preis. Es steht ja schon eine Zahl im Raum, und zwar 59 Euro. Das könnte man machen. Ich hielte das aber politisch für fatal, wenn man weniger als ein Jahr nach der Einführung so eine Erhöhung hätte. Das würde uns in der Sache auch nichts bringen. Wenn man das Ticket zehn Euro teurer macht, dann werden Leute wieder aussteigen und die Einnahmen werden am Ende nicht viel höher sein. Das heißt eine Preiserhöhung ist keine Lösung“, sagte Krischer.
„Die zweite Lösung ist, die Länder sagen, wir übernehmen die Mehrkosten alleine. Da sehe ich aber keine politische Akzeptanz unter den Ländern. Die dritte Möglichkeit wäre, das Angebot zu verringern, um Kosten zu sparen. Das widerspricht aber so ziemlich jedem verkehrspolitischen Programm.“
Zur Aufforderung Wissings, bei den Vertriebskosten im ÖPNV zu sparen und die Zahl der Verkehrsverbünde zu verringern, sagte der Grünen-Politiker: „Ich will nicht verhehlen, dass es immer auch Reformbedarf gibt und dass man immer auch mal gucken muss, ist die eine oder andere Struktur noch angemessen in der Zeit.“ Das werde die Finanzierungsprobleme im öffentlichen Verkehr und beim Deutschlandticket aber nicht ansatzweise lösen.
„Ein Riesenproblem, das wir im öffentlichen Verkehr haben, ist die Deutsche Bahn. Und das ist ein Strukturproblem“ , fügte Krischer hinzu. Er würde sich wünschen, dass Wissing sich um seine Strukturprobleme kümmere. „Dann hätten wir an vielen Stellen auch schon Fortschritte. Da braucht es keine schlauen Ratschläge in Richtung Länder.“
Verbilligtes Semesterticket
Die Verkehrsministerkonferenz habe im Frühjahr in Aachen einen Vorschlag gemacht für ein bundeseinheitliches Semesterticket für monatlich 29,60 Euro, sagte Krischer. „Damit können wir diesen Abstand über das Solidarmodell aufrechterhalten.“ Der Bund reagiere aber seit Monaten nicht. „Das ist insofern noch unverständlicher, weil es nichts mehr kostet, ein solches bundeseinheitliches Semesterticket einzuführen. Es ist im Gegenteil eine Entlastung, weil wir diese große Gruppe von rund drei Millionen Studierenden im System halten.“ Die Länder bräuchten aufgrund der gemeinsamen Finanzierung die Zustimmung des Bundes. (dpa)
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