NRW: „Alle Richter beschäftigen sich mit Asylklagen“
Wie das Justizministeriums NRW mitteilte, haben im Jahr 2015 insgesamt 21.219 Migranten gegen abgelehnte Asylanträge geklagt. Zum Vergleich: 2014 waren es 15.535, im Jahr 2013 noch 10.144 Klagen.
Allein in Ostwestfalen-Lippe gingen beim zuständigen Verwaltungsgericht in Minden im vergangenen Jahr 50 Prozent mehr Asylklagen ein als 2014. (Hier waren es 2015 insgesamt 2.257 Klagen. 2014 hatten 1.492 Menschen geklagt.) Für die Verwaltungsgerichte eine immer größer werdende Last.
Laut Gerichtssprechers Hans-Jörg Korte gibt es in keinem anderen Bereich ähnlich hohe Steigerungen. „Alle Richter beschäftigen sich mit Asylklagen", sagt er zur Neuen Westfälischen.
Wieviele Abschiebungen folgen?
Die Abschiebungspolitik der Bundesregierung wird schon länger als ineffizient beschrieben. Doch warum ist sie das? Auch hierzu stellte die NW interessante Zahlen des Bundesinnenministeriums vor: Bis zum 30. November 2015 waren bundesweit 201.402 Menschen ausreisepflichtig, jedoch wurden 2015 davon nur rund 10 Prozent, genauer 20.888 Personen, aus Deutschland abgeschoben. Davon entfielen 4.395 Abschiebungen auf Nordrhein-Westfalen.
Die tatsächliche Abschiebungsrate lag 2014 mit 14 Prozent noch etwas höher. Von 154.191 Ausreisepflichtigen schoben die Kommunen damals 21.764 Menschen ab.
„Da nicht alle Asylbewerber das Land freiwillig verlassen, müssen die Kommunen die Ausreise erzwingen", erklärt Korte. Doch das passiere nicht in allen Kommunen gleichermaßen konsequent. Die Unterschiede in Ostwestfalen-Lippe nannte er eklatant.
Oft scheitern Abschiebungen daran, dass sich die Betroffenen der Rückführung in ihr Heimatland entziehen, aber auch an verschiedenen anderen Hindernissen. So darf ein Migrant beispielsweise nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Religion oder Rasse bedroht sind.
Worum geht es bei Asylklagen?
Klagen gegen die Abschiebung haben normalerweise wenig Erfolgschancen, wenn die Kläger aus sicheren Herkunftsstaaten kommen, sagt Korte. „Erfolg mit ihren Klagen haben Asylbewerber in der Regel, wenn sie krank sind oder in ihrer Heimat verfolgt werden." Und die Erfolgsaussichten steigen, wenn notwendige lebenserhaltende medizinische Behandlungen im Herkunftsland nicht möglich oder für den Antragsteller nicht zugänglich sind, oder wenn der Asylbewerber in seiner Heimat zu einer verfolgten Minderheit gehört.
So kann es dann wie in einem aktuellen Beispiel passieren, dass ein anerkannter Flüchtling aus der Türkei aufgrund wiederholter Straffälligkeit ausgewiesen werden soll, dies aber gerichtlich abwenden kann, weil er zu einer Minderheit gehört: „Die Türkei ist zwar als sicheres Herkunftsland eingestuft, doch der Mann ist Jeside und deshalb als Flüchtling anerkannt", erklärt Korte zu dem Mindener Fall vom Mittwoch.
Das Gericht erkennt die Klagen jedoch nicht ohne detaillierte Nachweise an. „Erkrankungen oder Traumatisierungen müssen ärztlich attestiert werden", erklärt der Bielefelder Anwalt für Ausländerrecht, Wolf Heinrich. „Politische Verfolgung muss beispielsweise durch Zeugen belegt werden." Gelinge das nicht, drohe die Abweisung der Klage. Laut Wolf haben straffällige Asylbewerber, die Freiheitsstrafen verbüßt haben, kaum Erfolgsaussichten.
Wird eine Klage abgelehnt gelten die Kläger „als vollziehbar ausreisepflichtig und sind nur noch geduldet“, so Korte. Wenn sie dann jedoch nicht von selbst ausreisen, obliegt es dann wieder den Kommunen, die Abschiebung zu vollziehen und sie zur Rückkehr in ihr Heimatland zu zwingen.
(rf)
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