Notstandsgebiet Schule – Schnupperknast für Schüler
„Wenn wir uns die Entwicklung unserer Schule in den letzten Jahren ansehen, so müssen wir feststellen, dass die Hauptschule am Ende der Sackgasse angekommen ist und es keine Wendemöglichkeit mehr gibt. Welchen Sinn macht es, dass in einer Schule alle Schüler/innen gesammelt werden, die weder von den Eltern noch von der Wirtschaft Perspektiven aufgezeigt bekommen, um ihr Leben sinnvoll gestalten zu können.
Stimmung ist geprägt von Aggressivität, Respektlosigkeit und Ignoranz
In den meisten Familien sind unsere Schüler/innen die einzigen, die morgens aufstehen. Wie sollen wir ihnen erklären, dass es trotzdem wichtig ist, in der Schule zu sein und einen Abschluss anzustreben? Die Schüler/innen sind vor allem damit beschäftigt, sich das neueste Handy zu organisieren, ihr Outfit so zu gestalten, dass sie nicht verlacht werden, damit sie dazugehören. Schule ist für sie auch Schauplatz und Machtkampf um Anerkennung.
Mutige Lehrer rufen den Notstand aus
Der Intensivtäter wird zum Vorbild. Es gibt für sie in der Schule keine positiven Vorbilder. Sie sind unter sich und lernen Jugendliche, die anders leben, gar nicht kennen. Hauptschule isoliert sie, sie fühlen sich ausgesondert und benehmen sich entsprechend. Deshalb kann jede Hilfe für unsere Schule nur bedeuten, die aktuelle Situation erträglicher zu machen. Perspektivisch muss die Hauptschule in dieser Zusammensetzung aufgelöst werden zu Gunsten einer neuen Schulform mit gänzlich neuer Zusammensetzung.“ (Auszug aus dem Brief des verzweifelten Lehrer-Kollegiums der Berliner Rütli-Schule mit der Bitte um Schließung ihrer Schule.)
Politik mit der Brechstange
Aufgerüttelt durch die öffentlich gemachte Bankrott-Erklärung wählen viele Politiker harte Worte. Als hätten sie nur darauf gewartet, sich für die internationale Blamage durch PISA und die Rüge des UNO-Sonderbeauftragten Muñoz an den „Verursachern“ zu rächen. Muñoz hatte unter anderem fehlende Chancengleichheit und einen Mangel an Menschenrechtserziehung in deutschen Schulen angemahnt, was sich ja zum Ärger vieler Politiker nun vor der Weltöffentlichkeit beweist.
CDU erklärt mehrheitlich „Multi-Kulti“ für gescheitert
Plötzlich gibt es Töne, die man in einer familienfreundlichen Integrationskultur nie vermutet hätte. Kanzlerin Merkel verwies als erstes auf den „untätigen“ Kultur-Senator, der das natürlich nicht auf sich sitzen ließ. – Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hat ein hartes Durchgreifen gegen Gewalt an Schulen gefordert. – Innenexperte Wolfgang Bosbach, in bester Gesellschaft mit CDU-Spitzenkandidat für die Abgeordnetenhauswahl Friedbert Pflüger, sprach direkt von „Mehrfachstraftätern“, die er möglichst schnell abschieben wolle und verwies auf ein zu schärfendes Ausländerrecht. Pflüger wünschte zudem Polizeipräsenz an Problemschulen und meinte, dass mittels „Durchgreifen“ in New York ähnliche Probleme längst gelöst worden seien. – CDU-Bildungspolitikerin Katherina Reiche schlug in Bild vor, den Eltern straffälliger ausländischer Schüler finanzielle Sanktionen anzudrohen. – Christian Wulff, der niedersächsische Ministerpräsident, forderte ein Ende der Tabuisierung von Problemen mit ausländischen Jugendlichen und Lösungen in den Familien und der Gesellschaft. – Der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm will kriminelle Schüler gegebenenfalls in einem Jugendgefängnis unter Arrest stellen. Der CDU-Politiker forderte der B.Z. am Sonntag zufolge, jugendliche Intensivtäter für einige Tage in eine Art “Schnupperknast“ einzusperren. “Diese Intensivtäter sollten wissen, wo ihre Grenzen in einem Rechtsstaat liegen. Wir sollten in der Tat darüber nachdenken, kriminelle Schüler von der Schule zu verweisen und sie dann für ein paar Tage in einem Erziehungsheim oder auch in einem Jugendgefängnis unter Arrest zu stellen“, zitierte die Zeitung Schönbohm. Aber auch die Eltern müssten zur Verantwortung gezogen werden, wenn der Sohn oder die Tochter immer wieder auffällig würden.
Leitkultur „Deutsche Sprache und deutsche Werte“
CSU-Generalsekretär Markus Söder verlangt ausschließlich Deutsch als Schulhofsprache. – Gute Deutschkenntnisse benennt auch Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen im Chor mit der Integrationsbeauftragten Maria Böhmer als Voraussetzung für eine erfolgreiche Integration. – Unionsfraktionschef Volker Kauder forderte einen „nationalen Aktionsplan Integration“. – Bundestagspräsident Norbert Lammert will nicht nur die Sprache, sondern auch die Werte unserer Kultur von Ausländern gekannt und respektiert wissen, dennoch hält er Tests und Fragebögen nicht für den richtigen Weg. – Klare Grenzen ziehen und wichtige Normen entschieden vorleben und durchsetzen und die gewaltfreie Austragung von Konflikten seien laut Schäuble Hilfen zur Motivation und Integration. – Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther (CDU) will unabhängig von der Einbürgerung bei ständigem Wohnsitz oder bei Daueraufenthalt die Landessprache Deutsch zur Bedingung machen. Erziehungskurse und Anwesenheitspflicht bei Elternabenden und die Pflicht zu Erziehungsgesprächen schlägt Oettinger zur Integrationshilfe vor.
„Neue Pädagogik“
Gewalttätigen Schülern gegenüber verlangte Bundesbildungsministerin Annette Schavan eine „neue Pädagogik“, die selbstbewusst mit der deutschen Kultur und Identität umgehe. „Ich habe überhaupt kein Problem damit, dies Leitkultur zu nennen“, sagte die Ministerin. Lehrer und Sozialarbeiter müssten diesen Jugendlichen „entschieden gegenübertreten“. In der Vergangenheit habe Toleranz zu oft Ignoranz bedeutet. „Wir müssen uns selbst fragen, ob wir diesen Jugendlichen Chancen nehmen, indem wir sie in ihren Parallelgesellschaften belassen und dies als Toleranz verstehen“, mahnte Schavan.
Altbekannte Forderungen und VorwürfeEin „Mehr“ an Pädagogen und eine deutliche Ächtung der Gewalt verlangt der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Peter Struck. – Der Berliner SPD-Abgeordnete Klaus Uwe Benneter prangerte die “Doppelzüngigkeit“ vieler Unionspolitiker an und nannte dabei namentlich den brandenburgischen Innenminister Jörg Schönbohm, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel. Benneter wies darauf hin, dass im Bundeshaushalt 68 Millionen Euro weniger für Integration ausgegeben werden sollten. “Herr Schäuble soll erst einmal dieses Geld für den Sprachunterricht von Ausländern zur Verfügung stellen und nicht pharisäerhaft solche Vorgänge nutzen, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren“, sagte Benneter.
Hauptschule – ein Auslaufmodell
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sah grundsätzlichen Diskussionsbedarf über die Zukunft der Hauptschule. – Der Bundeselternrat verlangte die Abschaffung der Hauptschule in ihrer jetzigen Form. Auch für den Vorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Ulrich Thöne, ist die Hauptschule ein Auslaufmodell.
Integrationsgipfel gefordert
Der Unions-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach (CDU) fürchtet, dass die ganze Diskussion weitgehend folgenlos bleibt. Deshalb forderte er ein gemeinsames Treffen von Bund, Ländern und Gemeinden zusammen mit den politischen Parteien, damit ein gemeinsames Integrationskonzept entwickelt werden könne. Doch wenn die Grundsatzfrage nach den Begehrlichkeiten der Länder in der Föderalismusreform in Sachen mehr Autonomie für die Länder nicht erneut in Frage gestellt werde, sehe es schlecht aus für ein Gesamtkonzept gegen die Ghettoisierung in Deutschland.
Gemeinsame Spielregeln für Erfolg
Trotz all der Aufschreie und dem symbolischen Ärmelhochkrempeln der Politiker gibt es längst Beispiele, dass beherztes, entschiedenes Vorgehen andere Resultate bringt. Beispiele anderer Schulen zeigen, dass trotz schwierigen Umfelds und mit hohem Ausländeranteil an Schulen durchaus erfolgreicher Unterricht möglich ist. Akzeptanz von Regeln ist möglich, wenn sie gemeinsam von Lehrer und Schülern aufgestellt werden und ihr Sinn bekannt ist. Wenn, wie kürzlich in der Herbert-Hoover-Realschule geschehen, Lehrer, Eltern und Schüler gemeinsam bestimmten, dass auf dem Schulhof nur Deutsch gesprochen wird, macht das Schlagzeilen. Auch die Eltern unterstützen die Einhaltung fester Regeln, Projekte gegen Gewalt und für Respekt greifen ebenfalls. Aktivität der Schüler ist gefragt. Im letzten Jahr bereits hatten Eltern, Lehrer und Schüler sich gemeinsam für eine identitätsstiftende einheitliche Schulkleidung entschieden. Nachdenklich macht das schon. Schließlich besteht jeder Sportverein, der auf sich hält auf gleichen Trikots, und Firmen schaffen Gemeinsamkeit indem sie ihr Konzept von „Corporate Identity“ auf die Kleidung ihrer Mitarbeiter ausdehnen. Das zeigt, dass die Idee der Wiedereinführung der „Schul-Uniform“ nicht Ausgrenzung und Militarismus-Wahn bedeutet oder Konformitätsdruck, wie man uns in den 60zigern und frühen 70zigern erklärt hat. Es bedeutet auch, dass ein Mangel an Identifikationsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche nicht zur geistigen Freiheit führt sondern zur Desorientierung, Motivationsmangel und fehlendem Selbstbewusstsein.
Generationskonflikt der anderen Art
In Zeiten groß geworden, als Regeln nur dazu dienten gebrochen und abgeschafft oder umgangen zu werden, fällt es Pädagogen wie Politikern zwangsläufig schwer Grenzen zu setzen. Ein wenig Nabelschau scheint notwendig – ohne Selbstmitleid und Selbstbeweihräucherung. Die tief sitzende Angst der Deutschen als „Tätervolk“ geoutet zu werden und als „ausländerfeindlich“ zu gelten, führte in den letzten Jahren zu diesen Auswüchsen von Laissez-faire. Mancherorts verrieten „Ausländerbeiräte“ einen ihrer Tricks, wie sie die Interessen der Ihren trotz leerer Kassen gegen die Lokal-Politiker durchsetzen. „Wenn du was nicht kriegst, musst du nur drohen, in der Öffentlichkeit bekannt zu machen, dass er ‚ausländerfeindlich’ ist, dann kriegst du alles. Du musst nur laut schlimme Sachen behaupten, dann geht alles.“ So war das.
Und Slogans wie „Stolz ein Deutscher zu sein“ werden immer noch in die braune Ecke gerückt, auch wenn in den letzten Jahren zunehmend Diskussionen aufkeimten, das Selbst-Bewusst-Sein der Deutschen im positiven Sinn zu stärken.
Deutsche Identitätsfindung
Wer seine Identität nicht kennt oder sogar fürchtet, sucht selber nach Grenzen – ein Allgemeinplatz der Psychologen. Und nicht nur im Bildungs- und Erziehungsbereich, auch beim wirtschaftlichen Wachstum taucht die Frage nach Werten auf. Was sind unsere Werte, deutsche Werte, wonach wollen wir leben, haben wir überhaupt eine Leitkultur? Wonach orientieren wir uns? Dürfen Politiker alles tun? Wo sind die Grenzen? Wo ist Tugend? Gibt es noch Moral? Wohin wollen wir? Wie soll die Zukunft aussehen?
Die gleichen Fragen tauchen in allen Bereichen der Politik und der Gesellschaft auf – vielleicht fallen die Antworten ja ähnlich aus. Eine solche umfassende Krise wie diese führt zu einer allgemeinen Wertediskussion ,und hilft möglicherweise dabei, die Bereiche nicht länger künstlich getrennt zu betrachten. Denn ein Volk, das dieses Land bewohnt, kann nur mit gemeinsamer Anstrengung und Entschiedenheit den schwierigen Aufgaben dieses Jahrhunderts entgegengehen.
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