Noch schnellere Integration von Einwanderern: Bund plant Werbung für neues Einbürgerungsgesetz

Mit dem neuen Einbürgerungsgesetz reduziert sich die Voraufenthaltsdauer in Deutschland, bis Ausländer den deutschen Pass erhalten können. Der Bund will Ausländer mit einer Werbekampagne über die Abläufe der Einbürgerung informieren. Derweil gibt es viel Kritik, aber auch Zuspruch an der Reform.
Das neue Gesetz sieht vor, dass Zuwanderer bereits nach fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland Staatsbürger werden können, vorausgesetzt sie können ihren Lebensunterhalt ohne staatliche Hilfe bestreiten.
Mit dem neuen Gesetz können Zuwanderer bereits nach drei oder fünf Jahren Aufenthalt in Deutschland Staatsbürger werden.Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa
Von 20. Mai 2024

Das neue Einbürgerungsgesetz tritt am 27. Juni in Kraft. Es gibt den in Deutschland lebenden Ausländern die Möglichkeit, bereits nach fünf Jahren den deutschen Pass zu erhalten, in besonderen Fällen sogar nach drei Jahren. Bisher war dies frühestens nach acht Jahren möglich.

Jetzt hat die Bundesregierung mitgeteilt, dass sie das Einbürgerungsgesetz offenbar mit einer Werbekampagne begleiten will. Ab dem Inkrafttreten soll die „Einbürgerungskampagne“ starten. Das schreibt die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung Reem Alabali-Radovan (SPD) in einem Brief an die Regierungsfraktionen.

Digitale Werbung

Ziel sei es, alle Interessenten „über die Voraussetzungen und die Abläufe der Einbürgerung zu informieren“, zitiert die Zeitung aus dem Schreiben. Das beschleunige unter anderem die Arbeit in den zuständigen Behörden. Konkret soll es in Kürze eine Internetseite mit den wichtigsten Informationen und Erklärvideo geben, schreibt Alabali-Radovan. Dazu wird es Broschüren „mit umfassenden Informationen zur Einbürgerung“ und zum Verfahren geben.

Alabali-Radovan will außerdem in den sozialen Netzwerken Fragen von Interessenten beantworten („Ask Me Anything“). Darüber hinaus sollen „Menschen, die bereits eingebürgert sind, von ihren Erfahrungen“ erzählen. Auf Anfrage der „Bild“ teilte eine Sprecherin zudem mit, dass alle Informationen (Internetseite, Broschüren etc.) auf Deutsch und Englisch zur Verfügung gestellt würden.

Einbürgerungsgesetz

Die Integrationsbeauftragte Reem Alabali-Radovan (SPD) im Februar 2024. Foto: Stefanie Loos/AFP via Getty Images

Die Ampelkoalition hat das neue Einbürgerungsrecht im Januar beschlossen. Nach Angaben der „Bild“ ist die Gesetzesänderung jedoch umstritten. Insbesondere die Unionsparteien kritisieren die Regierung mit dem Argument, dass sie damit den deutschen Pass „verramsche“. Innerhalb der Koalition gab es anfangs auch Widerstand von der FDP. Daher mussten die regierenden Parteien die Verabschiedung des Gesetzes im Winter um mehrere Wochen verschieben.

Viele Bürgergeldempfänger aus dem Ausland

Mit der Gesetzesreform will die Ampel Deutschland attraktiver für ausländische Fachkräfte machen. Doch längst integrieren sich nicht alle Einwanderer im deutschen Arbeitsmarkt.

Eine Erhebung der Bundesagentur für Arbeit (BA), aus der die „Welt“ vorab zitierte, zeigt, dass eine deutliche Mehrheit der Bürgergeldempfänger in Deutschland über einen Migrationshintergrund verfügt. Demnach liegt ihr Anteil an allen Beziehern bundesweit bei 63,1 Prozent. In drei Bundesländern haben demnach bereits mehr als 70 Prozent der Bürgergeldempfänger einen Migrationshintergrund.

Die höchsten Werte weisen laut den BA-Zahlen Hessen (76,4 Prozent), Baden-Württemberg (74,1 Prozent) und Hamburg (72,8 Prozent) auf. Als Menschen mit Migrationshintergrund gelten laut der amtlichen Definition alle Personen, die selbst oder deren Eltern ohne die deutsche Staatsbürgerschaft geboren wurden.

In den vergangenen zehn Jahren gab es demnach einen merklichen Anstieg der Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Der Anteil stieg von 20 Prozent im Jahr 2013 auf aktuell 29 Prozent. Entsprechend stieg auch ihr Anteil an den Leistungsempfängern: 2013 lag er bei 43 Prozent und derzeit bei 63 Prozent.

Die Bundesagentur stützt die genannten Angaben dem Bericht zufolge auf eine Vollbefragung aller Leistungsbezieher. Allerdings bestand keine Antwortpflicht. Deshalb stützt sich die Bundesagentur laut „Welt“ auf jene 73 Prozent der befragten Transferempfänger, die Angaben zum Migrationshintergrund machen wollten. Die BA habe die Antworten dann hochgerechnet auf die Gesamtheit der Leistungsempfänger.

Ist das Einbürgerungsgesetz toxisch?

Zu der Reform äußerte sich bereits „Focus online“-Chefkorrespondent Ulrich Reitz. Seiner Ansicht nach werde es „in jedem Fall Deutschland tiefgreifend verändern“. Dazu nannte er drei Punkte, die aufzeigen sollen, warum diese Reform toxisch ist.

Erstens sei es ein tiefgreifender Eingriff in das, was Deutschland ist, der zudem gegen den Willen der deutschen Bevölkerung stattfinde. Reitz nannte hierzu ein Umfrageergebnis, wonach 70 Prozent dagegen seien, dass die doppelte Staatsbürgerschaft zur Regel wird. Sie lehnten die verkürzte Aufenthaltszeit zum Erhalt des Deutschen Passes ab.

Der zweite schädliche Punkt ist laut Reitz, dass sich diese Maßnahme nicht mehr rückgängig machen lasse. „Wir treffen eine endgültige Entscheidung. Wenn eine andere Regierung gewählt wird, kann sie den Gesetzesentwurf rückgängig machen, falls das überhaupt geht“, so der Chefkorrespondent.

Allerdings würden bis dahin viele Ausländer in Deutschland den deutschen Pass bekommen haben. Im Gesetzentwurf sei diese Zahl mit 2,5 Millionen Menschen angegeben. Die Union geht von bis zu 5 Millionen Menschen aus, was Reitz für realistischer hält. Diese Menschen erlangten dann auch das Wahlrecht in Deutschland.

Als dritten toxischen Punkt erwähnte Reitz den Zusammenhang von einer aktuell ablaufenden ungesteuerten Migration bei gleichzeitiger Einführung eines Gesetzes, das die Einbürgerung erleichtert. Er tendierte seiner Aussage nach eher zu der Aussage der Union, die sagte, dass dadurch der Demokratie geschadet werde – auch weil Kritiker des Gesetzes oftmals in die rechte Ecke geschoben würden, so Reitz.

Eine inklusivere Gesellschaft

Eine positivere Reaktion kommt indes von der Rechtsanwaltskanzlei Schulte Holthausen. Aus deren Sicht stellt die Reform „einen bedeutenden Schritt hin zu einer inklusiveren Gesellschaft“ dar. Die Einwanderer und ihre Familien könnten sich nun frühzeitiger aktiv an ihrem neuen Zuhause beteiligen – das beinhaltet „die soziale, kulturelle und wirtschaftliche Gemeinschaft“.

Die Gesetzesreform könne Einwanderern eine frühere Mehrstaatigkeit ermöglichen, und erkenne die vielschichtigen Identitäten der in Deutschland lebenden Ausländer an. Viele lebten bereits längere Zeit in Deutschland, ohne die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten zu haben. Jetzt müssen Einwanderer auch nicht mehr wie bisher ihre ursprüngliche Staatsangehörigkeit aufgeben.

Mit den neuen Richtlinien könnten laut der Kanzlei Hürden abgebaut werden, die eine Einbürgerung erschweren können. Gleichzeitig erhöhten sie die Voraussetzungen für ihre Integration und Beteiligung.

AfD: Einbürgerung erst nach vollständiger Integration

Auch in den sozialen Medien äußerten sich viele Menschen zum neuen Einbürgerungsgesetz. Auf der Plattform X bezeichnete ein Nutzer die Reform als eine „vom Gesetz legitimierte, langfristige Ansiedlung kulturfremder, muslimischer und illegaler Einwanderer, die eigentlich niemals in Deutschland sein dürften“.

Die AfD Bayern im Landtag drückte auf X ebenfalls ihre Unzufriedenheit mit dem Gesetz und der Werbekampagne aus. Sie vermutet, dass „die linken Parteien, die von den einheimischen Bürgern immer weniger Zuspruch erhalten, offenbar durch Massen-Einbürgerungen neue Wähler gewinnen wollen“. Nach Ansicht der rechten Oppositionspartei kann eine Einbürgerung „nur erfolgen, wenn jemand vollständig integriert ist. Er sollte durch seine ganze Lebensführung zeigen, dass er Deutscher werden und nicht nur Sozialleistungen abgreifen will“.

Ein weiterer Nutzer kritisiert durch die Reform offenbar eine künftige Verfälschung der Kriminalstatistik im Zusammenhang mit Ausländern. Er schreibt: „Toll für die Behörden, denn dann kann man bei Straftaten viel einfacher sagen: Der Täter war Deutscher.“

(Mit Material der Nachrichtenagenturen)



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