Noch geheimer: Seehofers zweiter „Masterplan“ – Die entscheidende Winzigkeit im Streit
Das Thema der Tage: Seehofers Masterplan. Deswegen berieten CSU (15 Uhr) und CDU (17 Uhr) am Sonntag in getrennten Sitzungen. Am Abend kam dann der größere CDU-Bundesvorstand zusammen, um über das weitere Vorgehen im unionsinternen Streit zu beraten.
Doch wie Teilnehmer berichteten, sei dem CDU-Bundesvorstand der von Innenminister Horst Seehofer erstellte „Masterplan Migration“ zu diesem Zeitpunkt gar nicht vorgelegen. Hier das Dokument: Masterplan in 63 Punkten.
Die Mitglieder der Parteispitze mussten also ohne fundierte inhaltliche Grundlage über die umstrittenen Asylpläne des CSU-Chefs diskutieren. Warum?
Schon im März kündigte Horst Seehofer seinen „Masterplan für schnellere Asylverfahren und konsequentere Abschiebungen“ an. Das erschien auch dringlich, hatten doch Zahlen belegt, dass die Zahl der Abschiebungen rückläufig, der Zuwanderungsstrom jedoch ungebremst sei.
Streng geheim: Der andere „Masterplan“
Die „Welt“ sprach von einem Geisterpapier, schon beim ersten „Masterplan“. Kaum jemand habe es gekannt, doch Minister Seehofer habe um seine Durchsetzung gekämpft.
Doch nun sei die Verwirrung komplett: Im Innenministerium wird ein neuer „Masterplan“ erarbeitet, ebenso geheimnisvoll, wie der erste …
Es wird ein Masterplan erarbeitet und auch laufend fortgeschrieben und weiter abgestimmt (…) und der wird vorgestellt durch das BMI, wenn er vorgestellt wird.“
(Sprecherin des Innenministeriums)
Der andere „Masterplan“ ist nicht der von Seehofer am Sonntag dem Vorstand der CSU vorgelegte, nicht jener, den er „als CSU-Vorsitzender und eben nicht als Bundesminister des Inneren“ präsentierte.
Seehofers „Balance“
Jener vom Sonntag will mit den Asyl begehrenden Massen strenger verfahren, mehr Abschiebehaftplätze durch temporäre Zusammenlegung mit den übrigen Häftlingen erwirken, Gewahrsamseinrichtungen an den Flughäfen schaffen.
Wie die „Welt“ berichtet, ist Horst Seehofer eine „Balance aus Hilfsbereitschaft und den tatsächlichen Möglichkeiten unseres Landes“ wichtig.
Zum einen setzt Seehofer im Inland an. Hier sollen beispielsweise die Asylbewerber an den Gerichtskosten beteiligt und in diesem Zusammenhang auch die aktuellen Rechtsmittel im Asylverfahren überprüft werden. Generell sollen alle Verfahren beschleunigt werden, per Gesetzesänderung.
Bekannt geworden sind auch die Diskussionen um Seehofers Anker-Zentren (Ankunft, Entscheidung und Rückführung), mit einer maximalen Aufenthaltspflicht von 18 Monaten für Einzelpersonen und sechs Monaten für Familien.
Doch eines ist für Seehofer eine rote Linie:
Das Ersuchen um humanitären Schutz und das Begehen von Straftaten schließen sich grundsätzlich aus. (…) Wer sein Aufenthaltsrecht dazu missbraucht, um Straftaten zu begehen, muss unser Land verlassen“
(Horst Seehofer, Bundesinnenminister)
Diese Worte von Horst Seehofer erinnern unweigerlich an jene des von Rot und Grün viel gescholtenen Norbert Hofer (FPÖ) im Präsidentschaftswahlkampf in Österreich, gerichtet an kriminelle Asylbewerber. Zufall? Taktik?
Hier soll auch in Deutschland hart durchgegriffen werden und die Straftäter riskieren den Verlust des Schutzes ihres Gastlandes, das Mindeststrafmaß soll dazu überprüft werden.
Übrigens: Auch jene, die Urlaub in der sie angeblich verfolgenden Heimat machen, riskieren dies nach dem „Masterplan“, der Asylantrag gilt dann als zurückgenommen.
Zudem soll der Weg in die Sozialhilfe von 15 auf 36 Monate verzögert und eine Verweigerung von Integrationskursen schärfer sanktioniert werden.
Bei allem sollen staatliche Erlaubnisse und Leistungen an gültige Reisedokumente geknüpft werden. Hier setzten auch die geplanten und vorübergehenden „Binnengrenzkontrollen nach Schengener Grenzkodex (SGK) im erforderlichen Umfang“ an. Diese sollen bis November zwischen Deutschland und Österreich gelten.
Personen mit Einreise- oder Aufenthaltsverbot, Personen mit fehlenden Grenzübertrittsdokumenten oder Visa oder bereits an andere EU-Staaten überstellte Rückkehrer, sowie in anderen EU-Ländern registrierte Asylbewerber sollen so gestoppt werden.
Integration durch Begrenzung
Für den anderen Teil seiner Pläne forderte Seehofer zusätzliche sechs Millionen Euro, die in den Herkunfts- und Transitländern der Migranten für die Ausstattung der Polizei und deren Ausbildungsarbeit investiert werden sollen. Der Innenminister will auch stärker auf die Mittel des Auswärtigen Amtes zugreifen, einem von der SPD geführten Ressort, und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) soll für sein Aufgabengebiet mehr Geld zur Verfügung gestellt bekommen. Denn Seehofer meint:
Erfolgreiche Integration kann nur gelingen mit einer Begrenzung der Zuwanderung.“
(Horst Seehofer, Bundesinnenminister)
Seehofer sieht sich eins mit den neuen EU-Beschlüssen um „Sichere Orte“ in Nordafrika u.a., um im Mittelmeer aufgenommene Migranten zurückzubringen.
Entscheidend: Die fehlenden 0,5 Punkte von Merkel
Ob Seehofers „Masterplan Migration“ (Version 1) bei der koalierenden SPD auf Zustimmung stoßen wird, ist mehr als fraglich.
Doch die Kanzlerin erklärte, dass sie mit 62,5 der 63 Punkte einverstanden sei. Immerhin: Ein halber Punkt passt ihr nicht, was könnte das sein? Seehofer würde zur Not auch einen nationalen Alleingang befürworten:
Je weniger das gemeinsame europäische Asylsystem leisten kann, desto mehr gewinnen nationale Maßnahmen und ihre Wirksamkeit an Bedeutung.“
(Horst Seehofer)
Angela Merkel setzt jedoch auf ihre europäische Lösung. Im Grunde genommen dreht sich der ganze Asylstreit darum. Die Bundeskanzlerin lockt Seehofer, auf diesen halben, winzigen Punkt zu verzichten, um des großen Ganzen seiner Pläne willen. Doch dieser halbe Punkt könnte essenziell sein.
Die Herrschaft der Sozialisten
In Spanien hat sich eine sozialistische Regierung an die Macht gebracht und kontrolliert das Tor von Gibraltar und damit das Ziel sowohl der „Westafrikanischen Flüchtlingsroute“ entlang der Kanaren als auch der „Westlichen Mittelmeerroute“ über Marokko sowie einem Teil der „Zentralen Mittelmeerroute“ aus Algerien, Tunesien und vor auch aus Libyen. In Griechenland sitzt mit Alexis Tsipras und Syriza eine Koalition der Radikalen Linken auf dem hoch verschuldeten Thron von Athen. Hier ist auch das Tor zu Europa über den vorder- und südasiatischen Landweg und die „Östliche Mittelmeerroute“ jeweils über die Türkei und weiter dann von Griechenland aus über die „Westliche Balkanroute“.
Seit den Wahlen in Italien wurde die seit 2013 mit Letta, Renzi und Gentiloni herrschende Mitte-links-Politik durchbrochen. Ein herber Verlust für die Migrationsbefürworter. Damit bröckelt der andere Teil der „Zentralen Mittelmeerroute“ über die libysche Hauptstadt Tripolis und Lampedusa nach Sizilien, sowie die „Südöstliche Mittelmeerroute“ über die libyschen Hafenstädte Sirte und weiter östlich über Bengasi nach Malta und nach Italien.
Dazwischen, in Frankreich, herrscht mit Macron ebenfalls ein mächtiger sozialistischer Präsident. Doch auch hier bröckelt die linke Macht mehr und mehr, parallel zu Deutschland.
Vergangenen Donnerstag meldete die „Rheinische Post“ über ein vertrauliches Lagebild des Auswärtigen Amtes, wonach die Flüchtlingsrouten im Mittelmeerraum offenbar massiv in Bewegung geraten sind. Die Zahl der Migranten von Nordafrika nach Italien nahm um 78 Prozent ab, während Spanien einen Zuwachs um 54 erlebte, die griechischen Inseln ein Plus von 66 Prozentpunkten verzeichneten. Doch die größte prozentuale Steigerung erreichte der Landweg aus der Türkei mit einem Plus von 600 Prozent.
Offenbar hatte Horst Seehofer also den ersten „Masterplan“ als CSU-Vorsitzender verfasst. Warum? Was ist dran am geheimen, zweiten „Masterplan“, des Innenministers Seehofer? Und warum gibt es überhaupt zwei Seehofer-Pläne?
Vielleicht treibt der Innenminister ein doppeltes Spiel, vielleicht weiß er aber auch mehr, als er vorgibt zu wissen.
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