Nicht mehr nur zur Gefahrenabwehr: Ampel erwägt politisch motivierte Ausreiseverbote
Mit einem Entschließungsantrag an den Ausschuss für Inneres und Heimat sorgen die Fraktionen der Ampelkoalition derzeit für kontroverse Debatten. Kritiker werfen den Koalitionsparteien vor, politisch motivierte Ausreiseverbote auch im wiedervereinigten Deutschland ermöglichen zu wollen.
Wie es in dem Antrag vom 7. Juni 2023 heißt, soll es in bestimmten Fällen möglich sein, eine Passversagung zur Teilnahme an ausländischen Veranstaltungen zu verfügen. Dies soll insbesondere dann gelten, wenn diese „im Widerspruch zu den Grundsätzen der freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes“ stehen.
Ausreiseverbote nur im Rahmen des Paragraf 7 Passgesetz möglich
In der Begründung nehmen die Antragsteller explizit Bezug auf Fälle, in denen Personen aus dem rechtsextremistischen Spektrum an Kampfsportveranstaltungen im Ausland teilnahmen. Diese hätten sich dorthin verlagert, nachdem deutsche Behörden entsprechende Zusammenkünfte im Inland untersagt hatten. Die Grundlage dafür waren allgemeine gefahrenabwehrrechtliche Befugnisnormen.
Solche greifen jedoch nicht, sobald in Deutschland ansässige Personen das Bundesgebiet verlassen, um im Ausland an solchen teilzunehmen. Aus diesem Grund wollen die Ampelfraktionen nun den Paragrafen 7 des Passgesetzes ergänzen.
In diesem finden sich erschöpfend alle Gründe aufgezählt, aus denen eine Versagung oder Entziehung eines Reisepasses zulässig ist. Ein Ausreiseverbot nach Paragraf 10 desselben Gesetzes sieht eine rechtskräftige Maßnahme nach Paragraf 7 voraus.
Verwaltungsgerichte gewährten häufig vorläufigen Rechtsschutz
Ein möglicher Aufhänger, um den Reisepass zu versagen, ist beispielsweise in Absatz 1 Ziffer 1 der Bestimmung zu finden. Diese rechtfertigt die Passversagung, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass „die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet“ seien.
Mehrmals hätten deutsche Behörden auf diese Weise versucht, Extremisten an der Ausreise zur Teilnahme an entsprechenden Veranstaltungen zu hindern. Allerdings, so heißt es im Antrag weiter, hätten Verwaltungsgerichte diese Bemühungen im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes vereitelt.
Sie seien von einer voraussichtlichen Rechtswidrigkeit der entsprechenden Bescheide ausgegangen. Im Regelfall sahen sie keine hinreichende Tatsachengrundlage, die ein Vorgehen aufgrund der Ziffer 1 gerechtfertigt hätte.
Informationsfluss soll ebenfalls verbessert werden
Die Ampel will nun festschreiben, dass bei „einer Teilnahme an extremistischen Veranstaltungen im Ausland, deren Inhalte der freiheitlich demokratischen Grundordnung zuwiderlaufen“, eine Gefährdung des internationalen Ansehens der Bundesrepublik Deutschland „und damit eines sonstigen erheblichen Belangs“ anzunehmen sei.
Die Antragsteller wollen die Bundesregierung nun dazu auffordern, die Passverwaltungsvorschrift in diesem Sinne zu konkretisieren. Zudem soll diese darauf hinwirken, dass der Informationsfluss von den Sicherheitsbehörden zu den Passbehörden verbessert werde. Denn auch hier seien Verwaltungsgerichte bei Fehlen einer hinreichenden Tatsachengrundlage restriktiv gewesen.
Auf der anderen Seite sei es gelungen, die Ausreise einer deutschen Staatsangehörigen zur Veranstaltung eines Vereins in Afghanistan zu unterbinden. Die Sicherheitsbehörden konnten im Vorfeld nachweisen, dass eine Entführung der Person mit anschließender Erpressung von Lösegeld drohe.
Zahl der Ausreiseverbote zuletzt angestiegen
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Ausreisefreiheit ein Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG. Erstmals sprach das Höchstgericht diesen Leitsatz 1953 aus. Damals hatten Behörden versucht, durch Passversagung 1953 die Ausreise eines CDU-Abgeordneten zu verhindern, der im Ausland gegen die Wiederbewaffnung auftreten wollte.
Ausreiseverbote im eigentlichen Sinne, die politisch motiviert sind, sind in der deutschen Gesetzgebung aus diesem Grunde nicht vorgesehen. Auch die Versagungsgründe gemäß Paragraf 7 Abs. 1 Passgesetz sind in diesem Sinne verfassungskonform zu interpretieren.
In den Jahren von 2018 bis 2022 ist die Zahl der Ausreiseverweigerungen aus Deutschland von drei auf 66 angestiegen. In den meisten Fällen hatten die Betroffenen Beziehungen zur terroristischen PKK. Vielfach hatte die türkische Regierung im Vorfeld die deutschen Behörden über mutmaßliche Ausreisevorhaben zum Zwecke der Teilnahme an Kampfhandlungen informiert.
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