„Kann das nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren“

Die CDU-Bundesabgeordnete Saskia Ludwig stimmte kürzlich mit einem "Nein" zu den erneuten Anpassungen am Infektionsschutzgesetz. Sie begründete ihren Entscheid in einer persönlichen Erklärung an Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. "Kein Gesetz ist so oft geändert worden wie dieses", kritisierte Ludwig.
Epoch Times18. September 2021

Anfang September wurden in einem Paket zwei Gesetzesentwürfe zur Hochwasserkatastrophe und eine Neuauflage des Infektionsschutzgesetzes im Bundestag verabschiedet.

Die Gesetzesentwürfe betrafen die Errichtung eines Sondervermögens „Aufbauhilfe 2021“ und „Aufbauhilfe – Schnelle Hilfe für Betroffene der Hochwasserkatastrophe“. Zudem wurden Änderungen am Infektionsschutzgesetz vorgenommen. Um ein schnelles Durchwinken erneuter Änderungen an dem Gesetz zu verhindern, erzwangen die AfD-Abgeordneten Alice Weidel und Detlev Spangenberg die namentliche Abstimmung. Nichtsdestotrotz wurde die neuste Version des Infektionsschutzgesetzes in der Bundestagsabstimmung mit 344:280 angenommen.

Dauerbaustelle: Infektionsschutzgesetz

Nicht nur den AfD-Politikern, sondern auch der CDU-Abgeordneten Saskia Ludwig fiel auf, dass sich das Parlament mit keinem Gesetz so oft beschäftigen musste, wie mit dem Infektionsschutzgesetz. Nahezu zwanzigmal wurden darin Änderungen vorgenommen.

Ludwig hatte zu den neusten Änderungen mit „Nein“ gestimmt und Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) in einer persönlichen Erklärung ihren Entscheid begründet. (Persönlichen Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages)

In ihrer Stellungnahme fasste die Abgeordnete die Lage zum Umgang mit dem Infektionsschutzgesetz wie folgt zusammen: „Die Hektik, mit der wir in nahezu jeder Sitzungswoche das Infektionsschutzgesetz weiter ausweiten, um vermeintlich Schlimmeres zu verhindern, kann ich immer weniger nachvollziehen.“ Und: „Die scheinbare Panik, mit der wir in immer kürzer werdenden Abständen das Infektionsschutzgesetz ändern, ist außerhalb des Berliner Regierungsviertels kaum zu spüren. Zum Glück“, resümierte die CDU-Politikerin.

Des Weiteren nahm Ludwig Bezug zu den statistischen Zahlen des Bundesamtes, was die Intensivbettenbelegung betrifft. Sie schrieb, dass selbst der Bundesgesundheitsminister betont habe, „dass das Gesundheitssystem zu keiner Zeit vor einem Kollaps stand.“ Selbst während der zweiten und dritten Welle wären mindestens 2.700 Intensivbetten frei geblieben. Gerade weil die Zahlen belegten, dass die Krankenhäuser in keiner Weise besonders belastet sind, so die Abgeordnete, wäre es „überhaupt erst möglich gewesen, selbst im Coronajahr die Zahl der Krankenhausbetten weiter zu reduzieren, ohne dass es zu einer Notlage gekommen ist.“

Politik hat kein Versprechen gehalten

Nach Meinung der CDU-Politikerin hätte die Politik von den Bürgern im letzten Jahr viel abverlangt. Zudem werde man sich mit den Folgen der Corona-Krise noch viele Jahre lang beschäftigen müssen. „Als Bundestagsabgeordnete ist es meines Erachtens zum Ende der 19. Wahlperiode nun auch an der Zeit, über das eigene Handeln zu reflektieren und das Geschehene Revue passieren zu lassen.“

Ludwig monierte, die Politik habe den Bürgern schon oft versprochen, die Situation werde sich nach Einführung dieser oder jener Maßnahmen verbessern und man könne zur Normalität zurückkehren. Es sei auch versprochen worden, dass es keine Impfpflicht geben würde und Kinder wieder ohne Maske in die Schulen gehen könnten. „Wir haben nichts davon gehalten“, so die Abgeordnete.

Verhältnismäßigkeit der Corona-Maßnahmen außer Acht gelassen

Ludwig nahm in ihrem Schreiben auch Stellung zur Verhältnismäßigkeit zu den von der Politik beschlossenen Maßnahmen am Beispiel der Kinder. Laut Robert Koch-Institut, so die Politikerin, seien seit Beginn der Corona-Krise 23 Kinder unter 20 Jahren coronapositiv gestorben, 16 von ihnen mit Vorerkrankungen.

„Es sind unbenommen schlimme tragische Fälle, wie es für jeden Todesfall bei Kindern gilt. Ich betone, dass jeder einzelne ein tragischer und schmerzlicher Fall ist, aber eben auch ein Einzelfall. Ich will damit sagen, dass wir bei unserer Arbeit die Verhältnismäßigkeit fast völlig außer Acht gelassen haben, auch vor dem Hintergrund, dass zehnmal mehr Kinder bei Autounfällen sterben und auch andere Erkrankungen führen bei Kindern zu wesentlich mehr Todesfällen. Allein im Jahr 2019 starben an Krebs und anderen Neubildungen 80 (!) Kinder, bevor sie fünf Jahre alt werden konnten“, so die CDU-Politikerin.

„Vor diesen Hintergrund und als Ergebnis meiner eigenen Bewertungen kann ich diese erneute Änderung nicht mehr mit meinem Gewissen vereinbaren und werde deshalb der Änderung des Infektionsschutzgesetzes nicht zustimmen“, schloss die Abgeordnete ihre persönliche Erklärung an den Bundestagspräsidenten.

Zur Person

Dr. Saskia Ludwig ist seit 1997 Mitglied der CDU und seit 2004 Abgeordnete der CDU im Landtag von Brandenburg, Kreisvorsitzende der CDU Potsdam-Mitte (Wahlkreis 61) und Sprecherin für Wirtschaft, Energie und Industriepolitik. Seit 2019 sitzt sie als Nachfolgerin von Michael Stübgen im Deutschen Bundestag. Ludwig wuchs in der ehemaligen DDR auf und flüchtete im Oktober 1989 via Ungarn nach München. Sie ist verheiratet, hat zwei Kinder und ist Mitinhaberin eines Familienunternehmens. (nw)



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