Neues Kanzleramt: SPD sieht keine Einsparungen bei Baustopp

Die Ampelkoalition hat offenbar Probleme, einen Haushalt für 2024 aufzustellen. Finanzminister Lindner will die Schuldenbremse wieder berücksichtigen. CDU spricht sich für die Einstellung des Bauvorhabens aus, die Grünen sind uneins.
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Das Bundeskanzleramt in Berlin bei Nacht.Foto: iStocks/LuisPinaPhotography
Von 22. März 2023

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In der Debatte um den rund 800 Millionen Euro teuren Erweiterungsbau des Kanzleramts dringt die Union auf eine umfassende Überprüfung der Pläne. „Angesichts der schwierigen Haushaltslage ist ein Abbruch der Planungen für die Erweiterung des Bundeskanzleramtes eine Option, die überlegt werden muss“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Christian Haase (CDU), dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (RND).

Union: Ein anderes Gebäude nutzen

Haase verwies darauf, dass zur Unterbringung des Bundespräsidialamtes während der bevorstehenden Sanierung von Schloss Bellevue ein neues Bürogebäude in unmittelbarer Nähe zum Kanzleramt gebaut werde. Dieses könnte nach der Zwischennutzung durch den Bundespräsidenten für das Kanzleramt zur Verfügung stehen. „Das wäre eine pragmatische und vor allem kostengünstigere Lösung.“

Die Linkspartei verlangte ihrerseits einen Verzicht auf alle Neubauten. „Wir brauchen einen sofortigen Stopp aller geplanten Protzbauten der Bundesregierung“, sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch dem RND. Zugleich lobte er die Ankündigung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), den für dessen Ministerium geplanten Erweiterungsbau zu stoppen. Positiv äußerten sich dazu auch Union und Grüne.

Die Ankündigung finde er richtig, sagte Jan-Marco Luczak, baupolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, dem „Tagesspiegel“. Am weiterhin geplanten Kanzleramtsneubau festzuhalten, sei angesichts von Energiekrise und Inflation „ein völlig verfehltes politisches Signal“.

Soziale und ökologische Vorhaben voranbringen

Es sei besser, „mehr Wohnungen“ statt „Prachtbauten“ zu bauen, meinte auch der Bundestagsabgeordnete Bruno Hönel (Grüne, Mitglied im Haushaltsausschuss). „Die Haushaltslage ist herausfordernder als in der letzten Wahlperiode. Deshalb finde ich es richtig, die damals angestoßenen Neu- und Erweiterungsbauten vom Bundesfinanzministerium beziehungsweise dem Kanzleramt kritisch auf den Prüfstand zu stellen“, zitiert ihn der „Tagesspiegel“. Mit den Einsparungen in Millionenhöhe könne man „soziale und ökologische Vorhaben der Ampel-Koalition voranbringen“.

Einig sind sich die Grünen laut „ZDF“ allerdings nicht. So gebe es auch Gegner des Baustopps. Der Bundesrechnungshof habe im März 2022 gewarnt, dass „das Ende der Kostenspirale noch nicht gekommen“ ist. Es bestünden „erhebliche Risiken der Kosten und der Terminplanung“, heißt es in einem Bericht an den Haushaltsausschuss. Der Bund der Steuerzahler hatte indes eine Einstellung des Projekts befürwortet.

Streit in der Koalition

Aus dem Finanzministerium hieß es, bislang seien „anteilige Planungskosten in Höhe von rund 35 Millionen Euro“ angefallen. Eine Sprecherin sagte allerdings auch, dass das Einstellen des Projekts die Steuerzahler etwa 100 Millionen Euro kosten werde. „Für die Baumaßnahme selbst würden weitere 600 bis 800 Millionen Euro benötigt werden“, so ein Ministeriumssprecher. Lindner habe in der vergangenen Woche veranlasst, die bisherigen Planungen zu überprüfen. „Die Prüfung wurde aufgenommen, aber noch nicht abgeschlossen“, hieß es.

Nach Ansicht des „ZDF“ ist der Vorstoß Lindners zum jetzigen Zeitpunkt „Kalkül“. So habe die Ampelkoalition Probleme, den Haushalt für 2024 aufzustellen. Der Finanzminister möchte die Schuldenbremse wieder einhalten. Seine Koalitionspartner haben aber verschiedene Projekte mit einem Gesamtvolumen von 70 Milliarden Euro im Sinn. Seit Wochen dauere daher nun ein Streit an, wer den Fortschritt verhindere.

Bauministerin Geywitz: Andere Lösung kaum preiswerter

„Ein abruptes Einstellen der Arbeiten macht es automatisch nicht besser“, meint Bernhard Daldrup, Obmann der SPD-Fraktion im Bauausschuss des Bundestages. Und auch nicht billiger. Als Beispiel führt die SPD das Homeoffice auf. In dem Erweiterungsbau sollen 400 Beschäftigte Platz finden, die derzeit in anderen Gebäuden arbeiten. Eine „funktionale Regierungszentrale“ sei gerade in Krisenzeiten nötig, so das Argument im Kanzleramt. Arbeiten alle im Homeoffice, sei wenig gewonnen, glaubt Bundesbauministerin Klara Geywitz.

„Natürlich können die ihre Akten nicht am Montagabend mit in die S-Bahn nehmen und damit gemütlich nach Blankenfelde fahren, und es da ins Wohnzimmer legen und nachlesen“, erläutert die Sozialdemokratin. Würden die Pläne jetzt geändert oder gestoppt, kämen höhere Bau- und Planungskosten hinzu.

Ihr fehle „ein wenig die Phantasie, dass eine andere Lösung jetzt preiswerter wäre als die, die man vor vielen Jahren als wirtschaftlich berechnet hat“.

Die Planungen für das neue Kanzleramt gehen noch auf die Ära von Ex-Kanzlerin Angela Merkel zurück. Sie begannen 2016 unter dem damaligen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Ursprünglich sollte das Gebäude 485 Millionen Euro kosten, dann 600 Millionen, aktuell sind es etwa 777 Millionen Euro.



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