Neues Einbürgerungsgesetz: Behörden bereiten sich auf Antragsflut vor

Schon jetzt können Sachbearbeiter die Anträge auf Einbürgerung kaum mehr bewältigen. Die Bearbeitungszeiten betragen bis zu drei Jahre. Sachsen rechnet mit bis zu sechsmal mehr Anträgen durch das neue Gesetz.
Eine Einbürgerungsurkunde der Bundesrepublik Deutschland und ein deutscher Reisepass.
Mit dem Inkrafttreten des neuen Staatsbürgerschaftsrechts wird ein sprunghafter Anstieg bei den Einbürgerungsbegehren erwartet.Foto: Fernando Gutierrez-Juarez/dpa
Von 27. Juni 2024

Der Deutsche Landkreistag erwartet nach dem Inkrafttreten des neuen Einbürgerungsgesetzes einen drastischen Anstieg der Einbürgerungszahlen in Deutschland. „Wir schätzen, dass sich die Zahl der Einbürgerungsanträge verdoppeln, teilweise verdreifachen wird“, sagte der Präsident des Verbandes, Reinhard Sager, gegenüber der „Bild“ (Donnerstagsausgabe).

400.000 bis 600.000 Einbürgerungen pro Jahr?

Das werde zu einer deutlichen Mehrbelastung der zuständigen Behörden führen. Im vergangenen Jahr gab es bundesweit rund 200.000 Einbürgerungen. Sager erklärte: „Es ist ein generelles Ärgernis, dass der Bund und die Länder immer wieder Gesetze beschließen, die die Kommunen massiv belasten.“ Die Wut der Bürger wegen längerer Bearbeitungszeiten und der Überforderung der Ämter werde „nicht beim Kanzler, sondern bei uns abgeladen.“

Die Bundesregierung wollte die Schätzung von 400.000 bis 600.000 Einbürgerungen pro Jahr nicht kommentieren. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte der Zeitung: „Die Bundesregierung hat ausführlich dargelegt, dass nicht sicher vorhergesagt werden kann, wie sich die Anzahl der jährlichen Einbürgerungsverfahren in Deutschland nach der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts tatsächlich entwickeln wird.“

Rekordzahlen bei Einbürgerungen

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2022 rund 168.500 Personen eingebürgert. Gegenüber dem Vorjahr stieg die Anzahl um 37.000. An der Spitze stehen Syrer, die 29 Prozent aller Eingebürgerten ausmachten (plus 29.200), gefolgt von Ukrainern (plus 3.700), Irakern (plus 2.400) und Türken (plus 2.000). Insgesamt wurden Menschen mit 171 unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten eingebürgert, heißt es in einer Pressemitteilung des Bundesamtes.

Im vergangenen Jahr stieg die Anzahl der Einbürgerungen erneut an, und zwar auf 200.095. Das ist der höchste Wert seit Beginn der Zeitreihe, berichtete die Epoch Times. Gegenüber dem Vorjahr steigerte sich die Zahl um 18 Prozent. Menschen aus 157 unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten erhielten 2023 die deutsche Staatsbürgerschaft. Die fünf häufigsten vertretenen Staatsangehörigkeiten waren Syrien, Türkei, Irak, Rumänien und Afghanistan. Diese Länder stellten zusammengenommen über die Hälfte aller Einbürgerungen.

Schon jetzt können die Behörden die Antragsflut kaum mehr bewältigen. Wie der „Mediendienst Integration“ kürzlich mitteilte, sind in 42 Städten derzeit insgesamt 204.000 Anträge zu bearbeiten. Das habe eine Umfrage unter den 50 bevölkerungsreichsten Städten Deutschlands ergeben. Das Berliner Landesamt für Einwanderung habe zu Beginn des Jahres ca. 40.000 offene Fälle von den zuvor zuständigen Bezirksverwaltungen übernommen. In Hamburg liegen etwa 25.600 Personen unbearbeitet auf den Tischen, in München sind es knapp 17.600. Mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes könnte der Antragsberg weiter steigen.

Syrer mit weitem Abstand vorn bei Einbürgerungen

Die Bearbeitungszeit könne zwischen drei Monaten und drei Jahren liegen. Neben dem Bearbeitungsstau seien unvollständige Unterlagen oder die Mitarbeiter anderer Behörden die Gründe. So würden in Niedersachsen alle irakischen Identitätsdokumente beim Landeskriminalamt (LKA) überprüft werden.

Mehr als ein Drittel (75.500) der knapp 200.100 Eingebürgerten im vergangenen Jahr stammten dem Mediendienst zufolge aus Syrien. Mit weitem Abstand folgten Türken und Iraker (je 10.700) sowie Rumänen (7.600) und Afghanen (6.500).

Ein Antragsboom wird in Sachsen erwartet. Wie die „Sächsische Zeitung“ berichtet, warteten in Dresden rund 3.700 Anträge auf Bearbeitung. Die Bearbeitungszeit betrage derzeit zwei Jahre. Das neue Gesetz, das auch eine verkürzte Aufenthaltsdauer als Grundlage für eine Einbürgerung vorsieht (von acht auf fünf Jahre), werde die Situation der Behörden verschärfen, zitiert die Tageszeitung Stadtsprecher Alexander Buchmann. „Wir rechnen mit einer Verdreifachung bis Versechsfachung der Antragszahlen“, prognostiziert er. Es würden derzeit fünf neue Mitarbeiter eingearbeitet, die bei der Bewältigung der Antragsflut helfen sollen.

(Mit Material von dpa)



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