Nein zum „Windkraft-Ghetto“: Kleinstadt Altentreptow wehrt sich gegen 100 neue Anlagen
Der Regionale Planungsverband Mecklenburgische Seenplatte will in der kommenden Woche seine Pläne für die „Vorranggebiete für Windenergieanlagen“ vorstellen.
Schon jetzt sickerte durch, dass im direkten Umkreis um die Kleinstadt Altentreptow 100 neue große Windkraftanlagen entstehen sollen – zu den bereits bestehenden 120 Windrädern. Diese geplante Erweiterung sorgt bei der Altentreptower Wählergemeinschaft für viel Frust, wie der „Nordkurier“ berichtet.
Höchste Windraddichte im ganzen Land
Gerhard Quast, Stadtpräsident der Wählergemeinschaft, beklagte sich vehement beim jüngsten Bauausschuss: „Altentreptow wird damit endgültig zum Windkraft-Ghetto von Mecklenburg-Vorpommern. Wir haben schon jetzt die höchste Windrad-Dichte im ganzen Land.“ Gleichzeitig soll Altentreptow als Stadt aber nach wie vor keinen Sitz im Planungsverband besitzen – und somit hätte sie keine Stimme. Deswegen kritisierte Quast auch:
Es wird alles über unsere Köpfe hinweg entschieden. Das hat in meinen Augen nichts mehr mit Demokratie zu tun.“
Zudem sieht der Stadtpräsident durch den Windparkausbau die Kapazitäten im Wohnungsbau bedroht. „Es kann nicht sein, dass wir durch zwei neue Anlagen, die im Windpark Altentreptow-West entstehen sollen, am Ende 100 potenzielle Wohnungen verlieren. Wir brauchen neuen Wohnraum, gerade für junge Familien, sonst beschneiden wir uns selbst die Zukunft unserer Stadt“, sagte Quast lautstark.
Wutbrief an die Landesregierung
Der Stadtpräsident setzte bereits alle Hebel in Bewegung, um gegen das Vorhaben des Regionalen Planungsverbands vorzugehen. Zusammen mit dem Fraktionsvorsitzenden der Wählergemeinschaft, Mirko Renger, setzte er ein Schreiben auf, das an die Landtagspräsidentin Birgit Hesse (SPD) adressiert ist. Sie fordern darin die Landesregierung auf, sich für eine gerechtere Verteilung der Windkraftstandorte einzusetzen.
Dabei machte Quast besonders auf einen Umstand aufmerksam: In einigen Regionen, in denen viele „Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Regierung“ ihren Wohnsitz haben, stünden „überhaupt keine Windräder“.
Ganz anders sieht es in Altentreptow und Umgebung aus. Hier würden Menschen leben, die ebenso einen Anspruch auf eine Gleichbehandlung in Sachen Würde und Menschlichkeit haben, so Quast in dem Schreiben. Mit der vom Planungsverband fokussierten Teilausschreibung des Raumentwicklungsprogramms werde eine ganze Region „vergewaltigt und missbraucht“.
Ausbau schleppend, aber konstant
Der Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz hat bereits im Sommer den schleppenden Windkraftausbau in Mecklenburg-Vorpommern kritisiert. Die Situation hat sich kaum geändert. In den ersten neun Monaten dieses Jahres gingen in Mecklenburg-Vorpommern laut dem „Nordkurier“ 21 Windenergieanlagen mit einer Leistung von 81,4 Megawatt ans Netz. Das entsprach bei der Leistung im Vergleich zu 2022 zwar einem Anstieg um 101 Prozent. Damit erreichte Mecklenburg-Vorpommern lediglich einen Anteil von 3,3 Prozent am bundesweiten Ausbau.
Die Bundes- und Landesregierung hat sich einen viel schnelleren Ausbau der Windenergie erhofft. Jüngst kamen schon in der Windindustrie Zweifel auf, ob die ehrgeizigen Ausbauziele überhaupt realisierbar sind. Besonders die hohen Rohstoffpreise und die Inflation beklagen Branchenvertreter seit Längerem.
50Hertz warnte bereits vor einer Gefährdung von Jobs in der Windkraftbranche. „Es bereitet uns Sorge, dass der Standortvorteil auf der ostdeutschen Seite, gerade auch in Mecklenburg-Vorpommern, in Gefahr gerät“, sagte der 50Hertz-Vorsitzende Stefan Kapferer der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die Landesregierung von Manuela Schwesig (SPD) tue zu wenig für neue Windenergieanlagen.
Kapferer forderte die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern auf, vor Ort mehr zu werben und „das Positive“ herauszustellen. Die Energiewende bringe Jobs ins Land, „das sollte man nicht verspielen“.
Die ablehnende Haltung einiger Menschen vor Ort gegenüber Windkraftanlagen beklagte der 50Hertz-Chef. Wer meine, „mit Widerstand gegen die Erneuerbaren seiner Region zu nützen, der täuscht sich. Das kommt als Bumerang zurück.“ Ob dieses Argument die kritischen Stimmen eindämmt, ist fragwürdig. Denn viele vertreten weiterhin den Standpunkt, dass Windkraftanlagen nicht nur ein wirtschaftliches Desaster, sondern auch ein ökologisches sind.
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