Nehmen Stromausfälle in Deutschland zu?

Die momentane Energiekrise deutet auf eine sich verschlechternde Energieversorgung und ein höheres Risiko für Stromausfälle hin. Ein Blick auf die Statistik gibt jedoch Entwarnung – vorerst.
Nehmen Stromausfälle in Deutschland zu?
Hochspannungsleitungen stehen in der Nähe des Kohlekraftwerks Niederaußem am 16. Oktober 2022 bei Bergheim, Deutschland.Foto: Andreas Rentz/Getty Images
Von 27. Oktober 2022

Menschen, die vor einem Zusammenbruch unseres Stromnetzes gewarnt oder sich gar darauf vorbereitet haben, galten früher allgemein als Endzeitfanatiker. Mit jedem Großkraftwerk, das die Regierung abstellt, scheinen jedoch Stromausfälle heutzutage immer wahrscheinlicher zu werden.

Vor diesem Szenario eines länger andauernden flächendeckenden Stromausfalls – genannt Blackout – warnten in den vergangenen Wochen auch immer mehr Medien. Immer mehr Städte, Landkreise, Unternehmen und Behörden bereiten sich nun auf diesen Ernstfall vor.

Ein Pressebericht der Bundesnetzagentur vom 12. Oktober informiert über eine im Allgemeinen gute Stromversorgung in Deutschland im Jahr 2021. Betitelt wird dieser mit einem Zitat des Präsidenten Klaus Müller: „Qualität der Stromversorgung 2021 auf hohem Niveau“. Anders als die Überschrift vermittelt der Inhalt des Textes jedoch zunächst einen anderen Eindruck.

Der Bericht gibt die durchschnittliche Unterbrechungsdauer je angeschlossenem Letztverbraucher im deutschen Stromnetz an. Diese stieg erstmalig seit 2017 wieder an und nahm im Vergleich zum Vorjahr um 1,97 Minuten auf 12,7 Minuten zu. Sprich, 2021 hatte jeder Haushalt im Durchschnitt etwas über zwölf Minuten keinen Strom.

Die Bundesnetzagentur begründet den Anstieg der Störungen primär mit einem Vorfall auf der Mittelspannung. Dabei habe es unter anderem einen Vorfall in einem Umspannwerk gegeben, der durch einen gasbefüllten metallbeschichteten Ballon ausgelöst wurde. Der Anstieg in der Niederspannung ist unter anderem auf ein Hochwasserereignis zurückzuführen.

Bundesnetzagentur erfasst Versorgungsunterbrechungen

Die Betreiber von Energieversorgungsnetzen berichten der Bundesnetzagentur jährlich über alle in ihren Netzen aufgetretenen Versorgungsunterbrechungen, die länger als drei Minuten dauern. Der jeweilige Bericht enthält Zeitpunkt, Dauer, Ausmaß und Ursache der Versorgungsunterbrechungen.

Für das Jahr 2021 haben 850 Netzbetreiber insgesamt 166.615 Versorgungsunterbrechungen in der Nieder- und Mittelspannung übermittelt. Die Anzahl der Störungsmeldungen nahm gegenüber dem Vorjahr um etwa 4.400 Meldungen zu. Auch zwischen den Bundesländern gibt es Unterschiede: Die Hauptstadt verzeichnete dabei die durchschnittlich kürzesten Unterbrechungen pro Einwohner. Im benachbarten Brandenburg fiel der Strom im Mittel mehr als doppelt so lang aus.

Durchschnittliche Versorgungsunterbrechung je angeschlossenen Letztverbraucher 2021 nach Bundesländern. Foto: Bundesnetzagentur, CC BY-ND 3.0 DE

Ahrtal-Stromausfälle entfallen der Statistik

Aus allen ungeplanten Unterbrechungen, die nicht auf Ereignisse der höheren Gewalt zurückzuführen sind, ermittelt die Bundesnetzagentur den sogenannten SAIDIEnWG (System Averge Interruption Duration Index). Dieser spiegelt die durchschnittliche Versorgungsunterbrechung je angeschlossenen Letztverbraucher und Spannungsebene innerhalb eines Kalenderjahres wider.

Extreme Ereignisse wertet die Bundesnetzagentur als höhere Gewalt und demnach fließen sie nicht in die Berechnung mit ein. So auch die Flutkatastrophe im Ahrtal im vergangenen Jahr. Nach der katastrophalen Überschwemmung hatten viele Haushalte tage- oder sogar wochenlang keinen Strom. In die Statistik fließt dieses Ereignis jedoch nicht mit ein. Laut „Blackout News“ erfasst die Statistik auch solche Stromausfälle nicht, die durch Sturmschäden und Schneebruch oder ähnliche verursacht wurden. Alleine die Ausfälle im Ahrtal hätten aber die Ausfallzeit deutlich nach oben angehoben.

15-Jahres-Trend

Im aufgeführten Langzeittrend ist zu sehen, dass der neuerliche Anstieg nicht dramatisch ist. Er liegt sogar tatsächlich auf einem relativ niedrigen Niveau. Von 2006 bis 2013 und in den Jahren 2017 und 2018 lag die durchschnittliche Unterbrechungsdauer teils deutlich über dem Wert von 2021. Der Höchstwert in diesem Trend liegt bei 21,5 Minuten Unterbrechungsdauer.

Für das aktuelle Jahr liegen derzeit noch keine Zahlen vor. Jedoch lässt die aktuelle Energiekrise vermuten, dass der Wert für dieses Jahr erneut steigen dürfte.

Entwicklung der durchschnittlichen Versorgungsunterbrechung je angeschlossenen Letztverbraucher. Foto: Bundesnetzagentur, CC BY-ND 3.0 DE



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