Nehmen Messerangriffe zu? Die Statistik dazu kommt erst 2022
Kaum ein Tag in Deutschland vergeht ohne einen Messerangriff oder eine Messerstecherei. War das schon immer so? Oder nimmt die Zahl der Attacken zu?
Auch wenn Polizei und Politik verstärkt darüber diskutieren – belastbare Zahlen gibt es bislang keine. Und so schnell wird sich das auch nicht ändern.
Zwar hat die Innenministerkonferenz (IMK) entschieden, dass die Kriminalstatistik des Bundes künftig Angaben zu Messern als Tatmittel enthalten soll. Die Umsetzung dürfte aber mehrere Jahre dauern, wie das Bundeskriminalamt (BKA) der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sagte der dpa: „Wir haben gehört, dass es noch bis 2022 dauern soll, aber das halten wir für zu spät.“
Die GdP hatte vor gut einem Jahr „angesichts offenbar zunehmender Messerangriffe“ eine „gesellschaftliche Grundsatzdebatte über wirksame Gegenmaßnahmen“ gefordert. Es gebe kaum einen Tag, an dem nicht Polizeimeldungen über gefährliche oder sogar tödliche Messerattacken bekannt würden, hatte Malchow damals mitgeteilt.
Nach BKA-Angaben erarbeiten die Gremien der IMK zurzeit die Leitlinien für die Umsetzung einer statistischen Erfassung von Messerangriffen. Die Kriminalstatistik basiere auf den Datensätzen der einzelnen Bundesländer – „sobald dort eine einheitliche Erfassung sichergestellt ist, können die entsprechenden Daten in die bundesweite Statistik einfließen“, erklärte das BKA. Doch das brauche „aufgrund der erforderlichen Umstellung von technischen Erfassungssystemen in den Bundesländern“ eben noch Zeit.
„Derzeit kann das BKA keine Aussagen dazu treffen, ob Angriffe mit Messern in Deutschland zunehmen“, heißt es aus Wiesbaden. Befragungen zeigten allerdings einen Trend zum häufigeren Messertragen, insbesondere bei Menschen zwischen 14 und 39 Jahren. „Als Gründe für das Mitführen eines Messers werden insbesondere die Angst, Opfer einer Straftat zu werden, sowie die Orientierung an Männlichkeitsnormen angeführt.“
Nach BKA-Angaben geht aus Studien hervor, dass das Tragen von Messern Einfluss auf das Gewaltverhalten haben kann: Jugendliche, die Messer mit sich führen, haben demnach ein doppelt so hohes Risiko, Gewalttaten auszuführen, wie Jugendliche, die kein Messer mit sich führen. „Das Bundeskriminalamt rät vom Mitführen jeglicher Arten von Waffen ab. Auch zu Verteidigungszwecken sollten Waffen, wie zum Beispiel Messer und Pfeffersprays, nicht mitgeführt werden“, betont die Behörde.
Nach Beobachtung der GdP in Nordrhein-Westfalen gibt es dort zunehmend Messerattacken auf Polizisten. Malchow sagte: „Mein Stellvertreter Michael Mertens geht davon aus, dass bei Konflikten immer häufiger das Messer gezückt wird. Entweder werde mit dem Messer bedroht oder es direkt eingesetzt.“
Mit einer Reihe groß angelegter Messer-Kontrollen hat die Bundespolizei jüngst in mehreren deutschen Städten Aufmerksamkeit erregt. Ein „temporäres Mitführverbot von gefährlichen Werkzeugen“ galt etwa in Berlin, und zwar an 13 Wochenenden bis Januar auf einer viel befahrenen Bahnstrecke im Stadtzentrum. Kontrolliert wurden nach Angaben der Bundespolizei mehr als 7500 Menschen, bei 179 wurden Verstöße gegen das Mitführverbot registriert. Die Polizisten stellten bei ihnen 363 gefährliche Gegenstände sicher – verschiedene Messer, Reizstoffe, Pyrotechnik sowie potenzielle Schlag- und Stichgegenstände. (dpa)
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