SPD-Parteikonvent: Nahles ruft zum Kampf gegen „Hetzer“ und „Laue“ in Europa

Andrea Nahles erklärt in ihrer heutigen Rede: "Wir lassen uns dieses Europa nicht kaputtreden" und benennt namentlich Alexander Gauland, Matteo Salvini und Viktor Orbán. "Hetzer und Ewiggestrige" würden nicht durchkommen - "unsere Werte sind stärker".
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SPD-Chefin Andrea Nahles am 23. März 2019.Foto: Michele Tantussi/Getty Images
Epoch Times23. März 2019

Mit Attacken gegen die AfD, aber auch gegen den Koalitionspartner startet die SPD-Spitze in den Europawahlkampf. Parteichefin Andrea Nahles warnte auf dem Parteikonvent am Samstag vor einem Erstarken von „Hetzern und ewig Gestrigen“. Der Zusammenhalt in Europa werde allerdings auch gefährdet von „Lauen“ wie CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Die SPD-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Katarina Barley, betonte, die Abstimmung sei eine „Richtungsentscheidung“.

Nahles erinnerte in ihrer Rede vor den rund 200 Delegierten und Funktionären in Berlin an das europäische Zusammenwachsen in den vergangenen Jahrzehnten. Nun gebe es Leute, „die wollen das Rad wieder zurückdrehen“ hin zu mehr Nationalstaatlichkeit.

Aber „wir lassen uns dieses Europa nicht kaputtreden“, sagte Nahles. Namentlich erwähnte sie den AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland, den italienischen Innenminister Matteo Salvini und den ungarischen Regierungschef Viktor Orban. „Hetzer und Ewiggestrige“ würden nicht durchkommen – „unsere Werte sind stärker“, rief Nahles.

Allerdings werde der Zusammenhalt in Europa auch von den „Lauen“ gefährdet. Das seien diejenigen, „die Europa vor allem durch die innenpolitische Brille betrachten“, etwa die CDU-Vorsitzende Kramp-Karrenbauer.

Wir brauchen nicht die Lauen“, sondern „Europäerinnen und Europäer mit Herzblut“, sagte Nahles.

Justizministerin Katarina Barley sagte, ihrer Wahrnehmung nach seien die Menschen „total bereit“ für die Europawahl. Den Bürgern sei bewusst, dass es hier um eine „Richtungsentscheidung“ gehe. Ein Grund dafür sei der Brexit.

Europawahlprogramm einstimmig angenommen

Am Nachmittag nahm der Parteikonvent einstimmig das Europawahlprogramm an. Darin fordern die Sozialdemokraten unter anderem einheitliche Regeln für die Höhe von Mindestlöhnen in Europa sowie Mindestsätze für die Unternehmensbesteuerung. Daneben spricht sich die SPD für eine europaweite Finanztransaktionssteuer aus, für ein schärferes Vorgehen gehen Steuervermeidung und für strengere Auflagen gegen Digitalkonzerne wie Google und Facebook.

In Fragen der Inneren Sicherheit plädieren die Sozialdemokraten für eine engere Kooperation der Sicherheitsbehörden in Europa. Im Umgang mit Flüchtlingen fordern sie einen „solidarischen Verteilungsschlüssel“.

Von ihrem Ergebnis bei der Europawahl 2014 mit 27,3 Prozent sind die Sozialdemokraten in Umfragen derzeit weit entfernt. Verschiedene Erhebungen sagten ihnen für die Abstimmung am 26. Mai zuletzt etwa 16 bis 18 Prozent voraus, ungefähr so viel wie den Grünen und deutlich weniger als der Union.

SPD befürwortet Schülerdemo: „Auch wir gehören auf die Straße“

Die SPD hat den Schülerdemos für mehr Klimaschutz ihre Unterstützung ausgesprochen. Der Parteikonvent in Berlin beschloss am Samstag mit deutlicher Mehrheit eine Resolution, in der es heißt, die Sozialdemokraten fänden „das Engagement, die Kreativität des Protests und die Zähigkeit der Jugend großartig“. Die Jugendlichen müssten Gehör finden. In dem Beschluss heißt es:

Der Klimawandel ist real, er findet auch vor unserer Haustür statt. Wir sind die letzte Generation, die das lebensbedrohliche Ausmaß der Erderwärmung bei zügigem Handeln noch abwenden kann.“

Unter dem Motto „Fridays for Future“ gehen in vielen deutschen und europäischen Städten jeden Freitag junge Leute auf die Straße, um mehr Einsatz für den Klimaschutz zu fordern. Die SPD will nun die Einbindung der Schüler in das weitere Vorgehen organisieren:

Wir werden Möglichkeiten der Beteiligung schaffen und laden die Initiative ‚Fridays for Future‘ ein, ihre Expertise einzubringen.“

Der SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Udo Bullmann, legte seinen Parteikollegen die Teilnahme an den Protesten nahe. Zu den Schülerdemos sagt er:

Da gehören wir hin. Auch wir gehören auf die Straße.“

 SPD-Vize Dreyer lehnt CDU-Kompromissvorschlag bei Grundrente ab

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Malu Dreyer hat bei der Grundrente den Kompromissvorschlag des Thüringer CDU-Vorsitzenden Mike Mohring zurückgewiesen.

Ich bleibe dabei: eine Bedürftigkeitsprüfung ist da absolut nicht angemessen“,

sagte Dreyer den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Eine Prüfung würde unnötig Bürokratie schaffen und Altersarmut in Kauf nehmen, „weil viele Menschen, die 35 Jahre lang hart für unsere Gesellschaft gearbeitet haben, sich schämen, zum Sozialamt zu gehen“.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin sagte:

Wir wollen ihnen mit der Grundrente Respekt zollen und sie nicht zu Sozialhilfeempfängern machen.“

Mohring, CDU-Präsidiumsmitglied und Spitzenkandidat für die Landtagswahl, hatte zuvor eine einfachere Form der Bedürftigkeitsprüfung ins Spiel gebracht, um die Blockade in der großen Koalition aufzulösen. So könnte sich eine Prüfung auf die tatsächlichen Alterseinkünfte beschränken.

Nahles dringt auf langfristiges Rüstungsembargo gegen Saudi-Arabien

Andrea Nahles bekräftigte die Forderung ihrer Partei nach einem langfristigen Embargo für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien. So lange im Jemen „Woche für Woche Menschen sterben“ und Saudi-Arabien dort Kriegspartei sei, „so lange darf es keine weiteren Waffenlieferungen aus Deutschland geben“, sagte sie.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) warnte hingegen vor einer Blockade von europäischen Projekten und forderte die SPD zum Einlenken auf.

Die Bundesregierung hatte im Herbst in Reaktion auf die Ermordung des saudiarabischen Journalisten Jamal Khashoggi entschieden, vorerst keine Rüstungsgüter mehr an Riad zu liefern. Das Embargo läuft nach aktuellem Stand Ende März aus. In Frankreich hatte die Zurückhaltung der Bundesregierung mit Blick auf künftige deutsch-französische Rüstungsprojekte zuletzt Befremden ausgelöst.

Einwände wegen der Blockade europäischer Rüstungsprojekte durch den deutschen Exportstopp wies Nahles indes zurück. Aus Rücksicht auf europäische Partner das Embargo zu beenden – „das kann so nicht die Lösung sein“, sagte sie. Die SPD wolle „eine restriktive Rüstungspolitik“, betonte Nahles.

„So wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen“, kritisierte hingegen Unionsfraktionschef Brinkhaus. „Da muss die Koalition sich auch einmal sehr ehrlich machen“, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) vom Samstag.

Eine Verlängerung des Rüstungsembargos würde auch zahlreiche europäische Projekte mit deutschen Bauteilen blockieren. Deutschland wolle eine gemeinsame europäische Verteidigungspolitik, auch um den europäischen Pfeiler der Nato zu stärken, sagte Brinkhaus. „Dazu müssen wir auch bei gemeinsamen Rüstungsprojekten stärker kooperieren.“ Deshalb sei gegenüber den Partnern, darunter nicht nur Frankreich, „eine hohe Verlässlichkeit“ nötig.

Nachvollziehbare Regeln seien auch im Interesse der SPD, mahnte der CDU-Politiker. Die SPD lege an anderer Stelle zu Recht großen Wert auf eine enge europäische Zusammenarbeit. „Und wenn man auch in der Rüstung mit europäischen Partnern zusammenarbeitet, muss man anders agieren, als wenn es um rein deutsche Projekte geht“, so Brinkhaus – „sonst hat man bald keine Partner mehr“. (afp/dpa/sua)



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