Nach Solingen: Grüne fordern Änderung des GG in Innen- und Flüchtlingspolitik
Die Grünen fordern nach dem Anschlag in Solingen eine Zeitenwende in der Innen- und Flüchtlingspolitik. In einem Positionspapier, das der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag vorlag, plädieren Fraktionsvize Konstantin von Notz und Parlamentsgeschäftsführerin Irene Mihalic für eine bessere Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Sicherheitsfragen.
Die beiden Autoren, Konstantin von Notz und Irene Mihalic, schlagen in ihrem Positionspapier eine Art Sondervermögen vor, das sie als „Basisinvestition“ bezeichnen. Konkrete Zahlen oder Summen nennen sie nicht.
Eine Art „Sondervermögen“ für innere Sicherheit
Ihr Konzept hat das Ziel, die Finanzierung der inneren Sicherheit neu zu ordnen und langfristig zu stärken. Ein Hauptaspekt dieser „Basisinvestition“ ist eine gemeinsame Finanzierung: Bund und Länder sollen gemeinsam ermitteln, wie viel Geld für Personal und Technik der Sicherheitsbehörden nötig ist.
Ähnlich einem „Sondervermögen“ soll die „Basisinvestition“ speziell für die Stärkung der inneren Sicherheit verwendet werden. Die Mittel sollen verschiedenen Bereichen zugutekommen, darunter den Ausländerbehörden, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, der Justiz und der Integration.
Um dieses Konzept umzusetzen, schlagen die Autoren vor, die innere Sicherheit als Gemeinschaftsaufgabe im Grundgesetz zu definieren, was eine Änderung der Verfassung notwendig machen würde.
Die Zuständigkeit für die innere Sicherheit ist in Deutschland zwischen Bund und Ländern aufgeteilt, wobei die Länder die Hauptverantwortung tragen. Die Polizeibehörden unterstehen primär den Ländern, der Bund hat nur in bestimmten Bereichen Zuständigkeiten, wie etwa beim Bundeskriminalamt oder beim Bundesgrenzschutz.
Diese Struktur wurde nach 1949 als Reaktion auf die Erfahrungen der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus bewusst gewählt. Zusätzlich gibt es Einrichtungen wie das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum, die den Informationsaustausch zwischen Bundes- und Landesbehörden ermöglichen.
Die föderale Struktur und die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung des Bundes sind im Grundgesetz festgeschrieben und gelten als unantastbar (Art. 79 Abs. 3 GG).
Mehr Abschiebungen, besserer Vollzug
Die Grünen-Politiker fordern unter anderem eine bessere Vernetzung von Polizeien und Nachrichtendiensten sowie eine Prüfung möglicher neuer Befugnisse für die Behörden. Zudem müsse das Personal zur Überwachung von Gefährdern aufgestockt werden, so von Notz und Mihalic.
Abschiebungen von Ausreisepflichtigen sollten „entschlossen“ durchgeführt werden. „Es darf nicht länger hingenommen werden, dass zehntausende Menschen, die aufgrund vorliegender Voraussetzungen abgeschoben oder überstellt werden könnten, im Land bleiben“, heißt es in dem Papier.
Der Vollzug sei hier „noch mit zu vielen Mängeln behaftet“. Dauerhafte Grenzkontrollen – wie von der Union gefordert – sehen die Grünen-Politiker allerdings „skeptisch“, da sie Polizeikräfte dauerhaft binden würden. Vorzuziehen seien mobile Binnengrenzkontrollen.
Zugang zu Waffen: „So strikt wie möglich“
Von Notz und Mihalic fordern eine entschlossene Reform des Waffengesetzes: Der Zugang zu Schuss- und Stichwaffen müsse so „strikt wie möglich“ geregelt werden.
Notwendig sei auch eine „Vollstreckungsoffensive von Haftbefehlen“. Den beiden Politikern zufolge seien derzeit rund 170.000 Haftbefehle in Deutschland nicht vollstreckt sind, davon gut 14.000 auf Grund von Gewaltdelikten. „Wenn auf schwere Verbrechen keine Strafe folgt, verliert der Staat seine Autorität“, heißt es in dem Papier dazu.
Mehr Investitionen in innere Sicherheit
Insgesamt kritisierten die beiden, dass Investitionen in die innere Sicherheit „sträflich vernachlässigt“ worden seien. Dem Bundesinnenministerin von Nancy Faeser (SPD) werfen sie vor, eine „in weiten Teilen veraltete Sicherheitspolitik“ zu verfolgen. Es verfange sich „viel zu sehr in Symboldebatten“, statt auf die Defizite einzugehen.
Der Messeranschlag von Solingen mit drei Toten vergangene Woche Freitag hatte die Debatte über Asyl und Abschiebungen neu entfacht. Der mutmaßliche Täter, ein 26-jähriger Syrer, hätte nach den sogenannten Dublin-Regeln eigentlich schon im vergangenen Jahr in das EU-Land Bulgarien abgeschoben werden sollen, wo er zuerst europäischen Boden betreten hatte. Er wurde aber von den Behörden nicht in seiner Unterkunft angetroffen, die danach offenbar keinen neuen Versuch unternahmen.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte bereits baldige Gespräche mit der Union und Vertretern der Länder über Änderungen in der Migrationspolitik an. (afp/red)
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