Nach Pannen: Bundestagswahl in Berlin wird am Sonntag teilweise wiederholt
Wegen zahlreicher Pannen muss die Bundestagswahl vom September 2021 in Berlin am Sonntag teilweise wiederholt werden. Warum das nötig ist und was mögliche Folgen sein könnten:
Was lief bei der Wahl 2021 schief?
Bei der Bundestagswahl im September 2021 bildeten sich vor einigen Wahllokalen der Hauptstadt lange Schlangen. Grund waren fehlende oder falsche Stimmzettel, teils waren auch zu wenige Wahlkabinen vorhanden.
Einige Wahllokale wurden zeitweise geschlossen, andere blieben bis deutlich nach 18:00 Uhr geöffnet, als schon die ersten Prognosen über den Ausgang veröffentlicht wurden. Später gab es mehr als 1700 Einsprüche gegen die Wahl, unter anderem vom damaligen Bundeswahlleiter selbst.
Wie viele Wahlkreise sind betroffen?
Die teilweise Wiederholungswahl findet in 455 Wahlbezirken statt. Dies ist rund ein Fünftel der insgesamt 2256 Wahlbezirke in Berlin. Damit sind laut Landeswahlleiter fast 549.000 Wahlberechtigte aufgerufen, erneut ihre Stimmen abzugeben.
Das Bundesverfassungsgericht lehnte im Dezember Forderungen nach einer umfangreicheren Wiederholung ab. Die Unionsfraktion hatte verlangt, dass die Zweitstimmen für die Parteilisten in der Hälfte der Berliner Wahlkreise neu abgegeben werden, die AfD wollte sogar eine komplette Wahlwiederholung.
Können sich die Kräfteverhältnisse im Bundestag ändern?
Das ist unwahrscheinlich. Erneut zur Abstimmung aufgerufen ist nur gut ein Fünftel der Wahlberechtigten in Berlin. Das Hauptstadt-Bundesland stellt zudem nur 29 der 736 Abgeordneten im Bundestag – zwölf von ihnen wurden als Direktkandidaten mit der Erststimme in den Wahlkreisen gewählt, weitere 17 über die Landeslisten durch die Zweistimme.
Durch die Teilwiederholung verlieren die Parteien einen Teil ihrer Listenmandate, die nun erneut gewonnen werden müssen. Nicht ausgeschlossen ist auch, dass zwei bis drei Direktmandate neu verteilt werden.
Dabei geht es insbesondere um den besonders stark betroffenen Wahlkreis Pankow, wo der Grünen-Abgeordnete Stefan Gelbhaar (Grüne) das Direktmandat innehat.
Änderungen sind auch in Reinickendorf denkbar, wo Monika Grütters (CDU) 2021 mit einem relativ knappen Vorsprung gewann. Als nicht ausgeschlossen gilt auch ein Wechsel in Charlottenburg-Wilmersdorf, wo Michael Müller (SPD) über das Direktmandat verfügt.
Ist die Präsenz der Abgeordneten von Linken oder BSW im Bundestag in Gefahr?
Die Linke scheiterte bei der Wahl 2021 bundesweit an der Fünfprozenthürde, konnte aber dennoch mit 39 Abgeordneten in den Bundestag einziehen. Ermöglicht wurde dies über die sogenannte Grundmandatsklausel. Sie setzt drei Direktmandate in Deutschland voraus, wovon zwei bei der Linken in Berlin lagen.
Die beiden Wahlkreise von Gregor Gysi und Gesine Lötzsch in Berlin sind aber von der Teilwiederholung in so geringem Maße betroffen, dass Änderungen nicht zu erwarten sind.
Insofern würden die Linken-Abgeordneten über die Grundmandatsklausel im Bundestag bleiben. Dies gilt auch für die ehemaligen Linken-Vertreter, die inzwischen dem neu gegründeten Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) angehören.
Kann die Wahl Auswirkungen auf andere Bundesländer haben?
Ja. Bei der Wiederholungswahl wird das Ergebnis der Wahl bundesweit neu festgestellt. „Es kann daher zu länderübergreifenden Verschiebungen bei der Sitzverteilung kommen“, erläutert die Behörde der Bundeswahlleiterin. „Somit können auch in anderen Bundesländern neue Mandatsgewinne und -verluste entstehen.“
Betroffen wären über die Zweistimmen gewählte Bewerber auf den Landeslisten der Parteien. Hier könnten die Berliner Wahllisten bei der bundesweiten Verteilung unter den jeweiligen Parteien mehr oder weniger zum Zuge kommen, als 2021 zunächst festgestellt wurde.
Wer darf erneut wählen?
Wer wahlberechtigt ist und am 31. Dezember in einem der betroffenen Bezirke seinen Wohnsitz hatte, darf zur Abstimmung. Wer seit der ursprünglichen Wahl in ein nicht betroffenes Viertel um- oder aus Berlin weggezogen ist, nicht.
Dürfen neue Parteien oder Kandidaten bei der Wahlwiederholung antreten?
Nein. Nach Paragraf 44 Bundeswahlgesetz findet eine Wiederholungswahl mit denselben Wahlvorschlägen statt. Auch Politiker, die aus ihrer Partei inzwischen austraten, stehen damit weiter mit ihrer alten Partei auf der Kandidatenliste. Verstorbene Bewerber wurden ersatzlos gestrichen. (afp)
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