Nach Gewaltvorfällen: Sicherheitskonzept für Freibäder veröffentlicht
Anlässlich wiederholter Gewaltvorfälle in Freibädern hat die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) ein umfassendes Sicherheitskonzept vorgelegt, das Bäderbetrieben bundesweit als Orientierungshilfe für eine sichere Freibadsaison dienen soll.
In der Badesaison 2023 kam es deutschlandweit in Freibädern zu Gewaltvorfällen. Dabei erregte besonders die Gewalt in Berliner Bädern die mediale Aufmerksamkeit.
Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Innensenatorin Iris Spranger (SPD) vereinbarten daraufhin mit den Berliner Bäder-Betrieben (BBB), Europas größtem kommunalen Bäderbetreiber, Maßnahmen für mehr Sicherheit.
Dazu gehörten unter anderem Videoüberwachung des Ein- und Ausgangsgangbereichs in vier „Brennpunkt-Freibädern“ und eine Ausweispflicht für Badegäste ab 14 Jahren. Die Polizei setzte damals zudem mobile Wachen an den Bädern ein. Die Zahl der Sicherheitskräfte wurde auch erhöht.
In einigen Bädern eskalierten die Konflikte häufig bei Auseinandersetzungen in Warteschlangen, an Rutschen und Sprungtürmen oder – bei großem Andrang. Auch sexuelle Belästigungen von weiblichen Badegästen waren häufig Auslöser für Gewaltdelikte.
Berlin zieht erste positive Bilanz
Mitte Juli zogen die BBB eine erste „positive Bilanz“ für die Sommersaison 2024: „In den 15 geöffneten Freibädern wurden seit Beginn der Saison am 27. April 2024 rund 570.000 Besucher gezählt, bislang hat es keine gravierenden Vorfälle gegeben“, heißt es in einer Mitteilung.
Seit dem 1. Juni teste man zudem in den Sommerbädern Neukölln und Pankow die SafeNow-App, die es Gästen ermöglicht, bei Bedarf den Sicherheitsdienst zu Hilfe zu holen.
Insgesamt seien 303 Personen wegen Verstößen gegen die Haus- und Badeordnung für einen Tag des Bades verwiesen worden, 38 Personen hätten Hausverweise für die gesamte Saison erhalten.
„Unser diesjähriges Konzept hat den ersten Praxistest bestanden“, sagte der Vorstandsvorsitzende der BBB, Dr. Johannes Kleinsorg, am Donnerstag, 1. August, bei der Vorstellung der Zahlen im Sommerbad Neukölln. Auch die verstärkte Zusammenarbeit mit Polizei und externen Sicherheitsfirmen sowie entsprechende Trainings mit den Teams hätten sich bewährt.
Bessere Ausstattung, bessere Schulung, bessere Organisation
Die neuen Vorschläge des DGfdB beziehen sich auf die Schulung des Personals, auf die Ausstattung mit technischen Hilfsmitteln und auf die Organisation der betrieblichen Abläufe.
Damit sollen die einschneidenden Folgen, die Gewaltvorfälle in der Vergangenheit für die betroffenen Bäder hatten, von der Schließung bis zu psychischen Belastungen des Personals, die oft zu Krankmeldungen führten, in Zukunft möglichst vermieden werden.
Dabei geht es darum „Problemszenarien“ durch Vorbeugungsmaßnahmen gar nicht erst entstehen zu lassen und die Mitarbeiter und Betriebsabläufe gleichzeitig auf solche Situationen vorzubereiten und zu trainieren, sodass sie wissen, was dann zu tun ist.
DGfdB: Badpersonal sollte auf „Crash-Kids“ zugehen
Bei der Problemlösung ist laut DGfdB ein ganzheitlicher Ansatz nötig. So bedürfe es der Zusammenarbeit mit Behörden, wie Polizei und Jugendämter, der Einbindung relevanter Gruppen der Sozialarbeit.
Auch eine direkte Ansprache von Problemgruppen durch das Personal kann notwendig sein.
Dazu heißt es in der Handlungsempfehlung:
„Das Badpersonal könnte doch mal ins Jugendzentrum gehen und mit den Crash-Kids [Unruhestifter] ein Gespräch anfangen. ‚Was machst du eigentlich, wenn dein kleiner Bruder ins Wasser fällt? Kannst du ihn herausholen und wiederbeleben?‘“
Im Idealfall ergebe sich daraus das Interesse an der Ausbildung im Rettungsschwimmen und im Sommer vielleicht sogar ein Job im Bad, heißt es weiter. „Bäder können sich so in das soziale Netz der Stadt einbringen, sich damit unverzichtbar machen und ihren Bestand zusätzlich sichern.“
Umgekehrt wird auch empfohlen, über enge Partnerschaft mit sozialen Vereinen diese „zielgerichtete Angebote für die entsprechenden Nutzergruppen“ übernehmen zu lassen. Mögliche Konflikte ließen sich so möglicherweise frühzeitig entschärfen, heißt es.
Konkret benannt werden dazu Sozialarbeiter und Notfallseelsorger mit Erfahrungen in der interkulturellen Arbeit. Sie könnten Beschäftigungsprogramme im Bad, eine präventive Streitschlichtung oder auch die Kommunikation in Warteschlangen übernehmen.
Rückzugsräume und Videoüberwachung
Laut dem Sicherheitskonzept der DGfdB könnte Präventivarbeit auch durch die Organisation des Betriebsablaufes stattfinden: „Wer einfach zum Bad gelangt und nicht lange warten muss, ist ggf. weniger aggressiv. Wer eine straffe Betriebsorganisation, z. B. in Form eines geforderten Identitätsnachweises, vor sich sieht, hat vielleicht eher Respekt.“
Dazu zählt auch die Begrenzung der Besucherzahlen, damit es nicht zu beengten Situationen kommt. Eine breit gefächerte Darstellung der Attraktivität des Bades für verschiedene Zielgruppen soll mehr „normale Gäste“ in das Bad ziehen, um den Anteil problematischen Besucher möglichst kleinzuhalten.
Außerdem gibt es Hinweise zur technischen Ausstattung der Bäder samt Videoüberwachung und sicheren Rückzugsräumen für das Badpersonal bei Eskalationen.
Vieles davon habe die BBB bereits umgesetzt, erklärt man der Epoch Times auf Nachfrage. So hätten man die Freizeit- und Bewegungsangebote in den Bädern für verschiedene Altersgruppen erweitert. Dazu gehören Spielplätze und Sportgeräte.
In den drei Sommerbädern in Pankow, Kreuzberg und Neukölln gebe es mit Beginn der Sommerferien zudem betreute Sportangebote, finanziert durch das Land.
Durch die Fokussierung auf Onlinetickets habe man die Einlasssituation beschleunigt, was auch eine Entlastung für die Beschäftigten darstelle.
Zudem könnten die Gäste jetzt online schauen, wie stark die Bäder ausgelastet seien und dann gegebenenfalls ausweichen. „All das hat zu einer spürbaren Entspannung in den Bädern beigetragen“, so Kleinsorg.
Eindrücke von Badegästen
In der letzten Badesaison trafen wir am Neuköllner Columbiabad – einem Berliner sogenannten Brennpunkt-Freizeitbad – Manfred (53), der als Mediengestalter arbeitet. Er erklärte, dass für ihn eine fehlende Integration von Migranten und die kulturellen Unterschiede die Hauptursachen für die Gewaltvorfälle in den Bädern seien.
Für den Medienschaffenden Paul (52) hingegen liegt das Problem auch an der massiven Präsenz von Sicherheitskräften in den Bädern und ihrem „unprofessionellen Auftreten“. Sie ließen durch ihr Verhalten Situationen eskalieren. Für ihn ist es nicht schlimmer geworden. „Früher waren es die Kurden, die in den Schwimmbädern für Unruhe sorgten, jetzt sind es häufiger Araber.“
DGfdB mahnt bessere finanzielle Ausstattung an
„Ob die Maßnahmen, die wir in unserem Sicherheitskonzept vorschlagen, eine abschreckende Wirkung auf potenzielle Täter haben, können wir nicht wissen. Aber auf jeden Fall tragen sie dazu bei, dass das Personal in den Bädern besser auf Konfliktsituationen vorbereitet ist, sich sicherer fühlt und entspannter der eigentlichen Arbeit nachgehen kann“, sagte DGfdB-Pressesprecherin Ann-Christin von Kieter der „Rheinischen Post“.
DGfdB-Geschäftsführer Christian Mankel sagte, dass die Bäderbetriebe in der infrastrukturellen und gesellschaftlichen Wertigkeit weiterhin oben angesiedelt werden müssten. „Kommunen dürfen in der Finanzmittelausstattung und damit verknüpfter Haushaltsplanung von Bund und Ländern nicht alleine gelassen werden“, so Mankel.
GdP begrüßt DGfdB-Sicherheitskonzept
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßt das Sicherheitskonzept der DGfdB. „Die Sicherstellung der Sicherheit in den Schwimmbädern ist eine gemeinsame Aufgabe“, sagte der Bundesvorsitzende Jochen Kopelke der „Rheinischen Post“.
Nur mit der sicht- und spürbaren Durchsetzung von Regeln könnten Freibäder, in denen es in der Vergangenheit wiederholt zu Ausschreitungen mit Verletzten gekommen sei, wieder zu Orten der Freude und Erholung für alle Besucher werden, so Kopelke.
Rund 6.000 Bäder gibt es laut DGfdB in ganz Deutschland. Dazu zählen Hallenbäder, Frei- und Kombibäder sowie Sport-, Freizeit- und Schul-/Lehrschwimmbäder. Außerdem gibt es über 2.400 offizielle Badestellen und circa 570 Naturbäder.
Verband hält Kriminalität bei Kindern für „bedenklich“
Laut Polizeilicher Kriminalstatistik, so die DGfdB, sei die Anzahl der als tatverdächtig registrierten Jugendlichen im Deliktfeld „Freibadsicherheit“ im Jahr 2023 um 17,0 Prozent gegenüber 2019 gestiegen.
„Bei den Kindern sieht die Lage noch bedenklicher aus, hier beträgt der Anstieg 42,0 Prozent.“
Bei den Heranwachsenden (18 bis 21 Jahre) dagegen sei die Anzahl der Tatverdächtigen um 3,6 Prozent gesunken. Dies sei „eine Entwicklung, die sich im Erwachsenenalter (über 21 Jahre) fortsetzt“, so die Gesellschaft.
Die gestiegene Kriminalität in Freibädern bei Kindern hält der Verband für „bedenklich“. „Dies könnte […] für die Bäder […] bedeuten, dass man sich auf Verhaltensauffälligkeiten auch mittelfristig einstellen muss.“
(Mit Material von den Nachrichtenagenturen)
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