Muslimin verteidigt Kopftuchtragen – Islam-Experte widerspricht
Die Muslimin Fereshta Ludin prangert in einem offenen Brief die Diskriminierung muslimischer Kopftuchträgerinnen an. Laut „Focus“ war sie die Erste, die 2003 gegen das Neutralitätsgebot klagte.
Aufgrund ihrer Weigerung an der Schule das Kopftuch abzunehmen, verwehrte Baden-Württemberg ihr die Tätigkeit als Lehrerin. Ihre daraufhin eingereichte Klage scheiterte.
Erst im Jahre 2015 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass ein pauschales Verbot religiöser „Bekundungen“ durch das äußere Erscheinungsbild von Pädagoginnen und Pädagogen mit deren Glaubens- und Bekenntnisfreiheit (nach Art. 4 Grundgesetz) nicht vereinbar ist. Eine abstrakte Gefahr reiche nicht aus – nur eine hinreichende konkrete Gefahr der Beeinträchtigung des Schullebens oder der staatlichen Neutralität könne ein Verbot rechtfertigen.
Doch Ludin beklagt im „Tagesspiegel“, dass sie und andere Musliminnen für ihre Entscheidung, ein Kopftuch zu tragen, noch immer diskriminiert würden.
Der Islam-Experte Ahmad Mansour findet, laut „Focus“, den neuen Protestbrief Ludins ermüdend. Mansour ist selbst Muslim.
Mansour: Kopftuchverbot weder rassistisch noch diskriminierend
In einem Beitrag bei Facebook macht Ahmad Mansour deutlich, dass ein Kopftuchverbot weder rassistisch noch diskriminierend sei. Für ihn sei es sogar demokratisch.
Gegenüber „Focus Online“ erklärt der Islam-Experte, dass er alle religiösen Symbole an Schulen für falsch halte. Das Kopftuch stehe seiner Meinung nach aber noch für etwas anderes – die Unterdrückung der Frau.
Ludin sieht Kopftuchverbot als Instrument zur Fremdbestimmung
Die Muslimin Fereshta Ludin hingegen sieht das Kopftuchverbot als ein Instrument zur Fremdbestimmung. Nach ihr solle eine Frau selbst entscheiden dürfen, wie viel Körper oder Kopfhaar sie zeigt. Das Neutralitätsgesetz würde vielen Kopftuchträgerinnen die Selbstbestimmung absprechen.
Mansour widerspricht. Er macht deutlich, dass er an dieser Freiheit zweifle und dass die Debatte nicht losgelöst von den globalen Hintergründen geführt werden sollte. So sieht Mansour – selbst ein Muslim – in Saudi-Arabien, wo den Frauen viele Rechte verwehrt werden, keine Freiwilligkeit, was die Verschleierung betrifft.
„Kopftuchtragen hat nichts mit Feminismus zu tun“
Seiner Meinung nach wird auch in Deutschland das Kopftuch aus religiösen und patriarchalischen Gründen getragen. „Das hat mit Feminismus nichts zu tun“, zitiert ihn der „Focus“.
„Ich komme selbst aus einer Familie, wo alle Frauen Kopftuch tragen. Ich weiß, was dahintersteckt. Die Männer sollen nicht mit weiblichen Reizen konfrontiert werden“, so Mansour.
Im privaten Umfeld sei es den Frauen selbst überlassen, ob sie ein Kopftuch tragen möchten. Nur eben nicht im öffentlichen Dienst, in der Schule, bei der Polizei oder in der Justiz. Dort sei es wichtig Neutralität zu vermitteln, räumt Mansour im Interview ein.
Ludin: Achtung vor Andersdenkenden durch Kopftuchverbot eingeschränkt
In ihrem Brief mahnt die Lehrerin Ludin, dass die Achtung vor Andersdenkenden ein Teil deutscher Demokratie sei und durch die Präsenz des Andersartigen erst Toleranz geschult werden könne.
Mansour sieht das anders. „Toleranz kann auch anders vermittelt werden“, sagt er.
Er berichtet, dass Mädchen in der Schule gemobbt würden, weil sie kein Kopftuch trügen. Auf diese Kinder werde ein großer Druck von der Familie oder der islamischen Gemeinschaft ausgeübt. „Da brauchen sie ein neutrales, feministisches Vorbild“, so Mansour. (er)
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