Kehrtwende in Deutschland – SPD und Grüne für schnelle Waffenlieferungen in die Ukraine
Die Grünen stehen nach den Worten ihres Parteichefs Omid Nouripour geschlossen hinter den Waffenlieferungen an die Ukraine und den Sanktionsmaßnahmen gegen Russland. „Wir sind die Friedenspartei in Deutschland“, sagte Nouripour am Sonntag vor einer Sondersitzung des Bundestags in Berlin. „Gerade deswegen stehen wir zu Artikel 51 der UN-Charta“, der das Recht zur Selbstverteidigung festlegt. „Wir unterstützen das“, betonte der Grünen-Vorsitzende.
Es habe am Sonntagvormittag Konsultationen mit den Grünen-Landesspitzen und den Fraktionen gegeben, es seien „alle einverstanden“. Die Frage der Rüstungsexporte „ist und bleibt gerade für meine Partei ein hoch sensibles Thema“, betonte Nouripour. Die Entscheidung zu deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine sei aber vor dem Hintergrund der „Zeitenwende“ folgerichtig.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Waffenlieferungen mit den Worten begründet: „Der russische Überfall auf die Ukraine markiert eine Zeitenwende.“ Es sei Deutschlands „Pflicht, die Ukraine nach Kräften zu unterstützen“.
Nouripour warf Russland vor, „mutwillig eine ökologische Katastrophe für das ukrainische Volk herbeizuführen“. Er verwies auf „Raketenbeschüsse auf nukleare Abfallanlage in der Ukraine“.
Zum Ausschluss russischer Banken aus dem internationalen Zahlungssystem Swift sagte Nouripour: „Wir können nicht zusehen, dass wir auch noch den Krieg in der Ukraine mitfinanzieren.“ Der Grünen-Vorsitzende sprach von einem „Krieg mit ungewissem Ende“. Alle Lebensfelder würden betroffen sein. „Wir werden einen Marathon vor uns haben“, so Nouripour.
Mützenich stellt sich hinter Entscheidung
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich geht davon aus, dass die von Deutschland zugesagten Waffen schnell in die Ukraine geliefert werden können. „Die ukrainischen Streitkräfte wehren sich gegen diesen Überfall, aber offensichtlich auch viele Freiwillige“, sagte Mützenich am Sonntag in Berlin. Deswegen erwarte er, „dass das, was in die Ukraine geliefert werden kann, relativ schnell einen Beitrag leisten kann.“
Die Bundesregierung hatte am Samstag mitgeteilt, dass 1000 Panzerabwehrwaffen und 500 Boden-Luft-Raketen aus den Beständen der Bundeswehr an die Ukraine geliefert würden. Zudem wurde Estland die Lieferung von Munition und Haubitzen aus DDR-Altbeständen sowie den Niederlanden die Lieferung von 400 Panzerfäusten aus deutscher Produktion genehmigt.
Die Waffen könnten einen Beitrag leisten, „auf der einen Seite sich zu wehren, aber auf der anderen Seite auch Putin zur Einsicht zu bringen“, sagte Mützenich mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin, der am Donnerstagmorgen einen Großangriff auf die Ukraine eingeleitet hatte. Am Samstag ordnete Russland eine Ausweitung seiner Militäroffensive an.
Die deutschen Waffenlieferungen seien der besonderen Situation geschuldet, dass Putin „einen Angriffskrieg befohlen“ habe. Deutschland wolle, dass sich die Ukraine verteidigen könne, deswegen sei dies die richtige Entscheidung gewesen. Er stehe hinter dieser Entscheidung der Bundesregierung, die eng mit den Fraktionen der Ampel-Koalition abgesprochen sei, betonte Mützenich.
Bundeswehr soll notwendige Ausrüstung erhalten
Der SPD-Fraktionsvorsitzende widersprach dem Eindruck, er sei gegen einen höheren Etat für die Bundeswehr. Die Bundeswehr solle für die Aufträge, die sie erhalte, die dafür notwendige Ausrüstung bekommen. Das stehe im Koalitionsvertrag und das habe auch er gesagt. Es sei aber „nicht nur eine Frage von Etatansätzen“, fügte er hinzu.
Der Verteidigungsetat sei in den vergangenen Jahren immer wieder erhöht worden, aber das Ressort habe am Ende auch Geld zurückgegeben. Es gebe „Nachbesserungsarbeit in der Frage des Beschaffungswesens und in vielen anderen Dingen“.
Mützenich betonte die Notwendigkeit, stärker mit den europäischen Partnern, aber auch der Nato zusammenzuarbeiten, „um sich besser zu ergänzen“. Der SPD-Politiker sagte zugleich: „Ich bin für eine weitere Verstärkung der Bundeswehr in einer Situation, wo mehr und mehr die Bündnisverteidigung in den Vordergrund unserer Sicherheitspolitik rückt.“
Die Bundesregierung hatte am Samstag in der Diskussion über Waffenlieferungen eine Kehrtwende vollzogen und will nun Waffen aus Bundeswehr-Beständen an die Ukraine liefern. Die USA, Deutschland und weitere Verbündete vereinbarten zudem einen Ausschluss russischer Finanzinstitute aus dem Banken-Kommunikationsnetzwerk Swift. Bei einer Sondersitzung des Bundestags an diesem Sonntag will Scholz zunächst eine 30-minütige Regierungserklärung abgeben, gefolgt von einer zweieinhalbstündigen Aussprache der Fraktionen. (afp/dpa/red)
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