München: Sozialarbeit nur noch mit Security – SPD-Stadtrat interveniert beim Amt
Am Nachmittag des 23. November 2017 kam es in der Dresdner Friedrichstadt zu einer Vergewaltigung an einer 44-jährigen Sozialarbeiterin, die beruflich in der Wohnung eines jungen Flüchtlings war.
Die 44-jährige Geschädigte (Deutsche) begab sich in ihrer Funktion als Sozialarbeiterin in die Wohnung des 20-jährigen, syrischen Tatverdächtigen. Dieser verging sich schließlich gegen den Willen der Frau sexuell an ihr bis hin zum vollendeten Geschlechtsakt.“
Der Polizeibericht wurde erst am Sonntag darauf in einer Sammelmeldung unter „Einbrüche und weitere Meldungen“ veröffentlicht.
- Siehe: „Dresden: Sozialarbeiterin (44) vergewaltigt – Frau war dienstlich in Wohnung des jungen Täters„
Doch auch in den Flüchtlingsheimen und Notunterkünften sind die staatlichen Helfer offenbar nicht mehr sicher.
So sollen jetzt die Sozialarbeiter der bayerischen Hauptstadt München nicht mehr in Heime und Unterkünfte gehen, die keine Sicherheitskräfte zur Begleitung zur Verfügung stellen.
Sozialreferat stoppt „Hausbesuche“
Laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ habe nun das Sozialreferat der Bayernmetropole offiziell die Beratung und Hilfe in Notunterkünften eingestellt. Auch die Erzieher und Erzieherinnen der Kinder- und Jugendarbeit wurden abgezogen, aus Sicherheitsgründen, wie es heißt. Der Zeitung liegt eine entsprechende Weisung des Sozialreferats der Stadt an die Mitarbeiter im Fachbereich Pädagogik vom 7. November vor, also sogar noch rund zwei Wochen vor der Vergewaltigung der Dresdner Sozialarbeiterin.
Zunehmend erleben Sie neben der psychischen Belastungssituation auch verbale Aggressionen, unangepasstes Sozialverhalten oder Drohungen vonseiten der Kundinnen und Kunden.“
(Sozialreferat München)
Infolge dessen würden nun die Sozialarbeiter in ihren Büros darauf warten, dass Hilfsbedürftige zu ihnen kämen, was nach „SZ“-Informationen nur wenige Betroffene in Anspruch nehmen.
In bestimmten hochfrequentierten Sozialbehörden geht ohne Sicherheitskräfte gar nichts mehr. Beispielsweise sollen im Amt für Wohnen und Migration an der Franziskanerstraße wegen der angespannten Sicherheitslage bereits 25 Security eingesetzt sein, um bei einem Andrang von bis zu 1.500 Personen für die Sicherheit der Mitarbeiter zu sorgen.
Diese Sicherheitsvorkehrungen stoßen nicht überall auf Verständnis.
Gehört Risiko zwingend zum Beruf?
Andrea Betz, Leiterin der Abteilung Hilfen für Flüchtlinge, Migration und Integration bei der Inneren Mission München bezeichnete die Entscheidung des Sozialreferats, aufsuchende Sozialarbeit nur noch mit Sicherheitsleuten durchzuführen, gar als „gefährliches Exempel“ und befürchtet durch den Security-Einsatz bei Sozialarbeitern Ängste hinsichtlich der Gefährlichkeit des Außeneinsatzes zu schüren.
Die Anwesenheit von Sicherheitsleuten bei Beratungsgesprächen sei auch für die zu betreuenden Menschen ein bedrückendes, möglicherweise sogar bedrohliches Gefühl.
Dies mag stimmen. Allerdings zeigt gerade der Messerangriff im Jobcenter Hattingen in NRW am 4. Dezember, dass Sozialjobs angesichts einer zunehmenden Verrohung der Gesellschaft immer gefährlicher zu werden scheinen.
Siehe: „Messerangriff in Jobcenter: 37-Jähriger sticht auf Sachbearbeiter ein„
Doch auch für die Sozialarbeiter ist die Situation nicht nur ungewohnt, sondern entspricht vielleicht so gar nicht ihrer Überzeugung zum Job.
Sozialarbeit ist für mich, auf Menschen zuzugehen und ihnen einen Vertrauensvorschuss zu geben.“
(Andrea Betz, Innere Mission München)
Laut Andrea Betz würden durch den Security-Einsatz Menschen unter Generalverdacht gestellt, gewalttätig zu sein. Die Diplom-Sozialpädagogin, die im September 2015 die Leitung der Flüchtlingsarbeit der Inneren Mission von Pfarrer Herden übernahm, der in die evangelische Pfarrstelle in Burgkirchen /Alz wechselte, hält es für den falschen Weg, die Betreuung dort einzustellen, wo kein Sicherheitspersonal vorhanden ist.
Sozialarbeit sollte da sein, wo die Menschen sind, die Hilfe brauchen. Sicherheitsmaßnahmen müssen im Einzelfall geprüft werden.“
(Andrea Betz, Innere Mission München)
Allerdings muss der Staat auch für die Sicherheit seiner Mitarbeiter Sorge tragen, was ursprünglich durch die Entscheidung des Sozialreferats wohl auch umgesetzt werden sollte.
Das Sozialreferat teilte zwischenzeitlich mit, dass es im kommenden Jahr eine schrittweise Umsetzung des neuen Sicherheitskonzepts geben wird, bei dem auch für die Außendienstmitarbeiter Sicherheitspersonal in „ausreichender Quantität“ eingesetzt wird. Bis dahin sollen die Mitarbeiter jedoch, durch die „organisatorische Maßnahme“ im Amt zu bleiben, vor Übergriffen geschützt werden.
Sozialpolitiker weicht Sicherheitsbestimmung auf
Wie die „SZ“ schreibt, soll besonders in jenen Unterkünften, die nicht von der Stadt betrieben würden, nur in Ausnahmefällen Sicherheitspersonal eingesetzt werden. Als Beispiel wurde hier die Bahnhofsmission genannt. Dort sei aber die Situation deutlich angespannter, als etwa in einer Familienunterkunft. Kinder würden teils verängstigt reagieren, wenn außer dem Sozialarbeiter noch ein Uniformierter in der Wohnung auftauche.
Der Sozialexperte der SPD im Münchner Stadtrat, Christian Müller, wurde von der „SZ“ wegen des Sicherheitspapiers angesprochen. Müller zeigte sich offenbar nicht glücklich damit, man sei damit über das Ziel hinausgeschossen und es habe sich damit „verabsolutiert, dass man nicht mehr nach außen geht“, so der Sozialdemokrat.
Nach dem Gespräch rief der Stadtrat sogleich den Leiter des Amtes für Wohnen und Migration, Rudolf Stummvoll, an, um über die neue Mitarbeiteranweisung des Sozialreferats zu sprechen. Müller bewirkte im Amt, dass die Sicherheitsanweisung dahin gehend aufgeweicht wurde, dass in Unterkünften ohne Sicherheitspersonal nun zwei Sozialarbeiter gemeinsam die Beratung und Betreuung übernehmen sollen, um die städtische Sozialarbeit vor Ort auch künftig gewährleisten zu können.
Dem Politiker zufolge sei es bei einem großen Teil der Hilfsbedürftigen unwahrscheinlich, dass sie aggressiv oder ausfallend werden würden. Als Beispiel dafür nannte der Sozialexperte Familien mit Kindern und alleinerziehende Mütter.
In einem anderen Punkt sieht Müller den Einsatz von Security in der Außendienstberatung jedoch für sinnvoll: Dadurch würde eine „Amtsperson“ anders wahrgenommen werden, meinte der Sozialexperte der SPD im Stadtrat von München.
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