Mord an Chinesin in Dessau: Kein Schuldbekenntnis der Angeklagten – Gilt Jugendstrafrecht?

Im Mordfall der chinesischen Studentin Yangjie Li hat der Prozess in Dessau begonnen. Angeklagt wurde der zur Tatzeit 20-jährige Sebastian F. und seine 20-jährige Lebensgefährtin Xenia I. Beide Täter fallen mit höchster Wahrscheinlichkeit noch unter das Jugendstrafrecht. Das würde bedeuten, dass keine Verurteilung auf lebenslang möglich ist, sondern maximal 15 Jahre.
Titelbild
Der zur Tatzeit 20-jährige Sebastian F. und seine 20-jährige Lebensgefährtin Xenia I. werden wegen gemeinschaftlichen Mordes angeklagt.Foto: Yiyuan Zhou
Von 25. November 2016

Im Mordfall der chinesischen Studentin Yangjie Li  hat am Freitag in Dessau der Prozess begonnen. Angeklagt wurde der zur Tatzeit 20-jährige Sebastian F. und seine 20-jährige Lebensgefährtin Xenia I.

Die Anklageschrift am Landgericht Dessau-Roßlau spricht von einem sexuell unbefriedigten jungen Mann, dem seine Partnerin nicht mehr genügte. Er drohte ihr mit Trennung, wenn sie keine Abhilfe schaffen würde. Eine weitere weibliche Person sollte gefunden werden. Am Abend des 11. Mai kam es dann zur Tat, indem die Täterin die 25-jährige Studentin ins Haus lockte und dann dort von beiden in eine leer stehende Wohnung gezerrt wurde. Es kam zu schwerwiegender Vergewaltigung und Misshandlung durch beide Täter, die eine Stunde dauerten. Danach wurde das Opfer liegen gelassen, in der Annahme, es würde seinen Verletzungen bald erliegen.

Als dies bei einem weiteren Nachschauen in der Nacht nicht geschehen war, brachte man die Schwerverletzte auf ein Gartenstück hinter dem Haus und versteckte sie dort zwischen Sträuchern. Zwei Tage später wurde die Leiche gefunden.

Eltern der Getöteten treten als Nebenkläger auf

Der Obduktion zufolge starb die Studentin infolge massiver stumpfer Gewalteinwirkung gegen Kopf, Rumpf und Extremitäten. Die Eltern der Frau treten im Prozess als Nebenkläger auf. Sie waren am Freitag nicht persönlich im Gericht.

Dem 21-jährigen Angeklagten werden darüber hinaus zwei weitere Vergewaltigungen vorgeworfen, die er bereits im Sommer 2013 in Dessau begangen haben soll. Diese Fälle wurden erst im Zuge der aktuellen Ermittlungen bekannt. Die damals betroffene Frau soll vom Angeklagten eingeschüchtert worden sein und deswegen keine Anzeige gestellt haben.

Im komplett gefüllten Gerichtssaal herrschte beim Verlesen der Anklageschrift Totenstille. Alle Anwesenden schienen von dem Bericht und der Schwere des Vergehens stark betroffen zu sein. Die Eltern des verstorbenen Mädchens sind zum Prozess bisher nicht angereist.

Hoche Medienpräsenz bei dem Auftaktprozess. Foto: Yiyuan Zhou/Epoch Times

Hohe Medienpräsenz bei dem Auftakt des Prozesses. Foto: Yiyuan Zhou/Epoch Times

Kein Schuldbekenntnis

Ein Zuhörer sprach im Nachgang der Verhandlung vom Täter als einem „narzistischen Soziopathen“. Die Angeklagten zeigten sich eher unberührt und waren nach der Anklage auch zu keiner Aussage oder einem Schuldbekenntnis bereit.

Kein Schuldbekenntnis bedeutet auch, dass der Prozess nun in voller Länge und mit allen Details durchgezogen werden muss. Laut der Anklage ist der Tatbestand aber eindeutig. Auch Beweismittel, wie DNA-Proben und das Video einer Überwachungskamera liegen dem Gericht vor. Dies wurde schon bei einer Pressekonferenz vor einigen Monaten bekannt.

Wird Jugendstrafrecht oder Erwachsenenstrafrecht angewandt?

Unter Umständen kann das Gericht der Schwere des Falls aber nicht gerecht werden, denn beide Täter fallen mit höchster Wahrscheinlichkeit noch unter das Jugendstrafrecht. Das würde bedeuten, dass keine Verurteilung auf lebenslang möglich ist, sondern maximal 15 Jahre.

„Welches Recht am Ende angewandt wird, ist aber noch nicht klar“, so Rechtsanwalt Tilmann Scheffner zu Epoch Times, verteidigender Anwalt der Mutter des Opfers. „Es gibt mehrere Faktoren, die hier berücksichtigt werden müssen, wie die Reife der Personen, Ausbildung, Selbstständigkeit und wo und wie sie aufgewachsen sind. Nach Erfahrung wird aber in den meisten Fällen auch bei Heranwachsenden, und damit haben wir es hier zu tun, das Jugendstrafrecht angewandt.“

Foto: Yiyuan Zhou/Epoch Times

Rechtsanwalt Tilmann Scheffner, verteidigender Anwalt der Mutter des Opfers. Foto: Yiyuan Zhou/Epoch Times

„Ob Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht, das wird sich erst im Verlaufe des Verfahrens zeigen, auch mit Hilfe der Jugendgerichtshilfe und den psychiatrischen Gutachten, die erstellt wurden. Momentan ist die Anklage von der Jugendkammer eröffnet worden“, so Scheffner weiter.

Für den Prozess sind weitere 18 Verhandlungstage bis Ende Februar geplant. Am Montag gehen die Verhandlungen weiter. Dann werden erstmals Polizisten als Zeugen auftreten, die einen Überblick über die Ermittlungen geben und zur Situation des Opfers aussagen werden.



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