Missbrauchsmasche der Scheinvaterschaften – Bundesregierung plant schärfere Gesetze
Scheinvaterschaften bieten oft einen Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) wollen nun mit ihrem Gesetzentwurf nun ein verschärftes Prüfverfahren einführen. Schon bei einem theoretisch möglichen Missbrauch soll die Anerkennung eines Kindes demnach künftig nicht mehr ohne Zustimmung der Ausländerbehörden erfolgen können.
Den Ministerien für Justiz und Inneres zufolge haben die Ausländerbehörden zwischen Januar 2018 und Dezember 2021 1.769 mögliche Missbrauchsfälle bearbeitet. Rund 290 davon wurden als missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung bewertet. Weitere 1.800 Fälle wurden in den deutschen Auslandsvertretungen geprüft. Beide Ministerien gehen insgesamt von einer hohen Dunkelziffer bei Scheinvaterschaften aus.
Skandal um „Mr. Cash Money“
Der Fall eines deutschen Staatsbürgers mit nigerianischen Wurzeln, der für 24 Kinder die Vaterschaft anerkannt hat, schlug bereits im März Wellen.
Das allein ist aber nicht der Grund für die „Berühmtheit“ von Jonathan A. Sein Fall ist bekannt geworden, weil er in sozialen Medien mit seinem Reichtum prahlt. Er nennt sich auf TikTok „Mr. Cash Money“, teilt dort Videos, wie er in Nigeria bildlich mit Geld um sich wirft und vor einem Fuhrpark „dicker Autos“ posiert, darunter ein Audi-Cabrio mit deutlich sichtbarem Dortmunder Kennzeichen. Den Behörden in Dortmund, wo er gemeldet ist, gilt Mr. Cash Money hingegen als mittellos. Polizeiliche Ermittlungen ergaben, dass der Betreffende pro Monat 22.500 Euro aus der Familienkasse bezog. Epoch Times berichtete.
Jonathan A. hat bislang nicht nur 24 Kinder als seine anerkennen lassen, sondern im Fahrwasser dieser Vaterschaften sollen 94 weitere Personen das deutsche Sozialsystem in Anspruch nehmen: Nicht nur die Mütter der Kinder, laut Medienberichten aus unterschiedlichen afrikanischen Ländern, sondern auch weitere enge Verwandte dürfen mit der Anerkennung der Kinder durch den deutschen Staatsbürger nachziehen und partizipieren jetzt am deutschen Sozialsystem.
In die neue „Großfamilie“ sollen rund eineinhalb Millionen Euro Sozialgelder pro Jahr fließen. Pro Person der 94 Zugewanderten bedeutet das dann etwas mehr als 15.000 Euro im Jahr.
Das hat die Sicherheitskooperation Ruhr ermittelt, die sich im Auftrag des deutschen Bundeslandes Nordrhein-Westfalen mit Clankriminalität beschäftigt.
Clanmanagement im Sozialstaat
Mit Anerkennung all dieser Kinder ist Jonathan A. zwar offiziell unterhaltspflichtig geworden, denn wer sich als Vater registrieren lässt, geht damit eigentlich die Verpflichtung ein, für die Kinder zu sorgen. Doch wie soll man einem nackten Mann in die Tasche greifen? Wer als mittellos registriert wird, für den übernimmt der Staat bzw. der Steuerzahler.
„Die Presse“ vermutet dazu: „In der Praxis dürfte es aber oft zu Abmachungen kommen, bei denen die Sozialhilfe unter den Beteiligten aufgeteilt wird.“ Die neue „Großfamilie“ von Jonathan A. ist darauf angewiesen, dass dieser die Vaterschaften anerkennt.
Dabei ist alles „rechtens“, wenn man die juristische Sachlage betrachtet. Um die 24 Kinder als seine anerkennen zu lassen, muss „Mr. Cash Money“ nicht deren leiblicher Vater sein. Nach dem deutschen Gesetz reicht ein einfacher Notariatsakt, dem die Mutter zustimmen muss. Nach Anerkennung können Mutter, Kind und die enge Verwandtschaft legal einwandern.
Weil es in Deutschland aus Datenschutzgründen kein zentrales Personenstandsregister gibt, können die Ämter vor einer Vaterschaftsanerkennung gar nicht einsehen, wie viele Kinder ein Antragsteller bereits anerkannt hat. Ein Erkennen von Missbrauchsfällen durch die Ämter wäre laut „ARD Kontraste“ allenfalls dadurch möglich, dass diese Daten abgefragt werden würden, was häufig nicht vorkäme.
Hinzu kommt, dass eine missbräuchliche Vaterschaftsanerkennung noch nicht einmal strafbar ist. Auch können Beurkundungen der Vaterschaft im Nachhinein nicht aufgehoben werden, nicht einmal dann, berichtet „Kontraste“, „wenn später Missbrauch nachgewiesen wird“.
Rechtliche Lage ermöglicht Missbrauch
Rechtsprofessor Harald Döring erklärt in der „Welt“, wie leicht es ist, diese Gesetzeslücke für die eigenen Interessen zu nutzen: „Bisher ist es so, dass die Behörden nur beteiligt werden, wenn die primär für die Vaterschaftsanerkennung Zuständigen, also Notare und Jugendämter, ausreichend Verdacht schöpfen. Die haben aber oft gar keine hinreichenden Informationen und die Notare gelegentlich auch Eigeninteressen.“
Laut Dörig laufe die „Missbrauchsmasche“ in vielen Fällen so ab, dass ein Deutscher eine Vaterschaft anerkennt, ohne der leibliche Vater zu sein. Diese Väter seien oft Deutsche ohne eigenes Einkommen, die sich durch eine solche Gefälligkeit etwas dazuverdienen. Die Mutter bekommt auf diesem Weg dann ein Bleiberecht, um für ihr deutsches Kind zu sorgen. Wenn der Mann nicht für das Kind zahlt, wie im Fall von Jonathan A., kommt der Steuerzahler für den Lebensunterhalt von Mutter und Kind auf. „Die geltende Regelung ermöglicht einen zum Himmel schreienden Missbrauch“, sagt Dörig gegenüber „Welt“.
Diese Regelung ist festgeschrieben in Paragraf 1592 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), wo unter Ziffer 2 steht: „Vater eines Kindes ist der Mann, der die Vaterschaft anerkannt hat.“ Hierbei macht das BGB keinen Unterschied zwischen Wahlverwandtschaft und genetischer Verwandtschaft. Die Intention des Gesetzes war es, Mütter zu schützen und zu unterstützen – unter anderem bei ungewollten Schwangerschaften –, indem man es den Vätern leicht macht.
Alle Versuche, die Rechtslage zu verändern, um gegen den Missbrauch des Gesetzes vorzugehen, misslangen und wurden zum Teil vom Bundesverfassungsgericht wieder kassiert, schreibt die „NZZ“ und verfasst einen Überblick über zwanzig Jahre „Sozialbetrug mit Scheinvaterschaften“, die den Staat Millionen gekostet hätten, „ohne dass der deutsche Gesetzgeber wirksam etwas dagegen unternimmt“.
Problem seit 20 Jahren bekannt
Schon 2005 hätten vom Berliner CDU-Abgeordneten Roland Gewalt abgefragte Informationen der Bundesregierung nie zu Konsequenzen oder Gesetzesänderungen geführt, stattdessen aber zu empirischen Erhebungen und langwierigen Untersuchungen. Antworten aus dem Innenministerium auf Parlamentarische Anfragen zur Causa klangen in der Vergangenheit wie folgt:
„Die Bundesregierung hatte von den Ländern Verdachtshinweise erhalten, dass deutsche Männer – zumeist solche, die Sozialhilfe beziehen – gegen Bezahlung die Vaterschaft von Kindern ausreisepflichtiger Ausländerinnen bewusst wahrheitswidrig anerkennen würden, um den Müttern der somit deutschen Kinder zu einer Aufenthaltserlaubnis zu verhelfen. Die Innenministerkonferenz hatte dieses Problem am 6. Dezember 2002 erörtert und beschlossen, durch eine bundesweit bei den Ausländerbehörden durchzuführende Datenerhebung zu empirischen Erkenntnissen über die Zahl der Verdachtsfälle zweckwidriger Vaterschaftsanerkennungen zu gelangen.“
Diese Zahlen hatten es in sich, deren Bekanntwerden jedoch keine weiteren Folgen: Von 2.338 erteilten Aufenthaltserlaubnissen an ausländische Mütter deutscher Kinder waren circa 1.700 dieser Mütter ausreisepflichtig. Bei 1.449 Fällen, also circa 85 Prozent, erkannten deutsche Männer die Vaterschaft an mit der Auswirkung, dass Frau und Kind bleiben durften. Und manchmal ganze Clans, oft sogar inklusive der leiblichen Väter, nachzogen.
Staatlicherseits kein Ehrgeiz
Parlamentsprotokolle aus den letzten 20 Jahren ließen erkennen, so die „NZZ“, „dass staatlicherseits gar kein Ehrgeiz dazu besteht, missbräuchliche Eintragungen von Vaterschaften von vornherein zu verhindern.“ Es mangele am Willen dazu, den Missbrauch abzustellen, Politiker und Staatssekretäre versicherten lediglich, man sei dabei, „den Sachverhalt aufzuklären“ und „Licht in die Fallgestaltungen zu bringen“.
Im Jahr 2008 wurde die Möglichkeit eingeführt, dass die Behörde die Vaterschaft anficht. Da die Folge so einer Anfechtung gewesen wäre, dass das betroffene Kind die deutsche Staatsbürgerschaft verliert und damit staatenlos wird, wurde sie 2013 wieder vom Bundesverfassungsgericht gekippt.
Im Jahr 2017, mittlerweile war laut Innenministerium die Zahl der Scheinvaterschaften auf 5.000 Verdachtsfälle gestiegen, wurde im Bürgerlichen Gesetzbuch eine präventive Missbrauchskontrolle etabliert. Der Paragraf 1597a BGB besagt, dass die missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft verboten ist und das Verfahren der Vaterschaftsanerkennung ausgesetzt werden soll, wenn es konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft gibt. Der Katalog im Gesetz zählt die wichtigsten Konstellationen auf, von der Ausreisepflicht der Mutter bis zum Fehlen einer nachvollziehbaren Beziehung zwischen Mutter, Vater und dem Kind.
Gesetz mit vielen Lücken
Aber das Gesetz ist ein zahnloser Tiger, denn mit Absatz 5, „Eine Anerkennung der Vaterschaft kann nicht missbräuchlich sein, wenn der Anerkennende der leibliche Vater des anzuerkennenden Kindes ist“, lässt diese Regelung aber eine entscheidende Lücke offen: Wie genau soll das nachgewiesen werden?
Denn ein DNA-Test darf nicht verlangt werden – „dabei wäre dies die einfachste Methode, den Missbrauch auszuschliessen“, so „NZZ“ : Insofern sei der gesamte Katalog der Anhaltspunkte für Missbrauch wertlos. Hinzu kommt, dass es keine Informationspflichten der Behörden untereinander gibt. Das bedeutet konkret, dass in dem Fall von aufkommendem Zweifel oder Verdacht der Notar oder der beurkundende Beamte, wie im Gesetz vorgesehen, die Ausländerbehörde benachrichtigen würde und der Antragsteller einfach den Rückzug antreten und sein Glück bei einer anderen, die Vaterschaft anerkennenden Stelle versuchen könnte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit würde er davon profitieren, dass diese nicht miteinander vernetzt sind.
Jetzt wollen Justizminister Marco Buschmann und Innenministerin Nancy Faeser die Vaterschaftsanerkennungen neu regeln. Laut des deutschen Rechtsprofessors Harald Dörig müsse das Gesetz „dringend geändert werden. Die Ausländerbehörden müssen von Anfang an in das Verfahren einbezogen werden“.
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