Ministerpräsident Günther: „Angela Merkel fehlt der Politik“
Der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat seine Partei aufgefordert, sich wieder stärker an der Politik der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel zu orientieren.
„Viele, die unter Merkel CDU gewählt haben, erreichen wir im Moment nicht – aber sie sind nicht unerreichbar“, sagte Günther den Zeitungen der Funke Mediengruppe kurz vor dem am Montag beginnenden CDU-Bundesparteitag in Berlin.
„Es gibt zum Beispiel viele unzufriedene Grünen-Wähler, die durchaus wechselbereit wären. Wir sollten sämtliche Wählerinnen und Wähler, die wir unter Angela Merkel angesprochen haben, an uns binden. Angela Merkels Kurs der Mitte war ihr Erfolgsrezept“, erklärte Günther.
CDU wählt neue Parteispitze
Merkel fehle der Politik insgesamt. Er habe bei ihr immer bewundert, wie sie Probleme gelöst habe. „Sie ist als Naturwissenschaftlerin die Dinge immer sehr strukturiert angegangen, sie weiß, wie man Lösungsschritte plant. Mit dem Blick auf die aktuelle Bundesregierung könnten wir wieder mehr davon gebrauchen“, sagte er weiter.
Die Union steht in bundesweiten Umfragen derzeit bei etwa 29 bis 32,5 Prozent. Günther meinte: „Die Ampel hat in der Bevölkerung einen miserablen Ruf. In einer solchen Lage müsste die Union eigentlich besser dastehen als im Moment.“
Die Menschen erwarteten neben Kritik an der Ampel konkrete Ideen, was die Union anders machen werde. Dem diene das neue Grundsatzprogramm. „Wenn es uns dann wieder gelingt, unsere Themen zu kommunizieren, können wir bei der Bundestagswahl auch wieder 40 Prozent erreichen.“
Beim CDU-Konvent soll auch die gesamte Parteispitze neu gewählt werden. Mit besonderer Spannung wird das Ergebnis von Parteichef Merz erwartet. Er war 2022 erst im dritten Anlauf zum Nachfolger von Merkel gewählt worden, die die Partei bis 2018 geführt hatte. Seitdem hat die CDU wieder einen etwas konservativeren Kurs eingeschlagen.
Junge Union kritisiert Günther
Der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Johannes Winkel, hat sich in einem offenen Brief an seinen Parteifreund, Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, gewandt und diesen wegen dessen Äußerungen zum Kurs der Partei scharf kritisiert.
In dem Brief, aus dem die „Bild“ zitiert, schreibt Winkel: „Ich bin erstaunt und irritiert. Denn du warst mir bisher nicht als Politiker aufgefallen, der rückwärtsgewandt denkt und im Gestern lebt.“
Natürlich habe die CDU Angela Merkel viel zu verdanken: „Aber Angela Merkel hat auch der CDU viel zu verdanken. Die Partei hat ihr eine politische Weltkarriere eröffnet und immer wieder ermöglicht. Dass sie sich nun derart von der Partei abwendet, ist enttäuschend. Viele empfinden dies als respektlos.“
Winkel schreibt weiter: „Wenn du forderst, dass die CDU nicht nur kritisieren, sondern auch eigene Inhalte vorschlagen müsse, hast du wohl die letzten 2,5 Jahre verpasst. Die CDU irrte vor und kurz nach der Bundestagswahl orientierungslos und inhaltlich blank in der politischen Landschaft herum. Nach diesem Tiefpunkt ist der Partei ein historischer Kurswechsel gelungen. Vor allem in der Migrationspolitik, also bei der entscheidenden Fehleinschätzung, den die CDU unter der Führung Angela Merkels gemacht, aber nie korrigiert hatte.“
Lindemann zieht Grenzen zu den Grünen
Vor dem Bundesparteitag der CDU zieht Generalsekretär Carsten Linnemann deutliche Grenzen zu den Grünen. Nach der nächsten Bundestagswahl werde man mit der Öko-Partei reden, doch ein Bündnis sehe er kritisch, sagte Linnemann der „Bild am Sonntag“.
„Es ist total normal, dass man offen mit allen reden muss. Das ist zentral. Dazu zählen auch die Grünen. Aber klar ist natürlich auch, das hat Friedrich Merz deutlich gemacht, dass in dieser Ampel die Grünen am weitesten von uns entfernt sind. Mit diesen Grünen hätte es nie einen Koalitionsvertrag mit der CDU gegeben. Sie verunsichern einfach das komplette Land.“
Parteichef Friedrich Merz hatte zuvor nicht ausgeschlossen, nach der Bundestagswahl mit den Grünen Gespräche über eine mögliche Koalition zu führen.
Linnemann hofft dagegen auf eine bürgerliche Koalition: „Friedrich Merz hat zum Ausdruck gebracht: Liebe FDP, strengt euch an, sonst kriegen wir keine bürgerliche Mehrheit. Ich glaube, die braucht es jetzt. Und dafür braucht es auch eine starke FDP. Aber diese Grünen, mit denen geht es nicht“, so der Generalsekretär.
Linnemann regte zudem an, zukünftige Kanzlerschaften auf zwei Legislaturperioden zu begrenzen: „Ich meine das parteiübergreifend für alle. Das tut unserer Demokratie gut. Dazu stehe ich. Das wäre ein Punkt, den ich durchsetzen würde. Es ist meine Meinung, dass bei zwei Legislaturperioden Agilität, Flexibilität und neues Denken in den Parteien entsteht. Wir müssen an die verkrusteten Strukturen ran.“
Was sagt Ricarda Lang dazu?
Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang reagierte unterdessen auf Äußerungen von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann: „Ich bin sehr überrascht darüber, dass sich die Union im Vorfeld ihres Parteitages mehr mit den Grünen als mit Ihrem Grundsatzprogramm beschäftigt“, sagte sie der „Bild“.
„Ich bin ja grade in Schleswig-Holstein unterwegs. Man kann der Union nur empfehlen, manchmal mehr auf die Leute in Regierungsverantwortung zu hören, egal ob es um Koalitionen oder um Schuldenbremse geht.“ (dpa/dts/red)
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