Mindestens 10.000 „Kindersoldaten“ bei der Bundeswehr – Tendenz steigend
Seit der Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 hat die Bundeswehr jedes Jahr mehr junge Männer und Frauen rekrutiert, die bei Ausbildungsbeginn noch nicht volljährig waren.
Hatten sich 2011 erst 689 Minderjährige als freiwillig Wehrdienstleistende oder als Zeitsoldat verpflichtet, waren es 2017 bereits 2.128. Der Anteil der Minderjährigen pro Ausbildungsjahrgang stieg seit 2011 kontinuierlich von 4,7 auf nunmehr 9,1 Prozent an. Seit 2011 sind der Truppe insgesamt über 10.000 Minderjährige beigetreten.
Das ergab die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion, über die die „Welt“ berichtet. „Dieser schleichenden Normalisierung müssen wir entschieden entgegentreten“, sagte der kinder- und jugendpolitische Sprecher der Linke-Bundestagsfraktion, Norbert Müller. „Unicef definiert alle Soldaten unter 18 Jahren als Kindersoldaten. Frau von der Leyen sollte hier endlich einen Riegel vorschieben.“
Deutschland hatte im Jahr 2004 das Fakultativprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention unterzeichnet, das die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten betrifft. Danach gilt für die Streitkräfte eigentlich ein Mindestalter von 18 Jahren.
Die Bundeswehr macht allerdings wie einige andere Vertragsstaaten von der Ausnahmeregelung Gebrauch, auch schon 17-jährige Freiwillige zu Ausbildungszwecken zu rekrutieren – wenn die Eltern zustimmen. Die Bundesregierung betonte in ihrer Antwort, die Rekrutierungspraxis stehe „in vollem Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands“.
Die Bundeswehr verfolge damit das Ziel, „qualifizierten Jugendlichen mit Interesse für den Dienst in den Streitkräften die Möglichkeit zu eröffnen, vor Erreichen der Volljährigkeit eine Ausbildung bei der Bundeswehr ohne Wartezeit und ohne weitere Nachteile gegenüber gleichaltrigen Berufseinsteigern beginnen zu können“, heißt es in der Antwort auf die Anfrage der Linken.
Der Anstieg an minderjährigen Soldatinnen und Soldaten sei nicht auf eine geänderte Einstellungsstrategie oder -praxis der Bundeswehr zurückzuführen, sondern sei zum großen Teil eine Auswirkung der G-8-Schulreform, die das Durchschnittalter der Abiturienten um 10,3 Monate gesenkt habe, heißt es weiter. Die Abbrecherquote bei den sehr jungen Soldatinnen und Soldaten stieg allerdings ebenfalls.
203 der 2126 im Jahr 2017 rekrutierten Minderjährigen haben ihre Verpflichtungserklärung innerhalb der dafür vorgesehenen Frist von sechs Monaten widerrufen – fast jeder zehnte. Im Vorjahr hatten nur 5,8 Prozent der damals 1907 minderjährigen Rekruten den Dienst vorzeitig quittiert.
Einen Rekordwert erreichte 2017 auch die Zahl der Kündigungen durch den Dienstherrn selbst. 843 junge Soldaten, die bei ihrer Einstellung erst 17 Jahre alt waren, wurden von der Bundeswehr gekündigt – mehr als doppelt so viele als noch vor fünf Jahren. Zu den Gründen teilt die Bundesregierung nichts mit.
Für Linke-Jugendpolitiker Norbert Müller sind die Zahlen ein deutliches Zeichen: „Die Bundeswehr ist mit den minderjährigen Soldatinnen und Soldaten auch überfordert, anders lässt sich die große Zahl der Kündigungen durch die Bundeswehr nicht erklären“, vermutet er. „Die umstrittene und auch durch uns kritisierte Rekrutierungspraxis ist nicht zielführend.“ Es könne nur eine Antwort geben: „Die Anwerbung von Minderjährigen muss gestoppt werden.“ (dts)
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