Milliardendefizit: Die dramatische Lage des Bundeshaushalts

Als Friedrich Merz, Markus Söder, Lars Klingbeil und Saskia Esken am Samstag, 8. März, vor die Kamera traten, konnten sie verkünden, dass Union und SPD ihre Sondierungsgespräche beendet haben und nun in die Koalitionsgespräche einsteigen werden.
Eine Erkenntnis machte sich bei Union und SPD aber schon gleich in der ersten Sondierungsrunde breit: Die mögliche Schwarz-Rot-Koalition steht vor großen Finanzproblemen. Schon für 2024 wies das Bundesfinanzministerium in seinem „Vorläufigen Abschluss des Bundeshaushalts 2024“ ein Haushaltsdefizit von 25 Milliarden Euro aus. Die Ausgaben sind also höher als die Einnahmen. In den kommenden Jahren wächst das Defizit weiter.
Haushaltsloch von bis zu 150 Milliarden Euro
Wie das „Handelsblatt“ schreibt, fehlen bis 2028 in der Haushaltsplanung 130 bis 150 Milliarden Euro. Diese Zahlen soll Finanzminister Jörg Kukies (SPD) in der ersten Sondierungsrunde präsentiert haben. Das „Handelsblatt“ beruft sich hier auf mehrere Personen, die mit der Lage vertraut sind. Trotz Anfrage unserer Redaktion hat das Bundesfinanzministerium die Zahlen bisher nicht bestätigt.
Im November ist die Ampelkoalition zerbrochen. SPD, Grüne und FDP konnten sich damals nicht auf einen gemeinsamen Weg einigen, die Haushaltslücke für 2025 zu schließen. Am Ende stand die Entlassung des damaligen Finanzministers Christian Lindner (FDP) durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Zuletzt bezifferte Scholz in einem Interview mit dem Fernsehsender N-TV die Lücke auf 26 Milliarden Euro. „Exakt fehlt die Summe von 26 Milliarden Euro. Das ist das nicht finanzierte Geld für den Haushalt 2025“, so Scholz in seinem Interview kurz vor der Bundestagswahl.
Inzwischen sind zu diesem von Scholz genannten Betrag aber noch einmal weitere 3,4 Milliarden Euro dazugekommen. Die Lücke, die nun im diesjährigen Haushalt klafft, liegt damit bei gut 30 Milliarden Euro.
Bei dem jetzt zusätzlich fehlenden Geld handelt es sich um Rückflüsse von Energiehilfen in Höhe von 2,9 Milliarden Euro, die sich bisher im Wirtschaftsstabilisierungsfonds befanden, der inzwischen aufgelöst wurde. Dazu kommen 300 Millionen Euro an Corona-Soforthilfen und 200 Millionen Euro an Corona-Unternehmenshilfen.
Bei der Aufstellung des Bundeshaushalts im vergangenen Jahr war die Bundesregierung davon ausgegangen, dass dieses Geld in den regulären Haushalt zurückfließen kann. Dementsprechend wurden die Rückflüsse als Einnahmen in den Haushaltsplan gebucht. Das ist aber nicht zulässig, wie sich jetzt im Nachgang herausgestellt hat.
Die zurückgeflossenen Hilfen wurden damals mit Notlagenkrediten finanziert, wofür die Schuldenbremse ausgesetzt wurde. Im November 2023 hatte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden, dass diese Kredite nicht für reguläre Ausgaben aufgewendet werden dürfen, wenn die Ausgaben nichts mit dem zu tun haben, wofür die Notlagenkredite aufgenommen wurden. Die Rückflüsse fließen daher nicht wie geplant in den laufenden Haushalt zurück. Die Regierung wird damit jetzt vorzeitig Kredite tilgen.
Haushaltslage stellt Regierung vor große Aufgaben
Die strukturellen Versäumnisse der Vergangenheit rächen sich jetzt. Die neue Regierung hat wenig finanziellen Handlungsspielraum. Darauf hatte schon der Bundesrechnungshof im Dezember in einem Gutachten hingewiesen.
„Der Bund muss mit seinen finanziellen Mitteln besser haushalten. Die aktuelle Haushaltslage macht dies dringend notwendig“, so Rechnungshofpräsident Kay Scheller im Vorwort zum Gutachten. Aus Sicht des Rechnungshofs sind der neuen Bundesregierung in der kommenden Legislaturperiode enge Grenzen gesteckt. Die meisten Ausgaben seien gesetzlich vorgegeben, befindet Scheller im Gutachten.
Es blieben damit „kaum Handlungsspielräume, und es fehlen überzeugende Konzepte zur Finanzierung wichtiger Zukunftsthemen wie Verteidigung und Klimaschutz“. Weiter stellt der Rechnungshof fest:
Die ernste Lage der Bundesfinanzen wird eine neue Bundesregierung vor außerordentlichen Herausforderungen stellen. Strukturelle Versäumnisse der Vergangenheit, die sich weiter verschärfen, treffen auf neue Problemlagen.“
2028 verschärfte finanzielle Lage: Corona-Kredite werden fällig
Besonders eng wird es laut dem Rechnungshof 2028. Ab dem Jahr werden die Bundesfinanzen mit erheblichen zusätzlichen Belastungen konfrontiert. Dann beginnen die Tilgungsverpflichtungen aus den während der Corona-Krise aufgenommenen Notlagenkrediten, die den Haushalt, so der Rechnungshof in seinem Gutachten, jährlich mit rund 9,2 Milliarden Euro für die kommenden 30 Jahre belasten werden.
Weiter wird das Sondervermögen der Bundeswehr voraussichtlich ausgeschöpft sein, sodass das politisch zugesagte NATO-zwei-Prozent-Ziel vollständig aus dem Bundeshaushalt finanziert werden muss. Das bedeutet einen drastischen Anstieg der Verteidigungsausgaben auf bis zu 85 Milliarden Euro im Jahr 2028, während für das Jahr 2027 laut dem Haushaltsplan der amtierenden Bundesregierung, der allerdings nicht beschlossen wurde, noch 52 Milliarden Euro vorgesehen sind.
Union und SPD hatten sich am Samstag in den Sondierungsgesprächen unter anderem auf die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben geeinigt. Das Sondierungspapier deutet darauf hin, dass beim Zustandekommen einer schwarz-roten Regierung die Verteidigungsausgaben vorwiegend aus neuen Schulden bezahlt werden sollen.
Tilgung des Bundeswehr-Sondervermögens
Im Jahr 2028 beginnt dann auch die Rückzahlung der Kredite, die für das Sondervermögen der Bundeswehr aufgenommen wurden, sowie die Tilgung der von der EU bereitgestellten Mittel für den EU-Wiederaufbaufonds.
Angesichts dieser finanziellen Herausforderungen betont Rechnungshofpräsident Scheller, dass sich die ohnehin schon angespannte Haushaltslage im Jahr 2028 weiter zuspitzen wird. Er verweist auf das Gebot der Haushaltsklarheit und -wahrheit und empfiehlt der Bundesregierung, realistische Annahmen für die zusätzlichen Belastungen zu treffen sowie klare Aussagen darüber zu machen, wie diese finanziert werden sollen.
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