Milliardenbetrug im Namen des Klimaschutzes: Autofahrer zahlen die Zeche
Knapp eine Milliarde Euro sollen von deutschen Autofahrern an betrügerische Projekte geflossen sein. Der offenbar organisierte Schwindel stand unter dem Banner des „Klimaschutzes“. Den ungefähren Umfang des Schadens hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) nun erstmals in einem Bericht beziffert.
Das ZDF-Magazin „frontal“ hat in einer ausführlichen Recherche Details bezüglich der mutmaßlichen Strukturen benannt. Bereits vor einigen Monaten war die Rede von Fake-Projekten in China, zu denen unter anderem das sogenannte „Hühnerstallgate“ gehörte.
THG-Quote als Instrument zum Klimaschutz
Hintergrund des mutmaßlichen Betrugsschemas ist der sogenannte Treibhausgas-Quotenhandel (THG). Der Bund hatte einer Vielzahl an Unternehmen von kommunalen Verkehrsbetrieben bis hin zu Tankstellen eine Quote in diesem Bereich vorgegeben. Diese bestimmte den Umfang einer Verpflichtung, CO₂-Emissionen im Verkehr einzusparen.
Unternehmen konnten ihre THG-Quoten entweder durch reale eigene CO₂-Einsparungen erfüllen oder durch Investitionen in „nachhaltige“ Projekte, die dieses Ziel verfolgten. Diese mussten dafür zertifiziert sein. Eine entsprechende Bescheinigung der Eignung zu diesem Zweck erteilte das Umweltbundesamt (UBA). Ein möglicher Ansatz war die sogenannte Upstream Emission Reduction – die auch in Ländern wie China stattfinden konnte.
Mineralölgesellschaften erfüllten ihre Vorgaben regelmäßig entweder durch eine Beimengung von Biosprit zu ihren Produkten – oder ebenfalls durch den Erwerb von Zertifikaten. Die Kosten dafür legten sie auf den Treibstoffpreis um, was die Preise an der Zapfsäule erhöhte.
Google Earth ließ erste Unregelmäßigkeiten erkennen
Mittlerweile ist das UBA zu der Auffassung gelangt, dass von 66 Projekten zur „Upstream Emission Reduction“ in China, die dazu genutzt werden konnten, 45 unter Betrugsverdacht stünden. Aus diesem Grund sind diese mittlerweile gestoppt worden. Zuvor hatte der UBA-Präsident angesichts der Enthüllungen von einem „Super-GAU“ gesprochen.
Unter den Fake-Projekten zum Klimaschutz in China zählten beispielsweise solche zur „klimafreundlicheren Ölförderung“. Diese sollten das dabei entstehende Beigas einfangen und zu Flüssiggas aufbereiten. Eine der Voraussetzungen für die Förderung vonseiten des Umweltbundesamtes war dabei, dass nur neue Projekte und Anlagen zulassungsfähig waren.
Nach anonymen Hinweisen an das Umweltbundesamt und nachdem Gerüchte über Unregelmäßigkeiten die Runde gemacht hatten, begann ZDF-„frontal“, einige Projekte unter die Lupe zu nehmen. Schon bald keimten Verdachtsmomente auf, dass einige Angaben über Projekte nicht zutreffen würden.
Legte Prüfgesellschaft auch nach Bekanntwerden von „Hühnerstallgate“ falsche Fährte?
Im Fall von NWAG, einem Unternehmen, das eine Aufbereitungsanlage von Beigas zu Flüssiggas betreiben sollte, war dies laut Prüfbericht seit 2022 der Fall. Allerdings ließ sich die Existenz der dort dokumentierten Anlage über Google Earth schon für 2021 nachweisen. Chinesische Presseberichte sprachen von einer Eröffnung im Jahr 2019.
Während in diesem Fall das Projekt zumindest tatsächlich existierte, war die angegebene „Konzernzentrale“ eines weiteren Unternehmens, das eine solche Anlage betrieben haben soll, der mittlerweile gut bekannte Hühnerstall. Shell als Träger erklärte, das Projekt sei seit 2021 abgeschlossen. Zudem habe man den Angaben von Prüfstellen und Prüfberichten vertrauen können.
Das in Deutschland ansässige Prüfbüro Müller BBM Cert berief sich auf einen „Fehler bezüglich der Koordinaten“. In einer Entfernung von 30 Kilometern gebe es die „mobilen Heizkessel“, die Gegenstand des Projekts seien. Allerdings waren diese, wie das Rechercheteam vor Ort eruierte, dort völlig unbekannt.
Klimaschutz als Aufhänger für gigantisches Betrugsmodell
In weiteren Fällen, die untersucht wurden, stieß man ebenfalls auf dubiose Projekte oder Träger. Unter anderem fanden sich Firmenadressen in Wohngebäuden, in denen niemand anzutreffen war. Dazu kamen angebliche Standorte mitten in der Wüste oder Ansprechpartner, die nicht existierten. Ein vermeintlich neues Projekt in Xinjiang mit einem Marktwert von knapp 80 Millionen Euro existierte bereits seit 2014.
In einigen Fällen entstand der Verdacht auf Identitätsdiebstahl. Dort sollen angebliche Betreiber förderfähiger Projekte die Autorität bestehender Großkonzerne vorgespannt oder deren Anlagen als eigene ausgegeben haben. Die Konzerne schalteten in diesen Fällen Anwälte ein. Das Umweltbundesamt verließ sich eigenen Angaben zufolge auch auf die Angaben von Prüfgesellschaften – und reagierte erst, als belastbare Verdachtsmomente auftauchten.
Wie die ZDF-Recherche ergab, soll die chinesische Gesellschaft Beijing Karbon der Dreh- und Angelpunkt der Fake-Klimaprojekte gewesen sein. Diese habe deutsche Prüfgesellschaften mit Aufträgen zur Validierung und Zertifizierung der Projekte versorgt. Dabei kristallisierten sich drei Prüfstellen als Hauptkunden heraus – Müller BBM Cert, Verico und der TÜV Rheinland. Mittlerweile ließ die Staatsanwaltschaft der Reportage zufolge deren Büros durchsuchen.
Lemke: Autofahrer nicht geschädigt, weil Fake-Projekte billiger waren
Die Ermittler sind überzeugt, dass es ein „Schattensystem“ gegeben habe, das Projektentwickler und Zertifizierer gemeinsam aufgezogen hätten. Die Prüfgesellschaften weisen die gegen sie erhobenen Vorwürfe zurück.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke äußerte zu den Verdachtsmomenten, man habe die Problematik „von der Vorgängerregierung geerbt“. Allerdings sei es auch schwierig, Projekte dieser Art vor Ort zu kontrollieren. Mittlerweile seien diese jedoch gestoppt. Ein signifikanter Schaden für die Autofahrer sei auch nicht entstanden. Die Fake-Projekte seien immerhin „an der Tankstelle billiger zu haben“ gewesen.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion