Militärische Lage für Ukraine immer schlechter – SPD und Grüne wollen Schuldenbremse aussetzen

In den USA und auch in Deutschland schwindet die Bereitschaft zur Unterstützung der Ukraine. SPD und Grüne fordern nun, die Schuldenbremse zugunsten Kiews auszusetzen.
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Bundeskanzler Olaf Scholz (M.), Finanzminister Christian Lindner (l.) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. (Archivbild).Foto: Sean Gallup/Getty Images
Von 13. Februar 2024

Die militärische Lage der Ukraine wird immer prekärer. Bürger versuchen, dem Kriegsdienst zu entkommen. Gleichzeitig sinkt sowohl in den USA als auch in Deutschland die Bereitschaft, die Führung in Kiew zu unterstützen. Deutschlands politische Entscheidungsträger halten hingegen an der bedingungslosen Unterstützung der Ukraine fest – SPD und Grüne wollen dafür sogar die Schuldenbremse aussetzen.

Aussetzen der Schuldenbremse für Ukraine im Haushaltsentwurf vorgesehen

Der Haushalt 2024, den die Ampel Anfang Januar vorgestellt hatte, ist bisher nicht beschlossen. Dennoch wollen SPD und Grüne jetzt ihr Vorhaben, die Schuldenbremse einzuhalten, über Bord werfen. Wie es im Entwurf vorgesehen ist, sollte diese ausgesetzt werden, sobald sich die militärische Lage der Ukraine verschlechtert.

Dass es dazu längst gekommen sein dürfte, zeigen nicht nur immer häufiger werdende Berichte über Ukrainer, die der Zwangsrekrutierung für den Kriegsdienst entkommen wollen. Der norwegische Geheimdienst hat jüngst gemeldet, dass Russland im Ukraine-Krieg derzeit militärisch die Oberhand gewinne.

Der Kreml verfüge über größere Truppenreserven, erhalte materielle Unterstützung von befreundeten Staaten und sei in der Lage, militärisches Gerät zu produzieren. An die Sanktionen passe Russland sich „besser als erwartet“ an. So heißt es aus dem Militärgeheimdienst, sei „Russland derzeit in einer stärkeren Position als vor einem Jahr und ist dabei, einen Vorteil zu erlangen“.

Roth (SPD) will Sondervermögen der EU nach Corona-Vorbild

Grünen-Politiker Anton Hofreiter fordert nun Deutschland und die EU auf, dafür zu sorgen, dass Kiew „die nötigen Mittel und Waffen“ erhalte, um „den russischen Angriffskrieg abzuwehren“. Hofreiter zeigte sich besorgt über die zurückhaltende Position der US-Republikaner im Kongress bezüglich eines weiteren Hilfspakets für die Ukraine.

Angesichts der „wachsenden Aggression Russlands“ und des „Rückzugs der USA“ werde dies „am Ende bedeuten, dass wir die Schuldenbremse aussetzen werden“. Daran werde, so der Politiker im „Tagesspiegel“, „kein Weg vorbeiführen“.

Der im Dezember nicht mehr in den SPD-Parteivorstand gewählte Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth, will sogar auf EU-Ebene ein Sondervermögen schaffen. In Anlehnung an den Corona-Wiederaufbau-Fonds solle Brüssel einen neuen Fonds schaffen. Dieser soll die Ukraine „anhaltend militärisch unterstützen“ und deren Wiederaufbau finanzieren.

Der Corona-Fonds der EU hatte ein Volumen von 750 Milliarden Euro. Nun müsse die Staatengemeinschaft, so Roth, „in dieser existenziellen Bedrohung“ abermals Schulden aufnehmen. Notfalls müsse eine „europäische Allianz unter Führung Deutschlands“ ausbleibende US-Hilfen kompensieren:

„Das wird sehr viel zusätzliches Geld kosten. Aber das muss es uns wert sein.“

An welche Summe Roth denkt, lässt er offen. Eines stehe jedoch fest:

„Mit der strikten Einhaltung der deutschen Schuldenbremse ist das nicht zu vereinbaren.“

Schuldenbremse bleibt für FDP und CDU hohe Hürde

Der US-Senat hat jüngst nach langem Widerstand einen Prozessbeschluss gefällt, wonach das Repräsentantenhaus über ein 95-Milliarden-US-Dollar-Paket zur Militärhilfe entscheiden soll. Ein Teil der Hilfe soll Israel und Taiwan zugutekommen, mit 60 Milliarden sei der größte Teil aber für die Ukraine bestimmt. In den Reihen der Republikaner stößt dies auf Kritik.

Ob Union und FDP eine Aussetzung der Schuldenbremse mittragen würden, ist ungewiss – nicht zuletzt angesichts der Tatsache, dass in diesem Jahr zahlreiche Wahlen stattfinden. Umfragen zeigen, dass die Bereitschaft in der deutschen Bevölkerung zur bedingungslosen Unterstützung der Ukraine sinkt.

Dies betrifft sowohl die weitere Aufnahme von Kriegsflüchtlingen als auch die Lieferung von schweren Waffen, die Sanktionen gegen Russland oder mehr humanitäre Hilfe. Ließen Union und FDP ihren entschlossenen Widerstand gegen eine Aufweichung der Schuldenbremse ausgerechnet für die Ukraine fallen, könnte das bei den Wahlen schaden.

Kiesewetter sieht Deutschland als „Kriegsziel“ – will aber „Krieg nach Russland tragen“

Aus diesem Grund halten sich auch bekannte Scharfmacher der FDP und Union in Sachen Ukraine bezüglich der Schuldenbremse zurück. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, forderte „angesichts der dramatischen Sicherheitslage“ die Regierung stattdessen dazu auf, im Haushalt „Prioritäten“ zu setzen. Die Ukraine sei eine solche.

CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter, der „den Krieg nach Russland tragen“ will, spricht vorerst auch nur von einer Erhöhung des Sondervermögens für die Bundeswehr. Man müsse jedoch zunehmend auf „kluge, strategische Kommunikation“ gegenüber der Bevölkerung setzen. Man müsse dieser „reinen Wein einschenken“. Dazu gehöre es, zu erklären:

„Auch Deutschland ist Kriegsziel und wir sind bereits angegriffen. Dementsprechend sollten wir auch den Bundeshaushalt ausrichten.“

Wagenknecht fordert Rückkehr zur Diplomatie

Ob das die Bevölkerung in der Breite beeindrucken wird, ist fraglich. Im Vorjahr erklärten elf Prozent der befragten Bürger der Bundesrepublik Deutschland, sie würden „ihr Land im Fall eines Angriffs verteidigen“. Davon würden dies fünf Prozent freiwillig tun, sechs Prozent, wenn sie eingezogen würden.

BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht forderte auf X, die Lieferung von Panzern an die Ukraine zu stoppen. Wenn selbst in den USA Zweifel an der weiteren Unterstützung Kiews wüchsen, müsse Diplomatie an die Stelle von Kriegsverlängerung treten.



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