Migrationspolitik: Offener Streit über Sahra Wagenknecht auf Leipziger Parteitag
Auf dem Linken-Parteitag in Leipzig ist es am Sonntag zu einer offenen Auseinandersetzung über die flüchtlingspolitischen Vorstellungen von Fraktionschefin Sahra Wagenknecht gekommen. Diese verteidigte ihre Vorschläge zu Einschränkungen bei der Zuwanderung und wurde dafür von Delegierten zum Teil heftig angegriffen.
Sie stehe zum Asylrecht und sei für die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen, sagte Wagenknecht vor den Delegierten. Sie betonte zugleich:
Wir streiten über die Frage, ob es für Arbeitsmigration Grenzen geben sollte und wo sie liegen.“
Dies solle sachlich gemacht werden. Es gab Buhrufe, aber auch Zustimmung. Schließlich beschlossen die Delegierten mit knapper Mehrheit, abweichend von der Tagesordnung eine Stunde über Wagenknechts Vorstellungen zu diskutieren.
Kooperation oder Streit
Fraktionschefin Sahra Wagenknecht tritt für eine härtere Flüchtlingspolitik ein, Parteichefin Katja Kipping stellt sich dagegen. Jan van Aken, Mitglied des Parteivorstands, kritisiert in diesem Streit die Fraktionschefin. „Ich habe den Eindruck, das Problem liegt eher bei Sahra Wagenknecht“, sagte van Aken den Funke-Zeitungen.
Die Parteichefs Kipping und Bernd Riexinger seien sehr integrativ, böten immer Gespräche und Kooperation an. „Aber leider verweigert sich Sahra Wagenknecht da regelmäßig“, sagte der frühere Bundestagsabgeordnete. Die Partei stehe gut da. Van Aken: „Wir haben viele neue junge Mitglieder. Es herrscht eine Aufbruchstimmung.“
Von der Idee einer neuen linken Sammlungsbewegung, wie sie von Wagenknecht und ihrem Mann Oskar Lafontaine angestrebt wird, hält van Aken nichts. „Diese Idee verstehe ich nicht. Die Linke ist ja schon eine Sammlungsbewegung“, sagte van Aken.
Dagdelen hingegen hält die Idee für zeitgemäß: „Ein neuer Aufbruch ist nötig. Wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wenn die AfD immer stärker wird.“
Im Osten die Wähler zurückgewinnen
In ihrer Rede rief Wagenknecht die Linke auch dazu auf, sich wieder stärker um die zum Teil verloren gegangene Stammwählerschaft im Osten zu kümmern. Angesichts der dortigen Stimmverluste bei der Bundestagswahl „können wir uns nicht zurücklehnen und zur Tagesordnung übergehen“.
Kipping schaffte bei ihrer Wiederwahl als Parteichefin am Samstag nur 64,5 Prozent, für Riexinger waren es 73,8 Prozent. Auf Kipping entfielen 350 Ja- und 157 Nein-Stimmen. Es gab 36 Enthaltungen. Die 40-Jährige hatte bei der vorangegangenen Wahl im Jahr 2016 noch 74 Prozent erhalten. Auf den 62-jährigen Riexinger entfielen 400 Stimmen, 108 votierten gegen ihn bei 34 Enthaltungen. Auch sein Ergebnis war schlechter als 2016, als er 78,5 Prozent erzielt hatte.
Die beiden Vorsitzenden stehen seit 2012 an der Spitze der Linken. Die Neuwahl des Führungsduos stand im Zeichen des seit längerem andauernden Machtkampf. Insbesondere Kipping und Wagenknecht sind tief verfeindet. Neben persönlichen Animositäten geht es dabei um die Flüchtlingspolitik.
Zur Zitterpartie wurde für die Parteispitze die Wahl des neuen Bundesgeschäftsführers: Der von den beiden Vorsitzenden unterstützte Kandidat Jörg Schindler setzte sich erst im zweiten Wahlgang, in dem die relative Mehrheit reichte, mit nur drei Stimmen Vorsprung gegen seinen Konkurrenten Frank Tempel durch.
Kipping schlug in ihrer Parteitagsrede am Samstag versöhnliche Töne an. Explizit erwähnte sie ihren Zwist mit Wagenknecht und betonte, in der Partei „muss sich niemand für eine Seite entscheiden. Denn wir sind alle Teil der Linken.“
Auch Fraktionschef Dietmar Bartsch rief zur Einigkeit auf. „Wir werden die Konflikte nicht dadurch lösen, dass wir uns gegenseitig als Rassisten, Nationalisten oder neoliberale Naivlinge bezeichnen.
(afp/dpa)
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