Migrationsforscher: Abwanderung von Deutschen ist gesellschaftspolitisch kein Problem

Vergleicht man den Verlust deutscher Staatsbürger durch Auswanderung und Sterberate mit der Geburtenrate von Kindern deutscher Mütter, ergibt sich hier eine erhebliche Differenz. Laut einem Wissenschaftler besteht dabei "gesellschaftspolitisch" aber kein Grund zur Sorge.
Epoch Times4. April 2018

Im Jahr 2016 verließen laut statistischem Bundesamt 281.000 Deutsche das Land. Damit hat sich die Zahl im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt und einen Rekordwert erreicht.

Während die amtliche Statistik in den letzten 25 Jahren eine jährliche Abwanderungsrate zwischen 100.000 bis 140.000 verzeichnen konnte, gab es damit vor zwei Jahren einen gewaltigen Sprung nach oben.

Wie die „WELT“ berichtete, habe das mit einer Umstellung der Erhebungsmethode in der statistischen Erfassung zu tun. Vor 2016 wurden nur diejenigen als Auswanderer  erfasst, die einen neuen Wohnort im Ausland angaben. Wer sich in Deutschland nur abmeldete, wurde dabei nicht erfasst.

Da man aber zwischenzeitlich davon ausgeht, dass derjenige, der sich an seinem Wohnort abmeldet und nirgends in Deutschland wieder neu anmeldet, ausgewandert sein muss, hat man die Erfassungsmethode dementsprechend angeglichen. Alternativ dazu sei das Untertauchen im eigenen Land – das komme bei Bundesbürgern aber selten vor, heißt es nach Angaben eines Statistikers.

Schließen kann man daraus, dass die Abwanderung Deutscher in den Jahren vor 2016 wahrscheinlich um einiges höher lag, als statistisch erfasst.

„Gesellschaftspolitisch kein Grund zur Sorge“

Für Marcel Erlinghagen, Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung klingt dies so plausibel und er erklärt in einem Interview mit „WELT“, dass dies kein Grund zur Sorge sei.

Man müsse relativieren – ein Nettoverlust von 135.000 Staatsbürgern (die Differenz ergibt sich aus der Zu- bzw. Rückwanderung von Deutschen) ergibt einen Prozentsatz von 0,2. Demographisch sei das kein Problem. Hinzu komme außerdem ein „enormes Zuwanderungsplus nicht nur von Geringqualifizierten, sondern auch von Fachkräften“, so der Migrationsforscher.

Man dürfe nicht übersehen, „dass dem Wanderungsverlust von 135.000 deutschen Staatsbürgern in 2016 etwa genauso viele Einbürgerungen gegenüberstehen.“ Für Erlinghagen besteht damit gesellschaftspolitisch kein Grund zur Sorge.

Die WELT hält dem entgegen, dass das Land aber netto 400.000 Staatsbürger verloren habe – denn: „Dem Wanderungsverlust von 135.000 und den 880.000 gestorbenen Staatsbürgern 2016 standen aber nur 600.000 Geburten von Müttern mit deutscher Staatsbürgerschaft gegenüber. Verkraftet die Gesellschaft ein derart starkes Schrumpfen der Stammbelegschaft auf Dauer?“, will das Blatt von dem Statistiker wissen.

Für Erlinghausen macht eine Unterscheidung zwischen einer Bevölkerung mit oder ohne deutsche Staatsbürgerschaft wenig Sinn – aus gesellschaftspolitischer Sicht, versteht sich. Die Bevölkerung in Deutschland schrumpfe nicht, sondern wachse. Eine Migration als Gesellschaftsphänomen sei schon immer der Normalfall gewesen, nicht erst jetzt durch die hohe Zuwanderung von Flüchtlingen, weiß der Professor. Zudem kämen die meisten Hochqualifizierten „nach einigen Jahren wieder zurück und bringen neue Qualifikationen und Ideen mit.“ Damit entpuppe sich Migration auf lange Sicht vielfach als gesellschaftlicher Gewinn, so Erlinghagen.

(mcd)

Siehe auch:

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